Amok: Thriller (German Edition)
platzte sie herein, stockbesoffen, lallend und mit blutiger Nase. Sie hatte sich mit zwei Typen wegen einer Partie Darts geprügelt und war aus dem Pub geworfen worden.
Er stellte sich als Versicherungsvertreter vor. Ob er ihr Interesse an einer Lebensversicherung mit maßvollen monatlichen Prämienzahlungen wecken könne? Peggy rastete aus und warf ihm vor, er versuche nur ihren zurückgebliebenen Sohn auszunutzen. Carl zog ein finsteres Gesicht, als er das hörte, sagte aber nichts.
Sie brüllte ihren Sohn an, was ihm einfiele, einen Fremden ins Haus zu lassen, und versetzte ihm dann eine solche Ohrfeige, dass ein Handabdruck auf seiner Wange zurückblieb. Carl stand die ganze Zeit nur da und ließ sich alles gefallen. Zu verängstigt und schlicht zu blöde, um sich zu wehren. Als sie sich das nächste Mal trafen, hatte Carl ein Veilchen und eine aufgeplatzte Lippe. Aber er schwor, dass er bei der Geschichte geblieben sei. Und Peggy habe sie geschluckt.
Trotzdem bestand immer noch eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass sie ihn wiedererkennen würde. Wenn ja, könnte sie ihn vielleicht identifizieren. Und das machte sie zu einer Bedrohung.
Er hatte ungefähr fünfzehn Minuten gewartet, als er im Rückspiegel eine Bewegung sah. Walker und Trent tauchten aus der Einmündung des Fußpfads auf und überquerten die Straße, um zu ihrem Wagen zurückzugehen. Auf diese Entfernung war es schwer zu erkennen, wie ihre Stimmung war, doch er hatte den Eindruck, dass die Frau ein bisschen angeschlagen wirkte, ein bisschen wacklig in den Knien. Dagegen machte Walker einen regelrecht beschwingten Eindruck, als wäre der Besuch ein voller Erfolg gewesen.
Was also hatten sie von Peggy bekommen?
Er saß ganz still da und wartete, bis sie an ihm vorbeigefahren waren. Dann vergewisserte er sich, dass er alles hatte, was er brauchte, und öffnete die Tür.
Bald würde er die Antwort wissen.
Auf dem Weg zurück zum Wagen redeten sie nicht viel. Als Craig sich durch die Hecke zwängte, zerriss er sich das Hemd und fluchte so laut, dass ein paar Häuser weiter ein Hund zu bellen begann.
Als sie wieder im Wagen saßen, war seine Miene ungewöhnlich düster. »Ich habe viel darüber nachgedacht, wie es wohl sein würde, der Mutter des Mannes zu begegnen, der meinen Vater umgebracht hat. Ich dachte, ich würde sie hassen, aber eigentlich tut sie mir nur leid.«
»Was war das für eine Geschichte mit der Zeitung, die ihr noch Geld schuldet?«
»Das habe ich erfunden. Ich wusste, dass es schwierig sein würde, sie zum Reden zu bringen.«
»Sie wird es gleich in Schnaps umsetzen, das ist Ihnen doch klar.«
»Sicher«, erwiderte er, »und wissen Sie was? Ich kann es ihr nicht mal verdenken.« Er ließ den Motor an und fuhr los. »Jetzt gehen wir erst mal was essen, wie wär‘s?«
Sie widersprach nicht, obwohl die Begegnung mit Peggy Forester an ihren Kräften gezehrt hatte. Sie hätte sich am liebsten unter die Dusche gestellt und sich so lange geschrubbt, bis sie jede Spur dieses Besuchs abgewaschen hatte.
Sie entschieden sich für das Half Moon in Plumpton, das etwas abseits an einer ruhigen Landstraße lag. Es war die Art von Lokal, wie ihre Eltern es geliebt hatten, dachte Julia traurig und erinnerte sich an all die Familienfeste, die sie mit einem Essen in einem gemütlichen Landgasthof irgendwo in Sussex gefeiert hatten.
Als sie aus dem Golf stieg, krampfte ihr Magen sich so heftig zusammen, dass ihr die Luft wegblieb. Sie hielt sich den Bauch und würgte ein paar Mal. Craig lief rasch um den Wagen herum und tätschelte ihr vorsichtig den Rücken.
»Alles in Ordnung?«
»Geht schon wieder«, brachte sie hustend hervor. Sie richtete sich auf, ihr Blick von Tränen getrübt, und rang sich ein Lächeln ab. »Ich muss mich nur eine Weile ausruhen.«
»Soll ich Sie nach Hause fahren?«
Sie schüttelte den Kopf und hoffte, er würde nicht sehen, wie sehr sie versucht war, sein Angebot anzunehmen.
»Mal sehen, wie ich mich fühle, wenn wir gegessen haben.«
Er ging auf dem gleichen Weg hinein wie Walker und die Frau. Es gab keine andere Möglichkeit.
Zuerst wartete er ein, zwei Minuten ab, ob sich hinter den Fenstern der Nachbarhäuser etwas bewegte. Für den Fall, dass ihm auf dem Pfad jemand entgegenkommen sollte, hielt er sich ein Handy ans Ohr. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass die Luft rein war, nahm er ein Paar Latexhandschuhe aus der Tasche und zog sie an. Dann stieß er das Tor auf und sprintete in
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