Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers
Privatsphäre nicht übel, Juffrouw, aber …»
«Nein, Commissaris», sagte Esther. «Ich werde Sie erwarten.»
Die Atmosphäre auf der Straße war noch immer unheimlich. Auf dem nahegelegenen Platz heulte eine Sirene. Ein neuer Zug Bereitschaftspolizisten kam auf der schmalen Uferstraße heranmarschiert. Zwei Barkassen der Wasserschutzpolizei, auf den Vordecks ausstiegsbereite Konstabels in Lederjacken, manövrierten vorsichtig zwischen vertäuten Hausbooten und der Barkasse, die darauf wartete, Abe Rogges Leiche an Bord zu nehmen.
Ein völlig erschöpfter junger Mann wurde auf der anderen Seite der Gracht über den Haufen gerannt. Behandschuhte Hände griffen nach seinen Handgelenken, und die Kriminalbeamten hörten das Klicken der Handschellen und den keuchenden Atem des Mannes.
«Wohin, Mijnheer?» fragte Grijpstra.
Der Commissaris beobachtete die Festnahme. «Hm?»
«Wohin jetzt, Mijnheer?»
«Irgendwohin, wo es ruhig ist, in eine Kneipe, ein Café. Geht ihr schon los und sucht etwas. Ich werde noch mal ins Haus gehen. Wenn ihr etwas Gutes gefunden habt, könnt ihr bei Rogges anrufen. Die Nummer wird im Telefonbuch stehen. Schrecklich, nicht wahr?»
«Was, Mijnheer?»
«Diese Menschenjagd da. Diese Unruhen fördern bei allen das Schlimmste zutage.»
«Die haben ihn nicht mißhandelt, Mijnheer, sondern nur festgenommen. Der Mann hat vermutlich auf dem Platz einen Polizisten verletzt. Sonst hätten sie sich nicht soviel Mühe gemacht, ihn zu schnappen.»
«Ich weiß, ich weiß», sagte der Commissaris, «aber es ist erniedrigend. Ich habe gesehen, wie man während des Krieges Menschen so gejagt hat.»
Grijpstra hatte es ebenfalls gesehen, aber er sagte nichts.
«Also gut, geht jetzt.»
«Mijnheer», sagte Grijpstra und tippte de Gier auf die Schulter.
«Wohin also?» fragte de Gier. «Kennst du hier was? Die Kneipen werden alle geschlossen sein, und ich würde auch nicht gern ausgerechnet in dieser Gegend eine Polizeibesprechung abhalten.»
Grijpstra starrte auf die Polizisten auf der anderen Seite des Wassers.
Sie marschierten mit ihrem Gefangenen zu einer Barkasse der Wasserschutzpolizei. Der Gefangene wehrte sich nicht. Drei Männer, die einen Spaziergang machen.
«He.»
«Ja», sagte Grijpstra. «Mir fällt nur Nellies Bar ein. Dort wird geschlossen sein, aber sie wird öffnen, wenn sie da ist.»
«Kenne ich nicht.»
«Natürlich nicht.»
Zusammen lasen sie die Schrift auf dem Schild. Sie lautete: «Wenn ich nach dem Klingeln nicht komme, schlag nicht an die Tür, weil ich nicht da bin.» Sie lasen es dreimal.
«Was für ein Unsinn», sagte de Gier schließlich. «Wenn sie nicht hier ist, wird es ihr nichts ausmachen, daß wir an die Tür hämmern.»
Grijpstra klingelte. Niemand kam. Er schlug gegen die Tür. Im ersten Stock wurde ein Fenster geöffnet.
«Verpißt euch. Wollt ihr ’n Eimer Spülwasser aufn Pelz kriegen?»
«Nellie», rief Grijpstra, «ich bin’s.»
Das Fenster wurde geschlossen, sie hören Schritte.
«Ach, du bist’s», sagte Nellie. «Wie nett. Und mit einem Freund. Prima. Kommt rein.»
Die Lampen wurden eingeschaltet, sie befanden sich in einer kleinen Bar. Die einzige Farbe schien Rosa zu sein. Rosa Vorhänge, rosa Tapeten, rosa Lampenschirme. Nellie war ebenfalls rosa, besonders ihre Brüste. De Gier starrte Nellies Brüste an.
«Gefallen sie dir, Schätzchen?»
«Ja», sagte de Gier.
«Setz dich und trink was. Wenn du mir eine Flasche Champagner ausgibst, bediene ich dich oben ohne.»
«Was kostet eine Flasche Champagner?»
«Hundertfünfundsiebzig Gulden.»
«Ich bin Polizist», sagte de Gier.
«Das weiß ich, Schätzchen, aber auch Polizisten zahlen hundertfünfundsiebzig Gulden. Ich hasse Korruption.»
«Kommen jemals Polizisten zu dir?»
Nellie lächelte zurückhaltend und sah Grijpstra an.
«Du?» fragte de Gier.
«Gelegentlich», sagte Grijpstra, «aber ich zahle nicht. Nellie ist eine alte Freundin.»
«Und du kriegst Oben-ohne-Bedienung?»
«Selbstverständlich», sagte Nellie munter. «Was möchtet ihr? Es ist noch etwas früh, aber ich werde euch einen Cocktail mixen. Pur schenke ich nichts aus.»
«Nein, danke, Nellie», sagte Grijpstra. «Wir möchten deine Bar gern für etwa eine Stunde benutzen. Unser Commissaris wünscht für eine Besprechung einen ruhigen Ort; es werden auch noch andere kommen. Hast du was dagegen?»
«Selbstverständlich nicht, mein Lieber.» Nellie lächelte, beugte sich über die Bar und zerzauste
Weitere Kostenlose Bücher