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Amokspiel

Amokspiel

Titel: Amokspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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dachte sie. Den Moment, als mir drastisch bewusst wurde, wie unwiederbringlich mir Sara entglitten war. »Kennen Sie den großen Parkplatz am Teufelsberg?«
    »Ja. Ich war da hin und wieder mal mit Leoni. Wenn wir im Grunewald spazieren gegangen sind, haben wir manchmal den Wagen dort abgestellt. Es ist ganz schön da.«
    »Tagsüber vielleicht. Fahren Sie mal nachts ab 23.00 Uhr vorbei.«
    Ira schloss die Augen, und die Bilder aus der Erinnerung wurden langsam schärfer. Wie ein Film im Entwicklungsbad gewannen sie ihre schreckliche Kontur. Die Autos im Dunkeln. Viel zu viele für die späte Uhrzeit. Ihr eigener Scheinwerfer, der diese traf, als sie mit dem Van auf den holprigen Parkplatz einbog. Dunkle Gestalten hinter den Lenkrädern. Aufblitzende Feuerzeuge. Und etwas abseits eine kleine Menschenansammlung. Um einen Kombi. Mit geöffnetem Kofferraum. Und auf der Ladefläche .
    »Ich habe von diesen Treffpunkten gelesen«, gestand Jan. »Ich war sogar einmal dort, um mich zu überzeugen, dass sie kein moderner Mythos sind. Tatsächlich gibt es in Berlin sogar mehrere davon. Meistens an Seen wie in Tegel und eben am Teufelsberg. Oder auf ausgewählten Rastplätzen an der Autobahn. Es existiert sogar eine Homepage im Internet, unter der man gegen Gebühr die neuesten Treffpunkte erfährt. Die Spielregeln und Rituale vor Ort sind immer gleich: Sie stellen Ihr Auto ab. Wenn jemand kommt, lassen Sie im Dunkeln Ihr Feuerzeug aufblitzen. Früher oder später steigt irgendwer ein. Der Sex ist schnell, hart und wortlos. Keine Namen. Keine Verabschiedungen. Allerdings dachte ich, dass dahin nur .«
    »Was? Dass da nur Männer hingehen?« Ira lachte unsicher. »Das dachte ich auch. Bis ich meiner siebzehnjährigen Tochter dorthin folgte. Vielleicht war es dort eigentlich auch ein Schwulentreffpunkt. Möglich. Aber wenn das damals alles Homosexuelle waren, dann haben mindestens zehn von ihnen in jener Nacht eine Ausnahme gemacht. Wahrscheinlich waren es eher mehr. Ich konnte die Hände nicht zählen. Es waren so viele, dass ich meine Tochter nur noch anhand der kniehohen Lederstiefel an ihren dünnen Beinen erkennen konnte.« Ira spuckte die letzten Sätze angewidert ins Telefon. »Sie ragten wie abgeknickte Zahnstocher aus dem Kofferraum heraus. Der Rest ihres Körpers verschwand wie eine Glühbirne unter einer Traube notgeiler Mücken.«
    »Was haben Sie gemacht?«, wollte Jan nach einer kurzen Pause wissen, in der beide nichts sagten.
    »Nichts. Zuerst wollte ich aussteigen. Doch dann bekam ich Angst.«
    »Vor den Männern?«
    »Nein. Vor Sara. Solange ich im Wagen sitzen blieb und ihr Gesicht nicht sah, konnte ich mir einreden, dass .« Sie ließ wieder eine lange Pause. Schließlich ergänzte Jan: ». dass es ihr keinen Spaß macht.« Ira nickte wie in Trance. Er hatte sie durchschaut. Nicht zum ersten Mal erkannte sie, wie gut er einmal in seinem Beruf gewesen sein musste, bevor er durch das Trauma zum Verbrecher wurde. Keine Mutter will zusehen, wie sich ihre Tochter wie ein billiges Stück Fleisch vor die Meute wirft. Freiwillig? Aus selbstbestimmter Lust? Für Ira war das unvorstellbar. Sie hatte in dieser Nacht den Parkplatz fluchtartig verlassen. Erst als sie zu Hause angekommen war, registrierte sie die Beule an ihrem Kotflügel. Sie stand so unter Schock, dass sie gar nicht bemerkt hatte, wie sie bei der Ausfahrt ein anderes Fahrzeug angestoßen haben musste. Der äußere Schaden ließ sie damals kalt, zumal der notgeile Neuankömmling ohnehin nicht das Interesse der Polizei auf sich lenken würde. Doch die inneren Verletzungen wogen schwer. Sie war verzweifelt. All ihr Wissen über die menschliche Psyche versagte bei dem konkreten Anwendungsfall ihrer eigenen Tochter. Es gab kein Lehrbuch, das sie aufschlagen, und keinen Experten, den sie hinzuziehen könnte. In ihrer Not überlegte Ira sogar kurz, ob sie ihren Ex anrufen sollte. Doch nach allem, was sie heute noch über ihn wusste, konnte sie nicht sicher sein, ob er nicht selbst gerade irgendwo ein Feuerzeug auf einem dunklen Parkplatz aufleuchten ließ. Immerhin hatte er sie damals für eine Minderjährige verlassen, als sie mit Kitty schwanger war.
    »Haben Sie Sara darauf angesprochen?«
    »Ja. Aber viel zu spät.«
    »Was hat sie gesagt?«
    »Nicht viel. Ich habe es falsch angepackt. Ich habe die falschen Fragen gestellt.«
    So wie bei unserem letzten Telefonat, dachte Ira. »Du wirst doch keine Tabletten nehmen?«
    »Nein, Mami!« »Welche Fragen meinen

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