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Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers

Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers

Titel: Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janwillem Van De Wetering
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Kaffee.
    «Danke», sagte der Commissaris und wischte sich mit der Hand über den Mund. «Wir werden jetzt gehen. Sie haben uns sehr geholfen, Nellie.»
    «Jederzeit wieder», sagte Nellie freundlich, «nur nicht, wenn ich Kunden habe.»
    «Wir werden Sie nicht belästigen. Grijpstra, würdest du dich mal in der Straße umhören? Vielleicht hat einer der Nachbarn etwas gesehen. De Gier! »
    «Mijnheer.»
    «Du kommst mit mir. Ich habe heute abend noch einen Besuch zu machen. Ich sollte eigentlich Grijpstra mitnehmen, aber du mußt noch mehr lernen.»
    Sie gaben Nellie die Hand und marschierten hinaus. De Gier war der letzte.
    «Du bist herrlich», sagte de Gier schnell. «Ich würde gern abends mal wiederkommen.»
    «Hundertfünfundsiebzig Gulden», sagte Nellie mit kühlem und verschlossenem Gesicht. «Das ist für die Bedienung oben ohne, und wenn du mehr willst, dann das gleiche noch einmal für die zweite Flasche Champagner.»
    «Dreihundertfünfzig Gulden?» flüsterte de Gier ungläubig.
    «Na klar.»
    Er machte die Tür hinter sich zu. Der Commissaris wartete auf ihn, aber in einiger Entfernung. Grijpstra war näher.
    «Hast du’s versucht?» fragte Grijpstra.
    «Ja.»
    «Glück gehabt?»
    «Dreihundertfünfzig Gulden.»
    Grijpstra stieß einen Pfiff aus.
    «Was ist los mit der Frau?» fragte de Gier grimmig.
    Grijpstra grinste.
    «Na?»
    «Ihr Mann war hübsch. So groß wie du. Dichtes, lockiges Haar und Luftwaffenschnurrbart. Er hätte dein Bruder gewesen sein können. Er hat sich die Bar für sie ausgedacht und von ihrem Gewinn gelebt. Bis er eines Abends erstochen wurde von einem kanadischen Seemann, der den Genever nicht gewöhnt war.»
    «De Gier», rief der Commissaris.
    «Ich komme, Mijnheer.»
5
    Der plötzliche Übergang schockierte de Gier, so daß er bewußt seine Umgebung zu registrieren begann. Die kleine Bar hatte ihn- trotz ihrer geschmacklosen Einrichtung – irgendwie geschützt, und die üppigweibliche Ausstrahlung der Wirtin hatte ihn gleichzeitig beruhigt und erregt, aber jetzt war er wieder draußen, ausgesetzt dem Lärm der Schreie und dumpfen Schläge, der aufheulenden Motoren auf dem Nieuwmarkt und dem klagenden Jammern der Ambulanzen, die böse zugerichtete Leiber in die Krankenhäuser brachten und wieder zurückrasten. Der Tumult war weit weg, und ein halber Kilometer massiver Gebäude, Giebel- und Lagerhäuser, einiger Kirchen und Türme schirmten ihn von der unmittelbaren Gewalt ab, aber die Drohung des Konflikts war überall. Seine Furcht überraschte ihn, denn er hatte Gewalt bisher noch nicht verabscheut, und er war gewiß noch nie vor einer Schlägerei davongelaufen – warum sollte er jetzt also froh sein, nicht dabei zu sein? Auf dem Nieuwmarkt gäbe es viele Möglichkeiten, seine Judowürfe anzuwenden, Angriffen auszuweichen und die Gegner durch ihr eigenes Gewicht und ihre Kraft zu Fall zu bringen.
    Vielleicht war es die Gewalttätigkeit, die in der Luft lag und ihn entnervte. Der Recht Boomssloot war ruhig genug, bewacht von Polizisten in Lederjacken, immer zu zweit, die auf und ab schlenderten und den Commissaris respektvoll grüßten, indem sie salutierten oder den langen Schlagstock hoben. Die Ulmen waren schwer und friedvoll, das frische Laub beleuchtet durch die Straßenlaternen. Die Enten schwammen im Schlaf langsam herum, vorwärtsgetrieben von unbewußten Bewegungen ihrer Füße, weit weg von fliegenden Ziegeln und menschlichen Gestalten, die ins kalte, schmutzige Wasser gesprungen waren, um den angreifenden Polizisten und den unbarmherzig anrollenden Last- und Streifenwagen der Polizei zu entkommen – was in den Wasserstraßen näher am Nieuwmarkt an diesem Abend häufig vorkam.
    Grijpstra war abmarschiert, der Arzt und der Fingerabdruckexperte befanden sich bereits auf der Barkasse. Der leicht hinkende Commissaris war hundert Meter voraus, als de Gier endlich die verwirrenden Gedanken von sich abschüttelte. Er spurtete los und holte den Commissaris ein, der den Brigadier anerkennend anschaute.
    «Hübsch», sagte der Commissaris.
    «Was ist hübsch, Mijnheer?»
    «Wie du rennst. Wenn ich laufe, geht mir die Luft aus und machen sich die Nerven in meinen Beinen bemerkbar.» Er sah auf seine Uhr. «Zehn Uhr, bis jetzt haben wir noch nicht viel Zeit verschwendet.»
    Der Commissaris bog in eine enge Gasse ein, die zu einer anderen Gracht führte. Sie überquerten eine schmale Fußgängerbrücke. Der Commissaris schritt jetzt munter aus, sein Hinken war weniger

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