Amnion 5: Heute sterben alle Götter
an wie elektronische Störgeräusche. Im Kriegszustand? Nur dank willentlicher Anstrengung verkniff er sich voreilige Fragen. Haben Sie deshalb Milos Taverner als Josuas Begleiter ausgewählt? War Ihnen diese Entwicklung absehbar? Haben Sie darauf gehofft?
»Vor zwei Stunden«, erklärte Warden Dios, »ist per Interspatium-Kurierdrohne aus dem Valdor-System eine Nachricht von Min Donner eingegangen. Genau genommen, sie stammt von der Valdor-Schutztruppe, aber Min hat die Absendung in Auftrag gegeben. Sie meldet, daß eine Amnion-›Defensiveinheit‹ ins Massif-5-System eingedrungen ist. Ein Amnion-Kriegsschiff der Behemoth-Klasse. Angesichts der Entfernung vom Bannkosmos können wir, glaube ich, die Erwägung außer acht lassen, daß es sich aufgrund eines Irrtums dort herumtreibt. Nach Aussagen der Valdor-Schutztruppe hat die Rächer die sogenannte Defensiveinheit in ein Gefecht verwickelt, aber es verläuft ungünstig. Die Rächer ist beschädigt und nur beschränkt einsatzfähig. Abschirmung und Partikelkollektoren des Amnioni halten stand. Und obendrein…« Düster schwieg Dios für ein paar Sekunden. »Obendrein ist er mit einem Superlicht-Protonengeschütz bewaffnet.«
Mandich fluchte gedämpft. Hashi Lebwohls Verhalten wäre ähnlich ausgefallen, hätte er sich nicht seit langem dagegen gefeit, seine Emotionen preiszugeben. Warden Dios’ Tonfall vermittelte Vorahnungen von Blutbädern und Vernichtung. Die Luft im Zimmer schien dicker und schwerer atembar geworden zu sein. Ein Superlicht-Protonengeschütz galt als außerordentlich gefürchtete Waffe, weil es auch durch die Atmosphäre eines Planeten Zerstörungen anrichten konnte. Materiekanonen waren dafür nutzlos: Die Luftschicht schützte die Planetenoberfläche besser als Partikelkollektoren. Laserstrahlen waren zu stark gebündelt, um großflächige Verwüstungen zu verursachen; außerdem tendierten sie mit wachsendem Abstand zu Kohärenzverlust. Ein Superlicht-Protonengeschütz dagegen…
Doch Warden Dios hatte noch nicht zu Ende erzählt.
»Das Kosmo-Industriezentrum Valdor mobilisiert Unterstützung für die Rächer«, stellte er fest, »aber leider sind diese Raumschiffe noch nicht in Reichweite angelangt. Aus irgendeinem Anlaß hält das Amnion-Raumschiff sich von den gängigen Flugrouten fern, und ebenso von Station Valdor selbst. Und unser Kreuzer Vehemenz ist zu weit entfernt, um in den Kampf eingreifen zu können.«
Wahrhaft typisch, dachte Hashi Lebwohl. Seine Aufmerksamkeit richtete sich vollständig und unverrückbar auf Warden Dios. Dennoch betrieb er Überlegungen auf mehrerlei Ebenen. Die Vehemenz blickte auf keine glanzvolle Dienstgeschichte zurück. Egal, wer sie kommandierte, wie die Besatzung sich zusammensetzte oder man sie schulte, immer verurteilte Glücklosigkeit oder Unfähigkeit, wie es den Anschein hatte, das Raumschiff zum Versagen. Man hätte meinen können, es wäre während der Monate mit Nathan Alt als Kapitän mit einem Fluch belegt worden.
»Wie lauten Ihre Befehle, Polizeipräsident?« fragte mit einem Mal Sicherheitschef Mandich dazwischen. Anspannung verzerrte seine Stimme zu einem Krächzen. »Direktorin Donner ist abwesend. Ich muß…«
Er mochte so redlich wie eine Eisenstange sein, aber Hashi Lebwohl hielt ihn für untauglich, um Min Donners Platz einzunehmen.
Koina Hannish hatte ein besseres Gespür als der Sicherheitschef: Sie wartete ab mit dem Reden.
Durch eine brüske Geste bewog Warden Dios den Sicherheitschef zum Schweigen. Das Herumrucken seines normalen Auges glich einer Handgreiflichkeit.
»Seitdem habe ich erste Maßnahmen zu unserer Verteidigung veranlaßt«, gab er in schneidigem Tonfall bekannt. »Unsere Werften schieben Zusatzschichten ein. Wir müssen schnellstens jedes halbwegs einsatztüchtige Raumschiff im All haben. Das VMKP-HQ hat Alarm. Ich habe der Streithammer die Rückkehr befohlen und Kurierdrohnen ausgeschickt, um die Heros und die Abenteurer zurückzubeordern.«
Die Streithammer war ein regelrechtes Schlachtschiff, das größte und stärkste Kampfraumschiff, das die VMKP je gebaut hatte. Gegenwärtig führte es zwischen Jupiter und Saturn einen Probeflug durch, damit die Crew lernte, ein so riesiges Raumfahrzeug zu handhaben; zu nah an der Erde, um per Hyperspatium-Durchquerung zur Erde umzukehren, zu fernab, um sie mit Normalraum-Geschwindigkeit früher als erst in ein paar Tagen zu erreichen. Was die übrigen von Dios genannten Raumer betraf, so flog der Zerstörer Heros
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