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Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers

Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers

Titel: Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janwillem Van De Wetering
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auffällig. De Gier ging gemächlich, wachsam, weil sie sich dem Nieuwmarkt näherten und auf Schwierigkeiten stoßen könnten, aber die Gracht war ein toter Arm, ihr Wasser plätscherte sanft gegen uralte, zerfallende Ufermauern und ernährte noch mehr Enten, schlafende Federhäufchen, die gelegentlich ein freundliches Quaken ausstießen. De Gier erinnerte sich, irgendwo gelesen zu haben, daß Enten rund zwölf Stunden oder mehr täglich im Traum verbringen, und er beneidete sie um diese Fähigkeit, einen Zustand, der dem Schlaf des Menschen im Bett vorzuziehen ist. Er versuchte sich vorzustellen, wie es wäre, eine dösende Ente zu sein und in einem der vielen Häfen oder den Grachten der Stadt auf und ab zu dümpeln, als der Commissaris stehen blieb und auf ein kleines Hausboot zeigte.
    «Das habe ich gesucht», flüsterte der Commissaris. «Wir werden hineingehen, und ich möchte, daß du dich zusammennimmst. Auf dem Boot wohnt eine eigenartige Frau, aber sie ist eine meiner alten Freundinnen, und sie könnte uns vielleicht nützlich sein. Vielleicht schockiert sie dich, aber lach nicht und mach keine Bemerkungen, was sie auch sagen oder tun mag. Sie wird uns nichts nützen, wenn wir sie verstören.»
    «Ja, Mijnheer», flüsterte de Gier, eingeschüchtert durch die unerwartete Warnung. Es war gar nicht nötig zu flüstern, das Hausboot war noch zehn Meter entfernt.
    De Gier wartete am Ufer, als der Commissaris über den kurzen Steg ging, auf dem schmalen Bootsrand stand und an die Tür klopfte. Das Hausboot sah hübsch aus, frisch gestrichen, die Fenster mit rotweißkarierten Vorhängen dekoriert, in der Mitte gerafft und seitlich hochgehalten durch spitzenbesetzte Litzen und die den Geranien in delf tblauen Porzellantöpfen einen passenden Rahmen gaben. Die liebevolle Sorgfalt erstreckte sich nicht nur auf das Boot selbst, sondern auch auf das Ufer. Beiderseits des Stegs befand sich ein von einer niedrigen Ligusterhecke eingefaßter Miniatursteingarten, dem Straßenpflaster entnommene aufgehäufte Kopfsteine, überwachsen von Kriechpflanzen, die dem zarten orangefarbenen Goldregen huldigten, dem Mittelpunkt des Arrangements. Der ganze Garten war nicht größer als rund eineinhalb Quadratmeter, aber de Gier, selbst ein hingebungsvoller Balkongärtner, war beeindruckt und nahm sich vor, die Stelle später wieder aufzusuchen, vielleicht nur, um dort zu stehen und zu betrachten, oder vielleicht, um zu sehen, ob ihn die Kunst des Gestalters inspirieren würde, bei seinen Blumenkästen etwas einfallsreicher als bisher zu sein.
    «Wer ist da?» fragte eine dunkle Stimme von innen.
    «Ich bin’s, Elisabeth», rief der Commissaris. «Mit einem Freund.»
    «Commissaris!» rief die Stimme glücklich. «Komm rein! Die Tür ist auf.»
    De Gier hatte runde Augen, als er die schwere Hand der Dame schüttelte. Sie war alt, über siebzig, schätzte er, und sie trug ein bis auf den Boden reichendes schwarzes Kleid. Am Ledergürtel, der ihren massigen Bauch umschloß, hing an Riemchen ein besticktes Täschchen mit einem Griff aus reinem Silber. Graues Haar fiel ihr bis auf die Schultern, auf dem großen Kopf trug sie eine Strickmütze.
    «Brigadier de Gier», sagte der Commissaris, «mein Assistent.»
    «Willkommen, Brigadier», sagte Elisabeth und kicherte. «Wie ich sehe, schauen Sie auf meine Mütze. Sie sieht komisch aus, nicht wahr? Aber hier zieht’s, und ich will mir nicht noch eine Erkältung holen. Ich hatte dies Jahr schon zwei. Setzt euch, setzt euch. Soll ich Kaffee machen oder wollt ihr lieber etwas Stärkeres? Ich habe noch eine halbe Flasche mit roten Johannisbeeren aufgesetzten Genever für Besucher, aber der ist euch vielleicht zu süß. Wie nett, Besuch zu bekommen! Bei dieser ganzen Aufregung auf dem Nieuwmarkt kann ich meinen Abendspaziergang nicht machen, und ich habe soeben zu Tabby gesagt, daß es heute abend nichts im Fernsehen gibt, und er langweilt sich, wenn er nur mit mir so herumsitzt, nicht wahr, Tabby?»
    Tabby saß auf dem Fußboden und schaute de Gier mit seinen großen Schlitzaugen an, die gelb und boshaft waren. De Gier hockte sich nieder und kraulte den Kater hinter den Ohren. Tabby fing sofort an zu schnurren und ahmte das Geräusch eines Außenbordmotors nach. Er war doppelt so groß wie eine normale Katze und mußte zwischen fünfundzwanzig und dreißig Pfund wiegen.
    Elisabeth ließ ihren massigen Leib auf einen Schaukelstuhl sinken und schlug sich auf die Schenkel. «Hier, Tabby.» Der

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