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Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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klammerte sich mit eiserner Festigkeit an Ciro. Was sonst? Sie hielt ihn fest, weil sie um die Gefahr wußte, in der er schwebte; um die Bedrohung, die von ihm ausging. Aber es gab noch andere Gefährdungen. Das ließ sich Davies’ Aufruf deutlich entnehmen. Mikkas Anhänglichkeit brachte sie in die Klemme. Sie bewachte ihren Bruder, um Morn und die anderen vor ihm zu schützen. Aber nun verlangten sie von ihr etwas anderes.
    Ciro sah ab, was sie tun würde.
    Davies war noch nicht fertig mit seinem Gekläff. »Vector? Vector, komm! Ich kann unmöglich derartig viele verschiedene Aufgaben zur gleichen Zeit erledigen. Ich bin hier praktisch allein. Wenn ich keine Hilfe kriege, ist alles umsonst.«
    Mikka wälzte sich herum; warf Ciro unterm Kopfverband einen düsteren Blick zu. Innerer Konflikt durchzuckte ihre altgewohnt mürrische Miene.
    Ciro bemühte sich, ihr die Entscheidung zu erleichtern. »Am besten gehst du auf die Brücke.« Anspannung verengte ihm die Kehle; seine Worte klangen wie ein Krächzen. »Außer dir kommt niemand in Frage. Mit mir wird schon alles gut gehen.«
    Das war eine Lüge. Mit ihm konnte es, wußte er, gar nicht anders als schlecht enden. Aber das blieb einerlei. Ehrlichkeit durfte er sich nicht leisten.
    »Ich hör’s.« Die bordweite Interkommunikation übertrug auch Vectors Antwort in die Kabine. Möglicherweise sprach er so überlaut, um trotz des Rumorens, das durch den Schiffsrumpf dröhnte, verständlich zu sein. Oder weil die Zumutung so hoher G-Werte seinen entzündeten Gelenken Schmerzen bereitete. »Sag mir, was ich tun soll, und ich fuhr’s aus.«
    »Ich kann nicht«, zischte Mikka durch die Zähne. »Du bist nicht in der Verfassung, um…«
    »Angus ist draußen«, rief Davies. »Er ist mit der tragbaren Materiekanone von Bord gegangen und… Eigentlich müßte er das Handtuch geworfen haben. Aber sein Helmfunk ist noch in Betrieb, ich höre ihn atmen. Also zieh dir ’n EA-Anzug an. Steig aus und hol ihn rein…«
    »Siehst du?« meinte Ciro zu Mikka. »Niemand außer dir ist übrig.« Er sprach, als wäre ihre Pflicht geradeso einsichtig wie seine Aufgabe. »Vector muß Angus bergen. Morn ist unter Hoch-G handlungsunfähig. Sib ist von Bord gegangen.« Und ebenso Nick. Schwach erinnerte sich Ciro, gehört zu haben, daß jemand – Davies? Morn? –, erwähnt hatte, Nick und Sib hätten in EA-Anzügen das Raumschiff verlassen, um die Sturmvogel zu attackieren. »Ich ruhe mich aus, bis du wieder da bist.«
    »Bin schon unterwegs«, antwortete Vector. Selbst wenn er laut wurde, hörte er sich nicht wie ein Mensch an, der im Angesicht einer Gefahr noch Bedenken kannte.
    Mikka gab sich einen Ruck und traf ihre Entscheidung. »Tu das«, schärfte sie ihm im Ton der Erbitterung ein. »Sperr hinter mir die Tür ab. Bleib in der Koje und laß den Anti-G-Kokon geschlossen.« Trotz aller Verletzungen und Ermattung war sie zu stark, um über Davies’ Notlage – oder den Notstand der Posaune – hinwegsehen zu können. »Ich bin nicht lange weg. Nur bis wir bewältigt haben, was Davies so aufregt.«
    Bis Ciro vollbracht hatte, was er verrichten mußte, um seine Seele zu retten.
    Sobald Sorus Chatelaine den Interspatium-Scout kaperte, konnte sie ihm seine Menschlichkeit wiedergeben. Seine Gesundheit…
    G-Andruck kippte die Kabine, als die Posaune abermals beschleunigte. Mikkas Blick glich einer geballten Faust, während sie aus der Koje turnte, die Füße auf den Boden setzte, zur Tür hinaufklomm. Als sie sie erreicht und geöffnet hatte, wandte sie sich noch einmal an Ciro.
    »Ich mein’s ernst«, bekräftigte sie. »Verlaß bloß nicht die Koje. Du bist da drin sicher. So sicher wie jeder von uns. Das Mutagen ist besiegt. In dieser Hinsicht könnte Vector sich niemals irren. Und du kennst ihn. Du weißt, daß er dich nicht anlügt.«
    Sie wirkte, als spürte sie das Bedürfnis nach noch mehr Beteuerungen. Nach Ermutigungen, die von ihm abprallten. Er sah es ihr an. Aber anscheinend merkte sie, daß er unzugänglich blieb. Unvermittelt schloß sie den Mund. Bedrohlich verkrampften sich die Muskeln ihrer Kiefer, als sie sich zur Kabine hinausschwang.
    Sie verließ die Kabine.
    Ließ Ciro allein.
    Zurück kam sie bestimmt nicht: Davon war er überzeugt. Davies brauchte sie zu dringend. Ich kann unmöglich derartig viele verschiedene Aufgaben zur gleichen Zeit erledigen. Ich bin hier praktisch allein. Stillschweigend vertraute Ciro, obwohl sie ihn nahezu an den Rand des Wahnsinns

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