Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amokspiel

Amokspiel

Titel: Amokspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
Vom Netzwerk:
ver-, sondern entriegelt. Einen Augenblick später sah Ira auch den Grund dafür. Er stand zwei Parkplätze weiter hinten, direkt unter einem hellgrünen Notausgangsschild. »Danke«, sagte der kräftige Mann zu dem Kripobeamten und klopfte ihm seitlich auf den Oberarm. »Das hast du gut gemacht.«
    Dann legte er seinen Arm um dessen Schulter und drehte sich mit ihm zu der dunkelgrauen Betonwand des Parkhauses. Ira konnte nicht hören, was die beiden flüsterten. Sie sah nur, wie er ihrem Fahrer etwas in der Größe eines Briefumschlags zusteckte und ihm nochmals auf den Oberarm schlug. Dieser blieb abwartend stehen, während er auf sie zukam.
    »Ich hab das geregelt, Ira. Steig aus. Wir haben wenig Zeit.«
    Sie zog die Augenbrauen hoch, schüttelte den Kopf und sah ihn völlig verwirrt an.
    »Was hast du mit mir vor, Götz?«

40.
    Panikartiger Tumult brach aus, kurz nachdem die Nachrichtensprecherin ihren Text beendet hatte. Jan war der Einzige, der noch auf den Studiofernseher unter der Decke starrte. Die anderen brüllten wüst durcheinander. Timber hatte sogar seinen Platz verlassen, und sein Ziel war unverkennbar: Er wollte möglichst unbemerkt so nah wie möglich an den Erlebnisbereich herankommen. »Rühr dich nicht vom Fleck!«, brüllte Jan und richtete die Glock auf seinen Körper. Timber riss instinktiv die Arme hoch.
    »Und ihr anderen ...«, er sah jedem Einzelnen in die Augen, »... HÖRT MIR ZU!«
    Sein Gebrüll erzeugte kurzfristig den gewünschten Effekt. Selbst Theodor Wildenau, der mittlerweile zum Wortführer der Gruppe anvanciert war, stoppte für einen Moment seinen Redeschwall.
    »Ich habe nur in die Luft geschossen«, rief Jan. Er klang wie ein Redner auf einer Kundgebung vor feindlich gesinntem Publikum. »Ich habe niemanden getötet. Weder den UPS-Fahrer noch den Polizisten.«
    »Hältst du uns für völlig bescheuert, Jan?«, schrie Theodor zurück. Sein Gesicht war wutverzerrt. Nichts an ihm erinnerte mehr an den gutmütigen Witzbold von heute Morgen.
    »Wir alle haben gesehen, wie du die Waffe angehoben hast. Dann gab es einen Schuss. Und der Polizist sackte nach unten. Jetzt werden im Fernsehen gerade zwei Leichen präsentiert. Glaubst du im Ernst, wir könnten nicht mehr eins und eins zusammenzählen?«
    »Wie oft soll ich es euch noch sagen? Das Ganze ist ein abgekartetes Schauspiel. Niemand ist gestorben. Sie wollen uns gegeneinander aufwiegeln, und das scheint ihnen ja ganz gut zu gelingen!«
    »Ich glaube, du tickst nicht mehr ganz sauber«, meldete sich Sandra Marwinski zu Wort. »Eigentlich war es mir ja egal, ob deine Freundin noch lebt oder nicht. Ich wollte mir nur etwas Geld dazuverdienen und hab dafür gerne die Schwangere gespielt. Aber ich lass mich von dir nicht in einen Doppelmord hineinziehen.« Sie kletterte von dem Barhocker an der Studiotheke runter und zog ihr Handy aus der Innenseite ihrer Jeansjacke. »Ich werde jetzt gehen. Wenn du mir dir Tür nicht öffnen willst, kein Problem. Ich nehme den gleichen Weg wie der Kerl vorhin, der den UPS-Mann weggeschleppt hat. Durch die Küche hindurch, auf die Terrasse.« Sie schwenkte das Telefon. »Und dort rufe ich mir dann Hilfe.«
    »Das wirst du nicht tun, Sandra.«
    »O doch, das wird sie«, zischte Timber wütend. Theodor, Maik und Cindy nickten. Nur Kitty stand wie ein Häufchen Elend direkt neben der mannshohen Lautsprecherbox und verfolgte das Geschehen mit ängstlich aufgerissenen Augen.
    »Wir werden alle gemeinsam abhauen«, fuhr Timber fort.
    »Du kannst uns ja in den Rücken schießen, wenn es dir nicht passt.«
    Die Meute setzte sich in Bewegung. Selbst der schüchterne Flummi schien keine Angst mehr zu haben. Er drückte sich an Jan vorbei und eilte zu der bereits geöffneten Tür zur Studioküche.
    Jan hob hilflos seine Arme, drückte die Handrücken an seine pochenden Schläfen und dachte fieberhaft nach. Was soll ich tun? Wie kann ich sie aufhalten?, hämmerten die Gedanken wie Zylinderkolben in seinem Gehirn. Timber war schon im Türrahmen. Keiner der Gruppe nahm mehr von Jan Notiz. Alles war völlig außer Kontrolle geraten.
    Doch wenn ich sie nicht wiederherstelle, ist alles verloren. Jan traf eine Entscheidung. Er musste handeln. Er musste zum äußersten Mittel greifen.
    Der Schuss sorgte dafür, dass alle in ihrer gegenwärtigen Position verharrten. Theodor war der Erste, der es wagte, Jan wieder direkt ins Gesicht zu sehen. »Das nächste Mal jage ich ihr die Kugel direkt durch den Kopf«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher