Amok: Thriller (German Edition)
Brennnesseln überwuchert. Es dauerte einige Minuten, bis sie sich zu einem Punkt vorgearbeitet hatten, wo sie ihrer Berechnung nach auf Höhe des Forester-Gartens waren. Er war von einer hohen Hecke gesäumt, mindestens zweieinhalb oder drei Meter hoch und offensichtlich seit Jahren sich selbst überlassen. Tief im wuchernden Gehölz vergraben war ein rostiges Eisentor. Craig packte es und rüttelte daran; dann wischte er sich die Rostplacken von der Hand.
»Wir können es wahrscheinlich aufbekommen.« Er sah Julia an. »Es sei denn, Sie möchten lieber zum Wagen zurückgehen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nicht jetzt, wo ich schon so weit gekommen bin. Aber Sie gehen voran.«
»In Ordnung.« Er packte das Tor und ruckelte es heftig hin und her, sodass die Zweige abbrachen, die es blockierten. Sobald die Lücke groß genug war, ging er in die Knie und kroch hindurch. Julia sah ihm wenig beeindruckt dabei zu.
»Ich muss verrückt sein«, murmelte sie. »Was ist, wenn sie einen Hund hat?«
»Sieht nicht so aus«, rief er von der anderen Seite. »Probieren Sie es mal, es müsste jetzt reichlich Platz sein.«
Ihre Entschlossenheit geriet noch einmal kurz ins Wanken, als sie in die Hocke ging und sich vorstellte, wie Kate wohl reagieren würde, wenn sie sie jetzt sehen könnte. Sie drehte sich zur Seite und schob sich mit unbeholfenen Watschelschritten durch das Tor und die Hecke. Ein Zweig verfing sich in ihren Haaren, und sie zuckte zusammen.
Craig wartete auf der anderen Seite, um ihr aufzuhelfen, worauf sie sich zuerst einmal die Blätter und Zweige von den Kleidern zupften. Peggys Garten war ein Dschungel aus Unkraut und hohem Gras. Ein Pfad aus brüchigen Betonplatten führte zur Hintertür, die halb verglast und unversehrt war. Die hinteren Fenster waren nicht vernagelt, und als Julia den Kopf hob, bemerkte sie eine Bewegung in der Küche.
Sie hörten, wie ein Schlüssel im Schloss gedreht wurde, und dann ging die Tür auf. Carl Foresters Mutter war eine kleine, drahtige Frau, bekleidet mit einer Jogginghose und einem verwaschenen grauen Sweatshirt. Das ergrauende braune Haar stand ihr in wirren Locken vom Kopf ab, und die Augen in ihrem fleckigen, geröteten Gesicht blitzten bösartig. Julia spürte die Feindseligkeit, die von ihr ausstrahlte.
»Verschwinden Sie von meinem Grundstück! Das ist mein Haus!«, schrie sie. Ihre Aussprache war verschliffen und undeutlich, und sie schwankte, während sie sprach.
»Mrs. Forester?« Craig tat ein paar Schritte auf sie zu. Die Frau drehte sich ein wenig zu ihm um und hob den Arm. In der Hand hielt sie ein Küchenmesser.
»Lassen Sie mich in Ruhe! Verschwinden Sie!«
»Mrs. Forester, beruhigen Sie sich! Ich bringe Ihnen das Geld, das Ihnen noch zusteht.«
Sie kniff argwöhnisch die Augen zusammen. »Geld?«
»Von der Zeitung. Sie erinnern sich doch noch an den Artikel, der über Sie erschienen ist.«
Sie konnten sehen, wie sie in ihrem Gedächtnis kramte. Sie schien verwirrt, aber nicht mehr ganz so misstrauisch. »Alles erstunken und erlogen.«
»Ich weiß. Der Mann, der das geschrieben hat, wurde gefeuert.«
»Geschieht ihm verdammt recht.«
»Die Zeitung schuldet Ihnen noch das Honorar«, sagte Craig und zeigte ihr das Geld. »Hier ist es. Einhundert Pfund.«
Peggy Forester blinzelte ein paar Mal, und in ihrem Gehirn arbeitete es so heftig, dass sie geradezu hören konnten, wie die Rädchen sich drehten. Dann legte sie das Messer hinter sich auf die Spüle und nickte. Sie streckte die Hand aus.
»Geben Sie‘s her.«
Craig trat vorsichtig näher. »Ich fürchte, wir müssen kurz reinkommen. Sie müssen noch den Empfang quittieren.«
Die Frau beäugte ihn, als hätte sie kein Wort verstanden. Craig blieb ein paar Schritte vor ihr stehen. Sie reckte ihm die Hand entgegen. »Her damit.«
»Das kann ich nicht machen, Mrs. Forester. Sie müssen dafür unterschreiben.«
Etwa dreißig Sekunden lang standen sie sich in einer Pattsituation gegenüber. Craig hielt ihrem Blick stand, zeigte keine Furcht, ließ keine Hoffnung auf einen Kompromiss aufkommen. Als Julia sich näherte, sah sie, dass das Gesicht der Frau von einem Netz geplatzter Äderchen überzogen war. Ihre milchigen Augen waren ruhelos, und ihre Hände zitterten, als ob sie einem anderen Willen als ihrem gehorchten.
Craig sah auf seine Uhr. Er hob fast unmerklich die Schultern und wandte sich zu Julia um, als schickte er sich zum Gehen an.
Panik blitzte in Peggys Augen auf. »Na los, kommen
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