Amnion 4: Chaos und Ordnung
den Asteroidenschwarm verlassen haben. In alle Richtungen, als war’s ’n Notruf. Schließlich wird jeder Empfänger im Valdor-System ihn auffangen.« Er fletschte die Zähne. »Dadurch erfahren diejenigen, die sich uns querlegen wollen, daß sie schon verloren haben. Und nun verzieh dich von der Brücke.«
Vector schnitt eine Miene, als wäre er von Angus beleidigt worden.
»Dein Platz ist bei einem Gefecht nicht der günstigste Aufenthaltsort«, erklärte Angus. »Falls ich plötzlich mit jeder Menge Ge beschleunigen muß, bist du in derselben Sekunde platt wie ’n Pfannkuchen. Und die Konsole geht dabei wahrscheinlich auch kaputt. Also geh und schnall dich in die Koje.«
»Ach so, ja«, meinte Vector, als er Angus’ Darlegungen einsah. »Natürlich.« Er nickte. Mit Gebärden, als hätte er Schmerzen, wäre im Verlauf des Arbeitens die Arthritis in seinen Gelenken akuter geworden, öffnete er den Gurt, trieb aus dem Sessel in die Höhe.
Doch statt zum Ausgang schwebte er hinüber zu Angus’ Kommandokonsole. Dort verschaffte er sich Halt an der Armlehne des Kapitänssessels. »Ich hätte nie gedacht, daß ich einmal so rede«, sagte er in müdem Ton, »aber ich vermisse die Zeit, als ich noch auf der Brücke bleiben konnte.« Er schaute nicht Angus, sondern die Displays an. »Wenn ich schon im All sterben muß, würde ich’s lieber kommen sehen, Gott weiß warum. Kann sein, ich hoffe, daß mir im letzten Moment noch Absolution zuteil wird.« Er schmunzelte verzerrt. »Ich möchte ungern zu früh bereuen. Informierst du uns darüber, was sich abspielt?«
Sein Blick war auf Morn gefallen, doch sicherlich galt seine Frage Angus. »Ich nehme an, Mikka ist auch daran interessiert zu hören, was passiert. Ich jedenfalls möchte Bescheid wissen.«
»Falls ich Zeit habe«, entgegnete Angus ungeduldig. »Und nun zieh Leine.«
Vector seufzte und zuckte die Achseln. »Na gut.«
Er stieß sich von Angus’ Andrucksessel ab und schwebte zur Konnexblende. Im nächsten Moment hangelte er sich am Geländer des Aufgangs empor und entschwand außer Sicht.
Ihn so die Brücke verlassen zu sehen, allein und ohne ein Wort des Lobs, machte Morn traurig. Er hatte soviel erreicht und dafür wenig erhalten. Egal bei welchen Verbrechen er Nick geholfen hatte, er bedurfte keiner Absolution mehr; wenigstens nicht, was Morn anbelangte. Er hatte etwas Besseres getan, als zu bereuen.
»Er hätte bleiben können«, bemerkte sie halblaut. »Es hätte uns nicht überfordert, ihm ein bißchen Gesellschaft zu leisten.«
»Nein, er konnte nicht bleiben«, widersprach Angus unwirsch, konzentrierte sich aufs Kommandopult und die Monitoren. »Und du solltest auch gehen. Hier bist du nicht sicher.«
Sein Ton schreckte sie auf wie eine Drohung, steigerte sie augenblicklich in eine panikartige Anwandlung hinein. Vor Beunruhigung wurde ihr heiß. Er meinte etwas Bestimmtes, hatte irgend etwas beobachtet…
»Was ist denn los?«
»Ich habe da ein Scanningecho.« Angus’ Finger trippelten wie Spinnenbeine über die Tastatur, er versuchte Bilddarstellungen zu schärfen, Daten zu präzisieren. »Wenn’s kein Geisterecho ist, keine Fehlmessung, muß in der Umgebung noch ’n weiteres Raumschiff sein.«
Davies klammerte die Fäuste an die Kanten seiner Konsole. »Ist es die Sturmvogel? Hat sie so schnell aufgeholt?«
»Es ist ’n Echo«, antwortete Angus verdrossen, »’ne Emissionssignatur hab ich nicht, verdammt noch mal.«
Als nächstes maulte er Morn an. »Hau von der Brücke ab, das ist mein Ernst! Ich habe schon erlebt, wie du dich bei hoher G-Belastung benimmst. So was will ich kein zweites Mal mitmachen.«
Wie in Panik, als wäre sie gehorsam, stieß Morn sich vom Schott in die Richtung der Konnexblende ab. Aber vom Geländer des Aufgangs aus beförderte sie sich in Gegenrichtung und schwebte hinter Angus’ Kommandosessel.
Ob das Raumschiff die Gefahren überstand oder man es vernichtete…
Sie hatte nicht die Absicht, die Brücke zu verlassen, es sei denn, Angus warf sie gewaltsam hinaus.
»Du vergeudest zuviel Zeit mit der Bordartillerie«, rügte er Davies. »Kümmere dich um unsere Abschirmung.« Die Posaune hatte zu ihrem Schutz eine glasierte Beschichtung, um Laserstrahlen zu deflektieren, Kraftfeld-Projektoren zum Absorbieren von Impacter-Beschuß sowie Partikelkollektoren zur Abwehr von Materiekanonen-Treffern. »Die Astro-Schnäpper experimentieren mit Dispersionsfeldern. Könnten gegen ’ne Materiekanone
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