Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
Schicksal entschied.
    So weit und nicht weiter war er im Leben gelangt. Nichts anderes hatte er noch übrig.
    »Wann kriegen wir die Stoßwelle zu spüren?« fragte Sib, nachdem er noch ein paar Minuten lang den lichtstrahlenden, unruhigen Untergang des Schwarzlabors beobachtet hatte.
    »Gar nicht.« Aus Nicks Tonfall sprach absolute Gewißheit. In den Jahren, seit Sib ihn kannte, hatte er mehrmals behauptet, Algorithmen im Kopf errechnen zu können. »Kaptein Thermogeil hat recht. Es ist zuviel Gestein dazwischen, zuviel an Trägheitsmoment. Dadurch wird die Stoßwelle absorbiert. Wir dürfen uns getrost entspannen und uns die Darbietung anschauen.« Er äußerte sich, als drehte sich die Unterhaltung um ein naives Theaterstück.
    »Und die Sturmvogel?« erkundigte sich Sib. »Sie muß doch von der Stoßwelle erfaßt worden sein. Welche Wirkung hat sie auf sie?«
    Nick wandte sich Sib zu. Sein Helmscheinwerfer warf Schlieren gebrochener Helligkeit auf Sibs polarisierte Helmscheibe.
    »Sib Mackern«, schnob Nick, »ich muß mich wahrhaftig immer wieder über dich wundern. Du bist so verdammt langsam von Begriff. Kapierst du denn die Sache nicht? Sind die ganzen letzten Vorfälle« – er verhöhnte Sib in hämischem Ton – »irgendwie an dir vorbeigegangen? Sie hätte gar kein Superlicht-Protonengeschütz verwenden müssen. Es wäre ihr möglich gewesen, Beckmanns Bude mit einer Materiekanone zu beschießen, dann war’s nicht so offensichtlich geworden, wer’s getan hat. Aber dann wäre der Fusionsgenerator nicht explodiert. Sie hat das Superlicht-Protonengeschütz benutzt, weil sie die Explosion wollte. Sie hatte die Absicht, die Stoßwelle zu erzeugen. Sicher, sie verwischt unsere Partikelspur. Sie fegt jede meßbare Emission im ganzen Sektor hinweg.« Man hörte ihm blanke Verachtung für seinen Begleiter an.
    »Aber sie muß unserer Spur ja nicht folgen. Sie kennt unseren Kurs. Sie braucht bloß die Flugrichtung von Trümmern freizuschießen und uns nachzufliegen. Dafür hat sie die Stoßwelle ausgelöst. Bei richtig angepaßter Geschwindigkeit kann sie sich davon vorwärtsschleudern, sich von ihr die Flugbahn freiräumen und auf vielleicht die fünf- oder sechsfache Schnelligkeit der Posaune bringen lassen. Natürlich muß sie bremsen, während sich die Stoßwelle verläuft, danach muß sie wieder selbst manövrieren. Aber vorher legt sie eine beträchtliche Strecke zurück.«
    Er sprach so angelegentlich, als ob Sorus Chatelaines Ideenreichtum ihn vergnügte. »In den ersten zehn Sekunden nach Abfeuern dieser verfluchten Kanone«, schätzte er zum Schluß, »hat sie wahrscheinlich zwei Stunden Flugzeit herausgeschunden.«
    O Gott, schnaufte Sib bei sich. Neue Furcht zog ihm das Zwerchfell zusammen. »Du meinst…«
    »Ja, das meine ich«, unterbrach Nick ihn hämisch. »Sie wird hier sein, lange bevor du dir überlegt hast, ob du wirklich so tapfer sein kannst, wie’s diese scheißverrückte Schlampe« – Morns Namen brauchte er nicht erst zu nennen – »von dir glaubt.«
    Im Kern des Asteroidenschwarms pulsierte und waberte Helligkeit. Das Licht von Folgeexplosionen durchzuckte Sibs Blickfeld von Rand zu Rand, als gälte es undenkbare Horizonte zu bestimmen. Es hatte den Anschein, als schüfen die Nachwirkungen der Vernichtung des Schwarzlabors eine eigene Coriolis-Kraft, so daß die Intensität der Eruptionen zu- anstatt abnahm…
    Jeden Moment konnte die Sturmvogel eintreffen.
    »Wenn’s so ist«, sagte Sib mit schwacher Stimme, »solltest du mir wohl lieber erklären, wie wir vorgehen wollen.«
    Die unvermutete Vehemenz, mit der Nick reagierte, riß ihn fast aus der Verankerung. »Du tust überhaupt nichts«, dröhnte es plötzlich in Sibs Raumhelm. »Du bist ein selbstgerechtes Arschloch von Meuterer, und ich bin dich leid auf den Tod. Ich bin dich satt, Vector, Mikka und die ganzen übrigen mickrigen Scheißtypen, die sich einbilden, sie hätten ’n Recht auf was anderes als Befehlsbefolgung. Bevor ich zulasse, daß du mir in die Quere kommst, wirst du geröstet. Hörst du gut zu? Du darfst dich an dem kleinen Spielzeuggewehr festhalten. Von mir aus kannst du dran lutschen. Aber Sorus Chatelaine überläßt du mir. Du bleibst, wo du bist, verflucht noch mal, und bleibst mir aus dem Weg.«
    Nicks Lasergewehr wies auf Sibs Brust. Sib mochte hier und jetzt nicht den Tod finden, solange ungelinderte Furcht sein Denken und Empfinden beherrschte, er sich in der Erinnerung noch schreien hörte. Die

Weitere Kostenlose Bücher