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Amputiert

Amputiert

Titel: Amputiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gord Rollo
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dass du dich nicht so bald davonschleichst. Und weißt du, das beruhigt mich.«
    »Du kannst mich nicht hier lassen«, kreischte ich.
    »Na, dann pass mal auf«, erwiderte er, zog die Halogenlampe zurück und schloss langsam die Metalltür.
    Ich hörte weder, wie Drake das Schloss an der Tür wieder anbrachte, noch wie er und die anderen Wachleute lachten, als sie davongingen. Wahrscheinlich hätte ich es gehört, nur war ich im Augenblick zu sehr damit beschäftigt, zu schreien.

Kapitel 15
    Ein viel klügerer Mann als ich hat einmal gesagt: »Was uns nicht umbringt, macht uns nur härter.« Ich wünschte, ich könnte diesen Kerl finden und ihm direkt in die Fresse schlagen. Was wusste der schon? Man sollte ihn mal zwingen, eine Nacht in einem Haufen verwesenden menschlichen Abfalls zu verbringen – mal sehen, ob er dann immer noch den gleichen Bockmist von sich geben würde. Ich bezweifle es stark.
    Lange, nachdem Drake und seine Leute abgezogen waren und es mir irgendwie gelungen war, zu brüllen aufzuhören, wurde der Gestank des toten Fleisches zu viel für mich. Zuvor hatte meine Unwissenheit dazu beigetragen, meinen Magen ruhig zu halten, aber sobald ich genau wusste, was ich einatmete, gab es kein Halten mehr. Mann, ich explodierte förmlich. Ich kotzte, kotzte und dann kotzte ich noch etwas mehr – der Geruch meines Erbrochenen war im Vergleich zu dem unerträglichen Gestank rings um mich geradezu herrlich.
    Als mein Magen nichts mehr hatte, was er von sich geben konnte, verbannte ich alles aus meinem Verstand und begann, alles in meiner Reichweite aufeinanderzustapeln, um in der Mitte der Verbrennungsanlage einen hohen Haufen zu bauen, damit ich hinaufklettern und die Ausstiegsluke erreichen konnte. Ich war extrem dankbar, dass ich mich wieder im Dunklen befand und nicht sehen konnte, was ich ergriff. Ich bezweifle, dass ich in der Lage gewesen wäre, etwas anzufassen, wäre das Licht eingeschaltet gewesen.
    Es stellte sich als dumme Zeitverschwendung heraus. Die Luke war natürlich verriegelt, was ich gewusst hatte, und somit hatte ich nur erreicht, dass ich über und über voll klebrigem, schwarzem Blut war. Na ja, es war nicht völlig umsonst gewesen. Zumindest hatte mir der Versuch, irgendetwas zu tun, dabei geholfen, meine Gedanken zu ordnen und sie auf etwas Konstruktives zu lenken, statt mich weiter in Elend zu suhlen. Ich verbrachte noch etwas Zeit damit, nach einem anderen Ausweg zu suchen, erkannte jedoch bald, dass ich nirgendwohin gehen würde, bis Drake zurückkam.
    Letztlich schlief ich mit Unterbrechungen, aber ich würde nicht sagen, dass ich Ruhe fand. Nur eine Reihe von Nickerchen, verursacht von Erschöpfung und Stress. Dabei rollte ich mich ein wie ein Embryo und versuchte, nichts Weiches und Matschiges zu berühren. Es war eine fürchterliche, eine grauenhafte Nacht. Ich weiß ehrlich nicht, wie es mir gelang, sie zu überstehen und geistig gesund zu bleiben.
    Aber das blieb ich.
    Scheiß auf Drake und scheiß auf Nathan Marshall – so einfach würde ich mich von ihnen nicht brechen lassen. Als ich am Morgen durch das Geräusch von sich nähernden Schritten erwachte, sprang ich auf die Beine und achtete darauf, aufrecht zu stehen, als Drake seinen großen, hässlichen Schädel durch die geöffnete Schiebetür hereinstreckte.
    Falls ihm meine mitleiderregende Demonstration von Trotz überhaupt auffiel, ließ er es sich nicht anmerken und fragte: »Gut geschlafen?«
    »Leck mich!«, zischte ich zurück. Von meinen Lippen sprühten praktisch Gift und Galle, aber Drake lachte nur.
    »Schlechte Laune, Mike? Vielleicht sollte ich morgen wiederkommen. Mal sehen, wie du dich dann fühlst.«
    Drake begann, die Luke zu schließen, und natürlich gab ich mich geschlagen. »Nein! Warte!«, quiekte ich. Meine Tapferkeit verpuffte unter der Bedrohung, einen weiteren Tag an diesem albtraumhaften Ort zu verbringen. Sofort öffnete sich die Luke wieder, und an dem Grinsen in Drakes Gesicht konnte ich ablesen, dass er nicht die Absicht hatte, mich hier unten zu lassen. Er hatte mich lediglich in die Schranken weisen und mir vor Augen führen wollen, dass er das Sagen hatte.
    Er ließ eine dreieinhalb Meter lange Aluminiumleiter zu mir herab. Nur die Hälfte davon musste durch die Öffnung, bevor sie auf den Hügel aus Fleisch und Knochen stieß, den ich im Verlauf der Nacht aufgetürmt hatte.
    »Zieh die Kleider aus und lass sie fallen. Alles, Mike. Mit diesen dreckigen, stinkenden Fetzen kommst du da

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