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Amore siciliano

Amore siciliano

Titel: Amore siciliano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luzie Bronder
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»Quatsch, ich fand sie nett, sonst gar nichts!«
    »Ich versuch doch auch nur, ein paar Informationen zu sammeln«, beruhigte ich ihn. »Damit man weiß, woran man bei den Leuten hier ist.«
    Vor allem wollte ich herausfinden, woran man bei Paolo war. Lief da etwas zwischen unserer Gastgebertochter und dem interessanten Nachbarn? Und was hatte er nur gegen Fremde? Immerhin lebte halb Italien vom Tourismus, da war es doch angebracht, sich Ausländern gegenüber offen und freundlich zu geben.
    »Voi non capite … Deutsche verstehen oft nicht, welchen Stellenwert die Familie in Italien hat«, meinte Paolo auf meine Fragen hin. »In Italien ist die Familie sehr wichtig, und wenn jemand Probleme hat oder Hilfe braucht, wird das in der Familie geregelt. Das ist hier nicht wie bei euch, dass Kinder vom Amt leben oder die alten Leute in Pflegeheimen untergebracht werden. Hier kümmert man sich noch umeinander.«
    Das war natürlich Quatsch. In Italien gab es sicherlich genauso viel Kinderarmut und Pflegeheime wie in Deutschland. Ich beschloss, das zu googeln. Noch bevor ich vorsorglich gegen Paolos Vorurteile protestieren konnte, wechselte Michele das Thema und kam auf den zu erwartenden Temperaturaufschwung zu sprechen. La pioggia, der Regen, so hätten sie im Wetterbericht gesagt, würde am nächsten Tag aufhören, und wir sollten unbedingt einen Tag für einen Ausflug zum Ätna einplanen.
    »Come no! Jeder, der nach Sizilien kam, hat einmal am Fuße des Ätna gestanden«, behauptete auch Giuseppe, der sich bislang noch gar nicht zu Wort gemeldet hatte.
    Paolo fügte hinzu: »Man sagt, dass angesichts eines so mächtigen Vulkans jedem Menschen klar wird, dass er nur ein winziger Teil dieser Welt ist, und sich besser entsprechend verhalten sollte. Die meisten Menschen nehmen sich selbst doch viel zu wichtig. Also, fahrt ruhig mal hin.«
    Joi, wie war das denn wieder zu verstehen? Dieses Gespräch war wirklich durch und durch unentspannt. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass Paolo nicht viel von uns hielt. Das weckte jedoch meinen Ehrgeiz. Ich würde ihm schon zeigen, dass wir nicht nur sehr nett waren, sondern vor allem mit unserem Filmprojekt eine gute Sache unterstützten.
    »Viele Leute in Deutschland wissen gar nicht, was für einen schönen Urlaub man auf den Agriturismi machen kann«, brachte ich das Gespräch zurück auf unsere Arbeit. »Das ist für Großstädter eine tolle Erfahrung, und schon allein, um das zu veranschaulichen, ist unser Film wichtig. Ich selbst bin immer froh, wenn ich Lebensmittel aus kontrolliert biologischem Anbau kaufen kann.«
    Bei den Worten »kontrolliert biologisch« grinste Paolo spöttisch.
    »Was ist?«, fragte ich.
    »Si sa, il controllo. Kontrolle – das Lieblingswort der Deutschen, oder?«
    »Wie soll ich das verstehen?«
    »Ma sì, insomma … Na ja, religiös seid ihr Deutschenzwar nicht gerade, obwohl ihr den Papst stellt, aber wenn ihr an etwas glaubt, dann an Kontrolle.«
    Ich schnappte nach Luft. So etwas von Klischeedenken hätte ich nicht erwartet. Wie unhöflich!
    »Non esagerare! Jetzt reicht’s aber, Paolo. Du beleidigst unsere Gäste.« Michele wirkte besorgt. »Bitte entschuldigt, er hat es nicht so gemeint«, fügte er an uns gewandt hinzu.
    »Ich denke, wir ziehen uns jetzt besser zurück«, meinte Ole. »Wir müssen morgen früh raus.«
    »Du hast recht.« Ich war ein wenig enttäuscht von diesem ersten Abend unter Einheimischen. Ich hatte mich so darauf gefreut, die Menschen hier kennenzulernen, aber offensichtlich beruhte das Interesse nicht auf Gegenseitigkeit. Zumindest schien die Kommunikation schwieriger als gedacht, und das lag nicht nur daran, dass ich den Fortgeschrittenenkurs Italienisch vor der Abreise nicht mehr ganz beendet hatte.
    Doch kaum erhoben wir uns, schien unser unfreundlicher Nachbar aufzuwachen, denn er entschuldigte sich bei uns für seine Unhöflichkeit, drückte Ole mit sanfter Gewalt auf den Barhocker zurück und schenkte uns Wein auf seine Rechnung nach. Dann lenkte er das Thema zurück auf unsere Arbeit, und wir diskutierten noch eine ganze Weile über die Wirkung von Dokumentarfilmen auf den Zuschauer, was in der Dreisprachigkeit recht mühsam war, da ständig jemand für Ole beziehungsweise Giuseppe übersetzen musste oder ich mit meinem Vokabular an meine Grenzen stieß. Dabei erfuhren wir auch, dass der grummelige alte Giuseppe der von Simona erwähnteErntehelfer auf dem Nachbarhof war. Er war der beste Freund von Paolos Vater

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