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»Hoffentlich dauert die Beschaffung der neuen Ausrüstung nicht zu lange, sonst schickt uns Dieter am Ende noch nach Deutschland zurück, weil der Aufenthalt hier zu teuer wird«, malte Paula den Teufel an die Wand.
»Das glaube ich nicht«, sagte ich. »Die Hin-und-her-Fliegerei wäre doch viel teurer als die paar Tage Zimmermiete. Außerdem: Wenn wir bei der Arbeit auf dem Hof mit anpacken, wird es bestimmt etwas günstiger.« Ich hatte anfangs schon überlegt, ob ich Michele meine Dienste an der Bar anbieten sollte, weil meine Reisekasse durch den Tag in Taormina etwas zusammengeschrumpft war. Ich hatte mich nämlich von Carla zum Kauf eines superschönen Sommerkleides überreden lassen. Aber unsere Drehzeiten ließen überhaupt keinen Spielraum für einen Aushilfsjob.
Paula zweifelte meinen Vorschlag an. »Ich bin mir nicht sicher, ob sich die de Vivos auf so einen Handel einlassen. Davon abgesehen, hab ich eigentlich nicht so viel Lust auf Arbeit auf dem Bauernhof. Viel lieber würde ich, wenn wir schon mal in so einer schönen Gegend sind, die Zeit nutzen, um mir die Umgebung anzusehen, entweder zu Pferd oder mit den Bussen.«
»Du meinst mit dem Bus – der zweite ist ja nun erst mal weg.«
So planten wir noch eine Weile wahllos vor uns hinund wussten insgeheim doch, dass alles von Dieters Entscheidung abhinge.
Hoffentlich bricht er das Projekt nicht ganz ab!, schoss es mir durch den Sinn. Immerhin hatte er bis zum heutigen Tag nur wenig Begeisterung für das Thema gezeigt. Durch die ganze Hektik um die gestohlene Ausrüstung hatte ich total vergessen, weshalb ich unbedingt noch einmal in das Eiscafé zurückwollte: Ich wusste ja immer noch nicht, vor was für einem Gebäude sich Paolo mit den mutmaßlichen Mafiosi gestritten hatte. Ich verabschiedete mich daher von Paula, die am Wein Gefallen gefunden hatte und noch eine Weile an der Bar bleiben wollte, rauchte noch schnell eine Zigarette in der Abendluft und zog mich dann auf unser Zimmer zurück. Dort warf ich den Laptop an und sah im Internetwörterbuch nach. Ich stieß unter »ufficio tecnico comunale« auf »Bauamt«.
Das klang zunächst einmal unspektakulär. Paolo war also im Bauamt von Messina gewesen und hatte sich anschließend mit Beamten gestritten, die einfach nur aussahen wie Mafiosi? Oder was hatte es zu bedeuten? Wollte Paolo etwa bauen und durfte nicht? Soweit ich wusste, standen auf seinem Hof nur ein alter Schuppen, ein Geflügelstall und das Haupthaus, in dem er selbst wohnte. Was könnte er zusätzlich bauen wollen? Und warum sollte jemand anderes das nicht wollen? Das ergab wenig Sinn. Außerdem waren mir die Männer, mit denen er gestritten hatte, trotz ihrer Anzüge eigentlich nicht gerade wie Beamte oder Architekten vorgekommen. Alles etwas undurchsichtig, wahrscheinlich war es am einfachsten,ich würde Paolo selbst fragen, was er für Probleme hatte.
Ich checkte meine E-Mails. Nichts, keine Antwort aus dem Kontrolleursbüro und nicht einmal eine Nachricht von Charly. Das war ungewöhnlich, aber vielleicht war sie ausgegangen? Studenten trieben sich ja immer im Nachtleben rum, egal, ob es mitten in der Woche oder Wochenende war.
From:
[email protected]To:
[email protected]Date: March 29th, 22:46h
Subject: Die Welt ist schlecht
Charly,
ich brauche Trost, hier läuft alles schief. Wir wurden bestohlen – der Bus mit der Ausrüstung ist weg. Ich glaube, Dieter gibt Malte die Schuld daran, weil der den Wagen geparkt hatte. Das ist natürlich Blödsinn, aber du kannst dir vorstellen, was Malte nun für eine Laune hat. Sehe meine Träume zerplatzen wie Seifenblasen. Lass von dir hören, ich vermisse dich!
A.
Und was sollte ich nun machen, wieder runter an die Bar gehen? Eigentlich hatte ich keine Lust, mich von der schlechten Stimmung noch weiter runterziehen zu lassen, außerdem hatte ich den anderen ja gesagt, dass ich müde sei. So ging ich pflichtbewusst schlafen. Morgen war ja auch noch ein Tag und laut Onlinewetterbericht sogar einbesonders schöner. Sicherlich würde sich dann klären, wann wir das neue Equipment hätten, oder vielleicht fanden die hilfsbereiten – echten! – sizilianischen Polizisten ja sogar unseren Bus wieder.
Mit einem verhaltenen Lächeln auf den Lippen schlief ich ein.
Doch ich hatte mich geirrt, die Kette schlechter Nachrichten riss einfach nicht ab. Am nächsten Morgen saß ich gerade über meinem Frühstückscappuccino und stippte