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Amok: Thriller (German Edition)

Amok: Thriller (German Edition)

Titel: Amok: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Bale
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Meeresgrund. Fische glitzerten silbrig wie ferne Spiegelbilder der Sterne; hilflos zuckten und zappelten sie auf dem Trockenen.
    Sie war allein. Mutterseelenallein.
    Sie wankte und wäre beinahe gefallen. Der Strand ruckte und bebte unter ihren Füßen, die Vibrationen übertrugen sich durch ihre Sohlen in ihre Knochen, drohten sie in Stücke zu reißen. In Panik hielt sie sich den Bauch. Als sie aufblickte, sah sie einen Strich aus weißer Gischt am Horizont, der im Dunkeln auf sie zuraste.
    Ein Tsunami. Eine Riesenwelle, brodelnd und schäumend wie ein lebendiges Wesen, das mit jeder Sekunde noch gewaltiger anwuchs, rasend schnell und mächtig und gierig, ein Donnern, das den Boden unter ihren Füßen erzittern ließ. Sie musste laufen. Sie musste sofort loslaufen.
    Aber sie konnte nicht laufen. Sie konnte sich überhaupt nicht rühren.
    Sie schloss die Augen und wartete auf die Welle.
     
    Julia erwachte mit wild pochendem Herzen. Als sie sah, wo sie war, fiel sie mit einem langgezogenen Seufzer auf das Kissen zurück. Von allen Alpträumen, die sie seit dem Massaker gehabt hatte, hatte keiner ein solches Gefühl absoluter Verlorenheit hinterlassen. Eine Einsamkeit von kosmischen Dimensionen.
    Es war nicht allzu schwer zu erraten, was ihn ausgelöst hatte. Am Abend zuvor hatte sie stundenlang auf eine Nachricht von Craig gewartet und ihm schließlich eine SMS geschickt. Wenige Minuten später hatte er zurückgerufen. Er hatte sich entschuldigt, doch er hatte dabei müde und abwesend geklungen. Er hatte der Polizei das Wenige gesagt, was er über Abbys Recherchen wusste. Vilners Name schien den Beamten bekannt zu sein, doch bei Kendrick mussten sie passen. Craig hatte auch seine Theorien über das Massaker erwähnt, doch die Polizisten hatten aus ihrer Skepsis keinen Hehl gemacht. Sie interessierten sich mehr für die Frage, ob Craig ein Verhältnis mit Abby gehabt hatte. Ihre derzeitige Lebensgefährtin hatte entsprechende Andeutungen gemacht.
    »Wie ist sie denn darauf gekommen?«, hatte Julia gefragt.
    »Keine Ahnung. Wir haben uns ziemlich gut verstanden. Ein bisschen geflirtet, aber das war auch alles.« Er tat es so locker-leicht ab, dass sie sich fragte, wie er wohl das beschreiben würde, was sich zwischen ihnen abgespielt hatte. Zugleich wurde ihr bewusst, dass sie nur seine Version seiner Eheprobleme kannte. Vielleicht war die Wirklichkeit ein wenig komplizierter.
    Noch unangenehmer war die Vorstellung, dass Abbys Schicksal etwas mit ihren eigenen Nachforschungen zu tun haben könnte. Sie sah sich wieder mit George Matheson auf dem Dorfplatz stehen. Sein Schmerz hatte so echt gewirkt, sein Mitgefühl so aufrichtig, und doch musste er die ganze Zeit den Erfolg seines Täuschungsmanövers genossen haben. Er hatte einen Massenmord organisiert, und jetzt verwischte er seine Spuren mit der gleichen gnadenlosen Effizienz. Sie wollte es nicht glauben, aber die Beweise waren inzwischen allzu erdrückend.
    Sie fuhr zusammen, als das Telefon klingelte, und sah nach dem Wecker: kurz nach acht am Samstagmorgen. Es musste Craig sein.
    Doch es war die Stimme einer Frau. »Julia? Hier ist Alice. Alice Jones.«
    »Oh.« Julia hielt den Hörer ans andere Ohr. »Alles in Ordnung?«
    »Ich dachte, ich sollte Sie warnen. Es hat auch mit Ihnen zu tun, dass ich mich so entschieden habe. Ich hoffe, Sie werden mir verzeihen, dass es nicht ganz das ist, was Sie vorgeschlagen haben, aber mir bleibt im Grunde keine andere Möglichkeit.«
    »Nicht so schnell, Alice«, sagte Julia. »Ich komme nicht mit.«
    »Ich habe nicht viel Zeit. Ich möchte nur, dass Sie vorsichtig sind.«
    »Hat jemand Sie bedroht?« Julia hatte keinem Menschen Alices Adresse gegeben, und sie war sich sicher, dass niemand ihr nach Brighton gefolgt war. Wie hatten sie sie gefunden?
    Aber Alice lachte ihr seltsames, ein wenig schrilles Lachen. »Nein. Deswegen wähle ich ja diesen Weg, um all dieser Sorgen ledig zu sein.«
    »Was ist es dann?«, fragte Julia, so verwirrt, dass sie sich fragte, ob sie immer noch träumte.
    »Die Medien «, antwortete Alice. »Sie werden über Sie kommen wie ein Flutwelle.«
    Julia überlief es eiskalt bei diesen Worten. Sie packte die Matratze und drückte sie, um sich zu vergewissern, dass sie wirklich da war. Ja, sie war tatsächlich hier bei sich zu Hause. In Sicherheit.
    »Ich muss jetzt Schluss machen«, sagte Alice. »Es tut mir ehrlich leid. Leben Sie wohl.«
    Die Leitung war tot. Julia wählte sofort die Tastenkombination

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