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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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zu erwecken.
    Die VMK-Betriebsschutzleute geleiteten Dios in dasselbe Büro, in dem er seinem Herrn und Meister auch das vorige Mal begegnet war. Nichts hatte sich verändert, weder in der Räumlichkeit noch an Holt Fasner. Abgesehen von einem zweckmäßigen Schreibtisch und ein paar Sesseln gab es darin kein Mobiliar; Datenterminals, Monitoren und Kommunikationsapparaturen füllten dicht an dicht den übrigen Platz aus. Und der Drache war in keinem ersichtlichen Maß älter geworden. Er trug die Bürde seiner hundertfünfzig Jahre, als wären es nur sechzig oder siebzig; sein Herz schlug unvermindert stark; die Gedankengänge seines Hirns hatten keinen Deut ihrer legendären Schärfe verloren. Das wahre Alter verriet sich lediglich durch die Rötungen, die ihm wie seltsame Einsprengsel die Wangen mit Flecken übersäten, dem ungewöhnlich schnellen Augenzwinkern und gelegentlichem Händezittern.
    Es überraschte Warden gelinde, als er erkannte, daß Fasner keinen Zorn empfand. Die IR-Aura des Drachen offenbarte eine Verschlissenheit, die jeder normalen Sicht verborgen blieb; schroffe Verfärbungen und krasse Fluktuationen durchflossen sie, die Warden mit Gier, Argwohn und Intriganz assoziierte; mit altem, undifferenziertem Haß. Daran indessen war nichts neu. Fasner hatte das VMKP-HQ mit einer Grobheit angeschrien, die er offenbar gar nicht verspürte; oder wenigstens jetzt nicht mehr empfand.
    Warden Dios wartete nicht auf eine Begrüßung. Er nahm nicht Platz; er ging nicht einmal auf den Schreibtisch zu. »Ich hoffe«, sagte er bissig, sobald sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte und der Büroraum durch die Überwachungsanlagen maximal abgesichert worden waren, »Sie hatten einen Grund dafür, meine Mitarbeiter anzubrüllen. So etwas haben sie nämlich nicht verdient, und ich weiß dergleichen ganz und gar nicht zu schätzen.« Fasner fuchtelte mit der Hand, als könnte er die Rechte der für Dios tätigen Menschen – oder die Realität ihrer Existenz – auf diese Weise wegwischen. »Setzen Sie sich, setzen Sie sich doch.« Er sprach in ruhigem Ton, der Warden allerdings keinerlei Gefühl des Willkommenseins vermittelte. »Ihre ›Mitarbeiter‹, wie Sie sie reichlich naiv nennen, sind stärker daran interessiert, Sie abzuschirmen, als an der Pflichterfüllung. Um mir Gehör zu verschaffen, mußte ich einfach laut werden.«
    »Wieso?« fragte Warden. »Wenn Sie mich rufen, komme ich. Und ich lasse Sie nicht warten.«
    Holt Fasner beugte sich vor; in seiner Aura pulsierten sonderbare Begierden. »Es ist eben dringend. Das wissen Sie so gut wie ich. Sie haben einen Funkspruch aus dem Asteroidengürtel erhalten, einen Bericht über die Vorfälle in Kassafort. Ich möchte wissen, was drinsteht.«
    Warden tat absolut nichts, um seine Bitterkeit zu verhehlen. »Ich dachte, Sie wüßten’s längst.«
    Fasner reagierte, indem er ruckartig den Kopf hob. Er machte große Augen; zeitweilig blieb ihr Gezwinker aus.
    »Zum Teufel, woher denn?«
    Rasch analysierte Warden die Emanationen des Drachen, prüfte sie auf Symptome der Verlogenheit. Im Rahmen des routinemäßigen Datenaustauschs zwischen dem VMK-Firmensitz und dem VMKP-HQ konnte Fasner normalerweise lediglich von der Ankunft der Meldung erfahren, aber nicht den Inhalt. Sollte Hashi Lebwohl sich jedoch hinter Dios’ Rücken auf Fasners Seite geschlagen haben…
    »Am Asteroidengürtel befindet sich ein Raumschiff namens Freistaat Eden«, erklärte Warden. »Der Kapitän heißt Darrin Scroyle. Er behauptet, daß er für Sie arbeitet.«
    »Dann ist er ein Lügner«, schnauzte Fasner. »Ich habe die VMK-Kommunikationskapazitäten samt und sonders zu Ihrer Verfügung gestellt. Um ein zweites eigenes Kommunikationsnetz aufzubauen, habe ich bis jetzt weder die Zeit noch die Möglichkeiten gehabt. Ich lasse diesem Scroyle« – er fauchte den Namen – »die Kapitänslizenz kassieren und seinen Schrottkahn beschlagnahmen, bevor Sie ins VMKPHQ zurückgekehrt sind.«
    »Schön, tun Sie das«, brummte Warden. Fasners Entrüstung und Verdruß waren echt, offenbar authentische Gefühlsregungen. Seine Aura zeigte keine Hintersinnigkeit an. Er bemühte sich um eine genaue Einschätzung Wardens, aber versuchte nicht, ihm irgendeine Falschheit zu verheimlichen.
    Also intrigierte Hashi Lebwohl nicht hinterrücks mit Fasner gegen Dios. Der DA-Direktor trieb ein anderes Spielchen.
    In dieser Erkenntnis fand Warden wenig Trost.
    Sicherlich war es einigermaßen plausibel

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