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Amore siciliano

Amore siciliano

Titel: Amore siciliano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luzie Bronder
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abgeregt hatte. »Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.«
    Ich fühlte mich ertappt, also sagte ich die Wahrheit: »Nein, ich habe keinen Geist gesehen, aber ich glaube, ein paar Mafiosi – habt ihr das nicht gesehen, wie sich die Männer da auf der anderen Straßenseite gerade fast geprügelt haben? Der eine war sogar bewaffnet!«
    »Welche Männer?«, fragte Ole.
    »Ich glaub, du träumst«, sagte Dieter. »Wir sind zwar auf Sizilien, aber auf offener Straße werden die hier wohl kaum ihre Konflikte austragen.«
    »Lexi hat eine blühende Phantasie«, lachte Malte. »Passt auf, bald meint sie noch, die Männer hätten Pistolen gehabt und es auf deutsche Filmleute abgesehen.«
    »Quatsch, die haben sich gestritten, drei gegen einen,dann hat einer ein Messer gezückt, und dann sind alle in ihre Autos gestiegen und weggefahren. Habt ihr denn das Reifengequietsche gar nicht gehört?«
    Es konnte doch nicht sein, dass ich als Einzige diese filmreife Szene gesehen hatte?
    Doch offensichtlich hatten nicht einmal die Frauen am Nachbartisch, die mit dem Gesicht zur Straße gewandt saßen, etwas mitbekommen. Also beschloss ich, der Sache nicht zu viel Bedeutung beizumessen und vorerst für mich zu behalten, dass einer der Männer Paolo gewesen sein könnte. Ich wollte nicht unnötig Gerüchte über ihn verbreiten. Immerhin konnte es auch sein, dass es hier um einen ganz harmlosen Streit ging oder ich ihn verwechselt hatte.
    »Was ist los mit dir Lexi, du starrst ja immer noch auf die Straße? Suchst du nach deinen Mafiosi?« Malte lachte mich aus. Das war gemein. Nur weil er es nicht gesehen hatte, war ich doch nicht gleich meschugge. Aber es hatte wohl keinen Sinn, weiter darüber zu sprechen.
    »Nein, ich war nur in Gedanken«, wiegelte ich deshalb ab. Mir glaubte hier ja offenbar sowieso keiner.
    »Das ist sie in letzter Zeit öfter«, grinste Ole. »So wie gestern Abend: Da war Alex auf einmal total weggetreten und hat gar nicht gemerkt, dass ich mit ihr geredet hab.«
    Malte sah mich fragend an. »Muss ich mir Sorgen machen?«
    »Ach, Quatsch.«
    »Ich hab ja nüscht dagegen, wenn du in Tagträume abdriftest, solange du darüber deine Arbeit nicht vergisst«, brummte Dieter. »Und wir sind hier, um über Biolandwirtschaftzu berichten, nicht über die Mafia – auch wenn det wesentlich spektakulärer wäre«, fügte er hinzu.
    »Da pass ich schon auf«, meinte Malte und legte beschützend den Arm um mich. »Die Lexi macht das schon. Und außerdem kann es ja gut sein, dass auf einem der Agriturismi auch die Mafia ihre Finger im Spiel hat, wer weiß.« Er zwinkerte in die Runde, und so langsam wurde ich sauer, dass sich alle über mich lustig machten. Ich wollte gerade zum Protest ansetzen, in diesem Moment kam die Kellnerin mit der zweiten Runde caffè. Wir wechselten das Thema. Aber das seltsame Wiedersehen mit unserem Nachbarn ging mir noch eine Weile im Kopf herum.
     
Dieser Paolo hat irgendetwas zu verbergen , schrieb ich um halb sieben morgens an Charly, die ich über alles auf dem Laufenden hielt. Er hat irgendwie Är ger mit ein paar Mafiosi, glaube ich. Vielleicht ist er deswegen so verschlossen Fremden gegenüber. Ich werde auf jeden Fall versuchen, dahinterzukommen, was er verbirgt. Malte und den anderen habe ich nicht erzählt, dass es Paolo war, den ich heute in Messina gesehen habe. Die glauben mir sowieso nicht. Außerdem ist Malte unglaublich gereizt in diesen Tagen, ich erkenne ihn kaum wieder. Liegt wohl am Schnupfen.
     
     
    Um sieben musste ich beim Frühstück sein, denn wir wollten heute zeitig aufbrechen. Es war unser dritter Recherchetag. Am Wochenende würde der Rest der Crew zu uns stoßen, und dann musste alles so weit vorbereitet sein, dass wir direkt mit den Dreharbeiten beginnen könnten. Als wir am Abend ins Hotel zurückgekehrt waren, hatten Paolo, Giuseppe und Michele wie am Abend zuvor gemeinsam an der Bar gesessen. Ich hätte mich gern dazugesetzt, doch Malte wollte direkt ins Bett, und ich konnte ihm schlecht erzählen, dass mich die persönlichen Angelegenheiten eines italienischen Olivenbauern mehr interessierten als sein Schnarchen. Ja, Malte schnarchte. Und da seine Erkältung ein wenig nachgelassen hatte, hatten wir gemeinsam in meinem Zimmer geschlafen, was ich unter normalen Umständen genossen hätte: ein bisschen kuscheln, plaudern und den Tag Revue passieren lassen. Aber seit mein Freund den Fuß auf italienischen Boden gesetzt hatte, konnte man ihm nichts mehr

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