Amore macchiato: Roman (German Edition)
Dies beobachtet prompt eine Gruppe anderer Gäste, die natürlich sofort auch eine Jacke wollen oder, noch schlimmer, der Ansicht sind, dass sie das Recht haben, auch eine zu bekommen. Abgesehen davon bleibt alles ruhig und entspannt.
Um die Mittagszeit verkrümele ich mich mit ein paar Sandwiches in mein Messebüro und blättere lustlos durch die neuesten Pressemeldungen über den Dakar. Ich bin erschöpft, der Champagner von gestern fordert seinen Tribut. Also lege ich die Artikel beiseite, um ein bisschen im Internet zu surfen. Langsam könnte ich mich mal damit befassen, wie ich meinen Sommerurlaub verbringen will. Eine Reisebegleitung habe ich nun definitiv nicht mehr.
Kauend klicke ich mich traurig durch irgendwelche Sport- und Aktivangebote in einem Klub auf Ibiza und male mir die Partys nach dem Abendessen aus, bei denen jeder auf der Suche ist, um bloß nicht alleine ins Bett gehen zu müssen. Zu allem Überfluss kommen mir wieder die Tränen.
In diesem Moment klopft es sachte an meine Bürotür.
Dabei möchte ich so gerne allein sein, wenigstens für einen kurzen Moment. Fast bin ich versucht, mich kurzerhand unter dem Schreibtisch zu verschanzen, aber das geht natürlich nicht. Daher gebe ich keinen Mucks von mir und warte in geduckter Haltung ab.
Es klopft erneut, dieses Mal etwas bestimmter. Die Tür öffnet sich. Es ist Paula, die vorsichtig durch den Türspalt linst.
»Annika?« Besorgt betrachtet sie mein schon wieder verheultes Gesicht.
»Ja?«, brumme ich unwirsch zurück.
»Darf ich reinkommen?«, fragt sie aufgeregt. »Ich muss dir was erzählen.«
»Was gibt es denn?« Wieder eine Halbschlägerei um irgendwelche Regenjacken? »Wo warst du eigentlich heute früh?«, will ich dann wissen.
»Genau darum geht es«, sagt sie atemlos und setzt sich mir gegenüber. Sie macht ein Gesicht wie ein alarmierter Wachhund.
»Oh Gott, bitte keine Neuigkeiten mehr«, stöhne ich. »Bekommst du nun ein Kind von Igor?«
»Nein«, Paula wischt meine Frage weg wie eine lästige Fliege, »das ist Schnee von gestern. Alles in Ordnung. Aber das hier musst du dir anhören.« Sie senkt die Stimme und macht eine Kunstpause. »Ich war bei Riccardo«, verkündet sie.
…?
»Du warst wo?«, schnaufe ich entsetzt und stütze mich mit butterweichen Armen auf der Tischplatte auf. Mein Magen zieht sich zusammen. »Wie denn das?«, stottere ich.
»Enzo hatte die Adresse in Siniscola noch in seinem Navi«, antwortet sie. »Im Rathaus haben wir dann ein bisschen herumgefragt, und schon hatten wir ihn«, erzählt Paula weiter.
Meine Gedanken rotieren. Ich staune. Enzo, diese Tröte. Ich wäre niemals auf die Idee gekommen, den um Hilfe zu bitten, aber da hat er sich ja geradezu brillant geschlagen. Nur was wollte Paula von Riccardo?
»Und dann?«, frage ich atemlos.
»Wir haben uns am Empfang einfach nach Riccardo durchgefragt, und irgendwann stand er dann endlich vor mir. Die Leute dort waren sehr hilfsbereit«, informiert mich Paula. »Ein sehr schöner Mann, dieser Riccardo«, fügt sie bewundernd hinzu.
»Was um Himmels willen wolltest du von ihm?«
»Ein Erklärung«, antwortet sie schlicht. »Ich habe ihm gesagt, dass ich wissen möchte, was zwischen euch vorgefallen ist, weil du so happy mit ihm warst.« Sie schweigt für einen Moment.
»Und?« Gleich schüttele ich sie, wenn sie nicht sofort anfängt, flüssig und ohne Unterbrechungen zu berichten.
»Er hat behauptet, du hättest mit ihm Schluss gemacht.«
Mir klappt die Kinnlade runter, ich kann nicht anders. »Was?«, rufe ich entsetzt.
Paula nickt. »Ich wollte es erst auch nicht glauben. Ich habe immer wieder den Kopf geschüttelt und ihm erklärt, das könne nicht sein. Aber dann hat er uns die E-Mail gezeigt, die du ihm vor ein paar Tagen geschrieben hast. Darin stand, dass du dich nicht länger mit ihm treffen möchtest, weil du dich voll auf deine Karriere konzentrieren willst und die Sache mit euch sowieso keine Zukunft hat.«
»Wie bitte?«, hauche ich.
»Außerdem«, Paula gerät ins Stocken und sucht nach Worten, »hast du hinzugefügt, dass er im Bett leider die größte Niete ist, die dir je begegnet ist, und du inzwischen jemand Fähigeren getroffen hast«, erzählt sie.
Ich pruste ungläubig.
»Du hast«, fährt sie sichtlich peinlich berührt fort, »mit den Worten geendet: ›Nichtsdestotrotz danke für das nette Intermezzo. Deinen Landesgenossinnen mag das ausreichen.‹«
»Danke … für das … nette Intermezzo«, stammele
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