Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers
haben. Aber das ist unwahrscheinlich. Die Bereitschaftspolizei hat den ganzen Nachmittag über den Recht Boomssloot patrouilliert. Die Männer hätten etwas bemerkt, nicht wahr?»
«Das ist Ihr Problem, wie mir scheint», sagte der Arzt. «Ich habe nur eine Leiche mit zerschmettertem Gesicht vorgefunden. Vielleicht wurde er mit einem Hammer erschlagen von jemand, der wie ein Verrückter herumgesprungen ist und immer wieder zugeschlagen hat. Wie wäre das? »
Er sah den Fingerabdruckexperten an. Der schüttelte den Kopf.
«Nein?» fragte der Commissaris.
«Ich weiß nicht», sagte der Fingerabdruckexperte, «aber ich habe seltsame Markierungen gefunden. Auf der Fensterbank war Blut, nicht viel, eigentlich nur Spuren von Blut. Aber es befand sich auch Blut an der Wand über dem Fenster, kleine Abdrücke eines runden Gegenstands, wie der Arzt sagte. Rund. Also muß der Verrückte auch auf die Wand eingeschlagen haben und auf die Fensterbank. Mit einem Hammer mit rundem Kopf. Auf den Fußbodenbrettern waren ebenfalls Abdrücke.»
«Tja», sagte de Gier.
«Wie bitte?» fragte der Commissaris.
«Nein», sagte de Gier, «kein Hammer. Aber ich weiß nicht, was es sonst sein könnte.»
«Ein Ball», sagte Grijpstra. «Ein kleiner Ball, der umhersprang. Elastisch – wie ein Gummiball.»
«Gespickt mit Stacheln», sagte der Fingerabdruckexperte. «Das würde die Abdrücke erklären. Ich hab sie fotografiert und werde die Vergrößerungen morgen haben. Da waren Spuren, Gruppen roter Punkte. Sagen wir mal, man hämmert in einen Gummiball eine Menge Nägel, deren Spitzen leicht herausstehen. Wir können ja den Versuch machen. Dabei wird noch soviel frei gelassen, daß der Ball seine Elastizität behält und zurückspringt.»
«Aber dann wären es eine Menge Bälle gewesen, nicht wahr?» fragte der Commissaris. «Ein Ball hätte nicht soviel anrichten können, also müßte jemand sie vom Dach des Hausboots aus schleudern, einen nach dem andern in der Annahme, Abe steht am Fenster und kriegt sie alle mitten ins Gesicht. Und wir haben nichts gefunden. Oder ist mir etwas entgangen?»
«Nein, Mijnheer», sagte Grijpstra. «Im Zimmer waren keine Bälle.»
«Verrückt», sagte de Gier. «Ich glaube kein Wort davon. Bälle? Ha! Jemand war dort, direkt im Zimmer, er hat auf ihn eingeschlagen und immer wieder eingeschlagen. Der erste Schlag hat Abe umgeworfen, und der Mörder konnte nicht aufhören. Er muß von Sinnen gewesen sein. Irgendeine Waffe mit Stacheln. Ein Morgenstern.»
«Ja», sagte der Commissaris nachdenklich, «ein Morgenstern. Eine mittelalterliche Waffe, eine Metallkugel an einem kurzen Stiel, und die Kugel hat Stacheln. Manchmal ist die Kugel mit einer kurzen Kette am Stiel befestigt. Das würde auch die Spuren an der Wand und auf dem Fensterbrett erklären, so eine Waffe hatte eine große Reichweite. Der Mörder hat sie geschwungen und mit dem Rückwärtsschwung die Wand getroffen. Was meinen Sie, Doktor?»
Der Arzt nickte.
«Dann ist der Mörder gegangen und hat die Waffe mitgenommen. Niemand hat ihn gesehen oder gehört. Die Unruhen auf dem Nieuwmarkt könnten den Lärm übertönt haben.»
«Seine Schwester hat nichts gehört», sagte de Gier. «Sie ist sowohl oben als auch in der Küche gewesen. Und der junge Mann ist ebenfalls oben gewesen.»
«Einer von beiden könnte es getan haben», sagte Grijpstra.
«Beide haben einen Vorteil von dem Tod», sagte der Commissaris. « Seine Schwester erbt, und der junge Mann glaubt vielleicht, er könne das Geschäft übernehmen. Und wir dürfen annehmen, daß es Mord war, denn es scheint eine gewisse Planung dabeigewesen zu sein. Der Lärm durch die Unruhen könnte einkalkuliert gewesen sein. Und die Waffe ist wirklich ungewöhnlich.»
«Nicht unbedingt», sagte Grijpstra. «Ein Morgenstern könnte als Dekoration an der Wand gehangen haben. Jemand geriet in Wut, griff danach und …»
«Ja, ja», sagte der Commissaris. «Wir werden es feststellen müssen, aber ich möchte jetzt nicht wieder hingehen. Morgen. Du oder de Gier oder ihr beide zusammen. Es gibt viele Verdächtige. Diese Straßenhändler leben außerhalb des Gesetzes. Sie zahlen nicht viel Steuern, Umsatz- oder Einkommensteuern. Sie haben immer mehr Geld, als sie belegen können, entweder in einer Dose oder unter der Matratze versteckt oder unter einem losen Brett. Wir haben es vielleicht mit bewaffnetem Raub zu tun.»
«Oder ein Freund hat es bei ihm versucht», sagte de Gier. «Seine Schwester
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