sie Paolo und mich entdeckte und stehenblieb. Das Team folgte ihrem Blick, und Maltes Gesicht verfinsterte sich merklich. Auch Simonas sonst so freundliches Gesicht wirkte mit einem Mal versteinert.
»Ciao«, grüßte Paolo, und ich fügte ein »Hallo« hinzu.
Simona setzte mit einem Ruck die Karaffen auf dem Tisch ab und verschwand im Haus. Paolo folgte ihr, und ich setzte mich zu den Kollegen an den Tisch. Malte musterte mich stirnrunzelnd.
»Nanu, wo kommst du denn her?«, fragte Ole.
»Ich war spazieren«, antwortete ich.
»Und wie wir alle gesehen haben, nicht allein«, sagte mein Freund spitz. »Ich dachte, du wolltest den ganzen Tag durcharbeiten.« Sein Ton klang sehr verärgert.
»Hab ich auch, also beinahe. Der Plan ist fertig, eure Kopien liegen drinnen, ich war eben früh fertig. Und dann bin ich ein bisschen spazierengegangen und hab unterwegs Paolo getroffen.«
»Was für ein Zufall«, spottete Malte. »Und wie siehst du überhaupt aus? Deine Hände sind ganz schmutzig und rissig! Und was ist mit deiner Hose passiert?« Malte zog an meinem Halstuch, so dass sich der Knoten öffnete und den Blick auf mein Bein freigab.
»Das ist nichts«, wehrte ich ab. »Ich bin über einen Zaun geklettert und hängengeblieben.«
»Und deine Hände?«
»Ich habe geholfen, Paolos Wagen abzuladen, dafür hat er mir den Weg zurück gezeigt, weil ich mich verlaufenhatte. Und überhaupt, warum muss ich mich hier rechtfertigen? Ihr wart ja so lange unterwegs, und die ganze Zeit allein hier rumzuhocken hatte ich eben auch keine Lust.« Ich verschränkte die Arme vor meiner Brust, um meinen Worten Nachdruck zu verleihen. Schließlich war ich kein kleines Kind, das sich abmelden musste, wenn es das Haus verließ.
Dieter räusperte sich. »Ick will mir ja nich einmischen, aber …«, setzte er an, doch Paula fiel ein: »Hinterlass doch einfach nächstes Mal einen Zettel, wo du bist, Alex, oder was du machst. Wir haben uns nämlich alle ein bisschen Sorgen gemacht, weil unser Küken plötzlich verschwunden war und nicht einmal unsere Wirte wussten, wo du bist.«
»Das ›Küken‹ verbitte ich mir, ich bin zwar die Jüngste hier, aber kein Kind mehr! Bitte, wenn es euch beruhigt, lasse ich euch nächstes Mal eine Nachricht da.«
»Was soll das heißen, ›das nächste Mal‹? Planst du schon deinen nächsten Alleingang?« Mein Freund wurde jetzt richtig pampig!
»Themawechsel!«, rief Ole und hob sein Glas. »Morgen gehen die Dreharbeiten los, das heißt, im Prinzip ist heute unser letzter ruhiger Abend. Und den wollen wir doch friedlich verbringen.«
Ich warf ihm einen dankbaren Blick zu und goss mir ein Glas Wein ein.
»Auf einen friedlichen Abend«, toastete ich, und die anderen stießen zustimmend an. Nur Malte schaute noch eine Weile finster drein, aber das war ja leider nichts Neues mehr.
Kapitel 8: INTENZIONE
From:
[email protected]To:
[email protected]Date: March 27th, 23:43h
Subject: Wie war’s?
Und? Wie war’s in Taormina? Wie ist Dein Drehplan angekommen? Und was macht der Mafioso vom Nachbarhof?
Greetzzz,
C.
From:
[email protected]To:
[email protected]Date: March 28th, 06:58h
Subject: Re: Wie war’s?
Liebste beste Freundin,
Du bist ersetzt worden. Es ist ja nicht meine Schuld, dass Du nicht hier sein kannst. So war ich gezwungen, mir Ersatz für Dich suchen. Und ich bin fündig geworden – ich hab hier eine Carla kennengelernt,die Dir unheimlich ähnlich ist. Nicht vom Äußeren her, aber sie ist witzig, will zum Film und hasst Langeweile – praktisch eine zweite Charly. Außerdem hat sie mir das Leben gerettet. Nicht im übertragenen Sinn, wie du damals, als du den notorischen Fremdgänger Sandro aus meinen Finya-Kontakten und somit aus meinem Leben gelöscht hast. Nein, Carla hat mich davor bewahrt, überfahren zu werden. Ich weiß auch nicht, warum ausgerechnet mir immer solche Dinge passieren. Jedenfalls will Carla zum Dank dafür ins Fernsehen, und denkt, dass ich sie da hineinbringen kann.
Hatte gestern übrigens Gelegenheit, diesen Paolo etwas näher kennenzulernen. Ich hatte mich »aus Versehen« auf seinen Hof verirrt, und nachdem mich sein Hund fast aufgefressen hätte, sind wir ins Gespräch gekommen und haben uns angefreundet. Na ja, angefreundet ist vielleicht ein bisschen viel gesagt – aber immerhin spricht er jetzt mit mir auf einer freundlichen Ebene, das ist ein Fortschritt.
Malte ist