Amok: Thriller (German Edition)
umgekippt.«
Deswegen hast du mich also gepackt , dachte sie, und in ihre Erleichterung mischte sich ein Anflug von schlechtem Gewissen. Wie hatte sie denken können, Craig sei der Mörder? Es war eine alberne Vorstellung, vollkommen unlogisch, aber sie hielt sich hartnäckig in ihrem Hinterkopf, wie eine kleine Warnleuchte, die sich einfach nicht ausschalten ließ.
Er half ihr über den Zaun, und sie gingen zurück ins Haus. Dort bestand er darauf, dass sie sich auf den Küchenboden setzte, worauf er ein Handtuch nass machte und es ihr reichte. Während sie sich das Gesicht und den Nacken abtupfte, machte er einen Kontrollgang durch das Haus.
Er war gerade im Obergeschoss, als sie von einem schmerzhaften Hustenanfall geschüttelt wurde, der ihr die Hitze ins Gesicht trieb und sie ganz benommen machte. Sie hatte einen widerlichen metallischen Geschmack im Mund, und als sie aufstand und ins Spülbecken spuckte, wäre sie beim Anblick des Bluts fast ein zweites Mal in Ohnmacht gefallen. Als sie Craigs Schritte auf der Treppe hörte, drehte sie rasch den Wasserhahn auf, spülte es weg und tat so, als wollte sie sich nur die Hände waschen.
»Der einzige Raum, der durchwühlt aussieht, ist das hintere Schlafzimmer. Der ganze Boden ist mit Papieren übersät.« Er runzelte die Stirn, ging an ihr vorbei und inspizierte die Hintertür. »Ich frage mich, wie er reingekommen ist.«
»Meine Eltern hatten immer einen Ersatzschlüssel unter der Hintertreppe.«
»Aber wie kann er das gewusst haben?«
»Das machen hier alle.«
»Vermutlich«, pflichtete er ihr bei. »Rufen wir jetzt die Polizei oder nicht?«
Sie zuckte mit den Achseln. Er sollte nicht merken, dass sie sich immer noch am Spülbecken festhalten musste, um auf den Beinen zu bleiben. »Wenn nichts entwendet wurde, könnten wir stundenlang damit zubringen, unsere Aussage zu Protokoll zu geben, und was würden wir damit erreichen? Selbst wenn wir ihnen alles sagen, werden sie uns nicht glauben.«
»Tja«, meinte er resigniert. »Da hast du wahrscheinlich recht.«
Julia dachte wieder an Alices Warnung. Er wird Ihnen weiter nachstellen. Und das nächste Mal wird er Sie töten.
»Er kann mir nicht aufgelauert haben«, sagte sie. »Wie sollte er wissen, dass ich hierherkommen würde?« Sie sah Craig an, und ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf. Ein gemeiner, unwürdiger Gedanke, aber sie konnte ihn nicht verhindern.
Du hast es gewusst.
»Nein«, sagte sie, wie um ihre abwegige Fantasie in die Schranken zu weisen. »Er muss etwas gesucht haben.«
»Aber das Haus steht seit Wochen leer«, wandte Craig ein. »Warum jetzt?«
»Es muss mit unseren Aktivitäten zusammenhängen. Unseren Gesprächen mit Peggy Forester, Matheson, Alice Jones. Irgendwo muss es da eine Verbindung zu diesem Haus geben. Zu meinen -«
»Was?«
»Es sind die Tagebücher«, sagte sie, und etwas von ihrer Energie schien mit den Worten zu entweichen. »Ich habe George Matheson von den Tagebüchern erzählt.«
Es war elf Uhr, als der Summer ertönte und einen Besucher ankündigte. George warf einen Blick auf den Monitor neben der Tür und drückte dann auf den Knopf, um das Tor zu öffnen. Seit dem Gespräch mit seinem Neffen am Tag zuvor hatte er viel darüber nachgedacht, wie er mit Vilner verfahren sollte oder ob er überhaupt mit ihm Kontakt aufnehmen sollte. Jetzt hatte sich die Entscheidung erübrigt.
Er öffnete die Haustür, als der Range Rover gerade vorfuhr. Vilner stieg aus und blieb einen Moment lang regungslos stehen, scheinbar ohne George zu bemerken, der wartend im Eingang stand. Stattdessen blickte er zum Dorf hinüber, ehe er sich umdrehte und auf das Haus zuschritt. Sein Gesichtsausdruck war von einer Entschlossenheit, wie George sie bei ihm noch nie gesehen hatte. Als ihre Blicke sich trafen, musste George sich alle Mühe geben, nicht zurückzuweichen. Er war versucht, Vilner die Tür vor der Nase zuzuschlagen oder wenigstens Vanessa zu rufen, um sie zu warnen, doch er sah ein, was für einen erbärmlichen Eindruck das machen würde.
»Ich kann mich nicht entsinnen, dass wir verabredet waren«, sagte er.
»Das waren wir auch nicht«, entgegnete Vilner, während er behände die Stufen erklomm und sich an George vorbeischob. »Es wird Zeit, dass wir uns über ein paar Dinge verständigen.«
55
Bernard Trent hatte zu den Menschen gehört, die nichts wegwerfen können. Das wurde Julia und Craig zunehmend klar, als sie das hintere Schlafzimmer gründlicher in
Weitere Kostenlose Bücher