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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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denen man die Posaune ausgerüstet hatte. Das Raumschiff war ein Interspatium-Scout: Nach den offiziellen Registrierungsdaten galt er als völlig unbewaffnet. Auf jeden Fall hätte er zu klein für schwere Geschütze sein müssen. Doch offenbar hatten die Wissenschaftler der VMKP Wunder der Miniaturisierung vollbracht. Die Bewaffnung der Posaune konnte über weitere Entfernungen hinweg größere Schäden anrichten, als Morn es als möglich erachtet hätte.
    Mit Lasern war die Posaune nicht ausgestattet. Sie waren ohnehin problematische Waffen; elektromagnetische Schwankungen sowie das Manövrieren und die Energiefluktuationen des Raumschiffs, das sie einsetzte, beeinträchtigten regelmäßig ihre Effektivität. Gefechtsbedingungen erschwerten der menschlichen Technik jede Kohärenz. Aber der Interspatium-Scout verfügte über genug andersartige Waffen, die das Fehlen von Laserkanonen wettmachten.
    Für den Kampf bei geringem Abstand hatte er Impacter-Kanonen; für Gefechte bei größerer Distanz hatte er eine Materiekanone, Statik-Minen und Plasmatorpedos zur Verfügung. Am bemerkenswertesten war jedoch, daß er auch Singularitätsgranaten mitführte: eine so schwierig anwendbare und derartig gefährliche Waffe, daß Morns Instruktoren an der Polizeiakademie ihren praktischen Nutzen als minimal eingestuft hatten. Theoretisch schufen sie unter geeigneten Voraussetzungen bei der Detonation ein Schwarzes Loch, eine winzige Massekonzentration von solcher Dichte, daß ihre Schwerkraft alles anzog, was sich innerhalb des Ereignishorizonts befand. In der Praxis ergaben sich indessen kaum jemals entsprechende Bedingungen. Nur dann erzeugte eine Singularitätsgranate ein Schwarzes Loch, wenn in unmittelbarer Nähe ein ausreichendes Quantum fremder Energie vorhanden war, zum Beispiel, wenn sie in einer laufenden Antriebsdüse explodierte. Ohne die Zufuhr zusätzlicher Energie entstand eine lediglich so unbedeutende Singularität, daß sie sich selbst aufzehrte und verschwand, ehe sie Schaden anrichten konnte.
    Die Tatsache, daß Hashi Lebwohl – oder Warden Dios es als angebracht gesehen hatte, der Posaune Singularitätsgranaten auf den Flug mitzugeben, verursachte Morn ein dermaßen starkes Zittern, daß sich die Muskeln ihres Unterbauchs zusammenkrampften.
    Sie hatten unterstellt, daß der Interspatium-Scout Kämpfe um Sein oder Nichtsein durchfechten mußte. Voraussichtlich allein und wahrscheinlich gegen immense Widrigkeiten.
    Welche konkreten Erwartungen hatten sie sich darüber hinaus in den Kopf gesetzt?
    »Fertig«, konstatierte auf einmal Vector. Die Lebhaftigkeit seines Tonfalls verriet Genugtuung und Eifer. »Ich kopiere den Text der Kommandokonsole«, sagte er zu Angus. »Du kannst mit dem Senden anfangen, wann’s dir recht ist.« Er leitete den Kopiervorgang ein.
    »Falls wir dazu überhaupt noch ’ne Gelegenheit kriegen«, fügte er hinzu. »Ich hoff’s natürlich. Das ganze Gerede übers Unschädlichmachen der Sturmvogel, damit wir uns nicht blamieren, ist ja schön und gut« – anzüglich sah er Davies an, der ihn jedoch nicht beachtete –, »aber diese Bekanntmachung ist eine wirksamere Waffe als jede Kanone.«
    Morn nickte matt. Er hatte recht: seine Informationen über das Antimutagen der VMKP-DA waren das Wichtigste, was die Posaune an Bord hatte. Letzten Endes zählte es mehr, daß sie den Enthüllungstext sendeten, als die Frage, ob das Raumschiff die Gefahren überstand oder man es vernichtete; ob sie Angus vertrauen durften, ob Morn oder Davies ihre Seele verschachert hatten; oder ob Sib Mackern starb.
    In dem Moment, wenn die Daten irgend jemanden erreichten, der sie verstand und weiterverbreiten konnte, nahm der gesamte, verschlungene Komplex der allumspannenden Intrigen und Hegemoniebestrebungen, die Menschheit und Amnion gegeneinander betrieben, einen gänzlich anderen Charakter an.
    Möglicherweise stürzte Warden Dios von seinem Posten. Eventuell brach die VMKP insgesamt auseinander. Sogar Holt Fasners Stuhl mochte wanken. Und die Amnion erlitten einen Schlag, der sie vielleicht dazu zwang, den Zustand des unerklärten Kriegs zu beenden, entweder indem sie die Hörner einzogen, solange sie noch die Chance hatten, oder zum offenen Krieg übergingen. Ganz gleichgültig, was geschah, wie hoch der Preis auch ausfiel, die Posaune mußte Vectors Enthüllung in den Kosmos hinausfunken.
    »Ich hab ihn«, stellte Angus fest, sobald seine Kommandokonsole den Text kopiert hatte. »Wir senden, wenn wir

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