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Amok: Thriller (German Edition)

Amok: Thriller (German Edition)

Titel: Amok: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Bale
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Ein- oder zweimal hatte sie das Tagebuch ihres Vaters zur Hand genommen, hatte sich aber nicht so recht dazu bringen können weiterzulesen. Am Abend rief sie ihren Bruder und einige Freunde an, um ihnen mitzuteilen, dass sie wieder zu Hause war. Es kam ihr vor, als machte sie eine höchst bedeutsame Ankündigung: Bald würde das normale Leben wieder beginnen.
    Dennoch beschlich sie eine gewisse Bangigkeit, als sie nach Chilton fuhr. Es war schwierig, nicht an das letzte Mal zu denken, als sie mit der Absicht aufgebrochen war, das Haus auszuräumen, und nicht über all das nachzugrübeln, was in den Wochen seither passiert war. Ohne es sich ganz und gar einzugestehen, richtete sie es so ein, dass sie genau um zehn Uhr ankommen würde, sodass Craig sie zum Haus begleiten konnte.
    Es war wieder ein milder Tag, diesmal mit bewölktem Himmel und einem frischen Wind. Julia musste im Dorf selbst parken, und als sie anhielt, trat Craig gerade aus der Tür des alten Schulhauses. Er trug einen dünnen Pulli mit V-Ausschnitt über einem weißen T-Shirt. Es war das erste Mal, dass sie ihn ohne Jacke sah, und sie konnte nicht umhin zu bemerken, wie breit seine Schultern waren. Was wahrscheinlich ganz gut war, denn er schien die ganze Last der Welt auf ihnen zu tragen.
    Die Begrüßung war ein wenig verkrampft. Nach kurzem Zögern küsste er sie auf die Wange. »Es ist dir niemand hierher gefolgt?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Ich habe immer wieder in den Spiegel geschaut.«
    »Gut. Klingt albern, aber wir sollten diese Vorsichtsmaßnahmen wirklich beachten, bis der Mörder gefasst ist.«
    Julia nickte, musste aber unwillkürlich an Alices bittere Entgegnung denken: Wie können sie ihn fassen, wenn sie nicht einmal wissen, dass er existiert?
    Als ob er ihre Gedanken gelesen hätte, sagte Craig: »Ich kann nicht glauben, dass Alice Jones uns nicht helfen will. Ob wir ihren Mann dazu bringen könnten, sie zu überreden?«
    »Ich bezweifle, dass sie auf ihn mehr hören würde als auf mich.«
    Craig seufzte. »Und was ist mit Matheson? Wird er uns wegen unseres Besuchs bei Peggy Forester Schwierigkeiten machen?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Gestern schien er mir eine regelrechte Charmeoffensive zu fahren, aber das könnte sich ändern. Was war deine Theorie über seinen Kontakt bei der Polizei?«
    Craig wich ihrem Blick aus. »Ich arbeite noch dran.«
    Julia wartete einen Moment mit gerunzelter Stirn. »Okay.« Sie erreichten die Reihe von Cottages, und sie kramte den Hausschlüssel hervor. »Hast du die Sache mit der Versicherung geregelt?«
    »Der Golf wird angeblich heute abgeschleppt. Sie wollen mir keinen Ersatzwagen geben, solange nicht geklärt ist, ob er noch repariert werden kann, also habe ich mir einen Mietwagen genommen.«
    Julia hatte den Schlüssel ins Schloss gesteckt. Jetzt erstarrte sie. »Hast du das gehört?«
    »Was?«
    »Hat sich angehört wie irgendetwas im Haus.«
    Nicht etwas , wurde ihr plötzlich klar. Jemand.
    Das Schloss klemmte, und es dauerte ein paar Sekunden, bis Julia die Tür aufstoßen konnte. Im gleichen Moment war ein anderes, durchdringenderes Geräusch zu hören: hastige Schritte auf dem Küchenboden. Die Hintertür flog mit einem Knall auf, und als Craig sich an Julia vorbeischob, erhaschte sie einen Blick auf eine dunkle Gestalt, die in Richtung Gartenzaun flüchtete. Die gleiche dunkle Gestalt, die sie am Mittwochabend in die Dünen gejagt hatte.
    Craig rannte durchs Haus, um dem Flüchtenden nachzusetzen. Einen Augenblick lang war Julia vor Panik und Verwirrung wie versteinert. Dann löste sie sich mit einem Ruck aus der Erstarrung. Sie konnte Craig nicht allein damit fertig werden lassen. Das hier war auch ihr Kampf.
    Als sie die Hintertür erreichte, schickte Craig sich gerade an, über den Stacheldrahtzaun am Ende des Gartens zu klettern. Dahinter lag ein Feld mit dunkler Erde, in dem gerade irgendeine Wintersaat aufging. Das Gelände stieg auf einer Länge von vielleicht hundert Metern leicht an, und der Mörder, eine anonyme Gestalt in schwarzer Jacke und Baseballkappe, hatte schon ungefähr die Hälfte der Strecke zurückgelegt.
    »Warte hier«, rief Craig.
    »Nein.« Sie holte ihn am Zaun ein, ein wenig außer Atem, aber ansonsten okay. Keine Schmerzen. Craig sah die eiserne Entschlossenheit in ihren Zügen und sagte nichts mehr. Er drückte den Draht herunter und half ihr über den Zaun.
    Der Mörder erreichte den höchsten Punkt der Anhöhe und verschwand aus ihrem Blickfeld.

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