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Amputiert

Amputiert

Titel: Amputiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gord Rollo
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332 und befand sich auf halbem Weg den Flur hinab. Es entpuppte sich als verschwenderische Suite, die den Prunk des Four Seasons übertraf, wo Blue J und ich diese Woche eine Nacht verbracht hatten. Auch wenn das Zimmer nur halb so groß wie jenes von Andrew war, da ich aber daran gewöhnt war, in einem Müllcontainer zu schlafen, übertraf es bei Weitem, was ich gebraucht hätte. Ich streckte mich auf dem Bett aus, schaltete die Flimmerkiste ein und ließ mich eine Weile vom Programm berieseln, um all die Aufregung etwas abzubauen. Angesichts all der Informationen, die mir im Kopf herumschwirrten, hätte ich nicht gedacht, mich entspannen zu können, doch innerhalb weniger Minuten fielen mir die Lider zu. Ich kämpfte nicht dagegen an und versank in einem Nachmittagsnickerchen.
    Als ich erwachte, war es bereits 18 Uhr 11, was mich überraschte. Trotzdem blieb noch genug Zeit für ein angenehm heißes Bad, bevor ich nach unten in den Speisesaal ging. Ich war der letzte Gast, der aufkreuzte. Es waren zwölf Männer und Frauen anwesend, die ich noch nicht kennengelernt hatte und die wahrscheinlich zum Personal gehörten. Sie aßen an einem anderen Tisch auf der gegenüberliegenden Seite des Raums. Bei uns saßen Dr. Marshall und Drake.
    Das Abendessen war herrlich. Wir hatten Meeresfrüchtesuppe und anschließend entweder Pasta Primavera mit Hühnerfiletstreifen oder Schweinekoteletts mit Apfelsoße. Nimmersatt, der ich bin, aß ich beides. Außerdem trank ich den Großteil einer Flasche teuren Rotweins. Es schien niemanden zu stören. Ich schätze, es war Zeit zu essen, zu trinken und zu feiern.
    Nach dem Essen hob Dr. Marshall sein Glas zu einem Trinkspruch. »Auf meine neuen Freunde«, sagte er. »Gemeinsam werden wir Geschichte schreiben.«
    Um den Tisch ertönten Gelächter und Jubel; dann fügte Dr. Marshall etwas hinzu, das uns noch lauter jubeln ließ. »Für heute bleibt nur mehr eins zu tun: Wir müssen einen Vertrag miteinander unterzeichnen. Ist jemand daran interessiert, reich zu werden? Ja? Dann lassen Sie uns Millionäre aus Ihnen machen. Wie hört sich das an?«
    Für mich verdammt gut.
    Ich folgte Drake und seinem Boss aus dem Speisesaal zurück zu der Rezeption mit der Glaskuppel.
    Eine ältere Sekretärin mit runzliger Stirn und zu einem engen Dutt hochgestecktem Haar teilte Vertragsformulare in dreifacher Ausfertigung aus, und wir unterschrieben sie, nachdem wir den Inhalt überflogen hatten. Für mich sah alles in Ordnung aus, aber ich schätze, zu dem Zeitpunkt vertraute ich dem Doktor bereits.
    Nachdem die Sekretärin mit den eingesammelten Dokumenten gegangen war, ließ Drake uns nacheinander neben sich vor einem Faxgerät sitzen. Am Telefon sprach er mit einem Mitarbeiter der First National Bank auf den Caymaninseln. Grand Cayman galt als beliebte Wahl für Leute, die größere Beträge auf ein Konto außerhalb des Landes überweisen wollten. Das strenge Bankgeheimnis dort gestaltete es für Außenstehende – wie beispielsweise die Finanzbehörde der Vereinigten Staaten – praktisch unmöglich, die Nase in die Konten zu stecken und Fragen zu stellen. Dr. Marshall hatte die Konten bereits zuvor eingerichtet, und Drake gab die letzten Informationen weiter, um sie in unseren Namen zu aktivieren. Das Faxgerät begann, eine Bestätigung darüber auszuspucken, dass ich nunmehr Besitzer eines Bankkontos mit dem beeindruckenden Kontostand von $ 2.000.000 war.
    Ich hielt das Dokument in zittrigen Händen und las es viermal durch, um mich zu vergewissern, dass es tatsächlich so viele Nullen aufwies, wie ich dachte. Ich konnte es nicht glauben. Noch am Vortag war ich ein mittelloser Verlierer gewesen, der auf der Straße lebte – und nun mit einem Schlag mehrfacher Millionär.
    Nachdem der Letzte von uns seine Bestätigung erhalten hatte, kehrten wir in den Speisesaal zurück und feierten ausgelassen. Dr. Marshall und Drake ließen uns dabei allein, und bald waren wir sturzbesoffen und jauchzten aus voller Kehle. Wenn es etwas gibt, worin Obdachlose gut sind, dann feiern, als gäbe es kein Morgen, vor allem, wenn jemand anders die Rechnung für den Schnaps übernimmt.
    Als ich die Party verließ, war sie noch voll im Gange, und Rotbart hatte zu singen angefangen. Was grausam war, wie ich hinzufügen möchte. Da wusste ich, dass ich genug hatte. Es muss gegen elf Uhr gewesen sein, als ich die Treppe hinaufwankte, um schlafen zu gehen. Zum Glück hatte man meinen Namen an der Tür angebracht, denn an

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