Amsterdam-Cops 04 - Tod eines Strassenhaendlers
Grijpstras Haare. Die Brüste waren de Gier jetzt sehr nahe, seine Hände zuckten. «Die Bar ist heute abend sowieso geschlossen», sagte Nellie mit singender Stimme. «Diese verdammten Unruhen sind schlecht fürs Geschäft. Ich hab seit zwei Tagen keinen Kunden mehr gesehen, und meine Schlepper bringen keinen durch die Straßensperren.»
Ihr Mund verzog sich zu einem Knurren. «Nicht etwa, daß ich in diesen Tagen Kunden begrüßen würde, nicht bei dieser gespannten Lage.»
«Und dennoch ziehst du dich so an?» fragte Grijpstra und starrte.
Nellie kicherte. «Nein. Ich trage Jeans und Pullover wie andere, aber ich will nicht, daß Grijpstra mich so sieht. Er ist an mich gewöhnt wie ich jetzt bin, deshalb habe ich ein Kleid übergeworfen.»
«Auweia», sagte de Gier.
Nellie tätschelte ihre Brüste. «Die haben mich mal disqualifiziert in einem Wettbewerb für die Miss Holland. Ich hätte zuviel, sagten sie. Aber sie sind gut fürs Geschäft.»
«Hast du eine Lizenz für diesen Laden?» fragte de Gier.
Ihr Gesicht verdunkelte sich. «Ich dachte, du bist ein Freund.»
«Ich bin nur neugierig.»
«Nein, ich hab keine Lizenz. Das ist keine richtige Bar. Dies ist hier privat. Ich bewirte hier jeweils nur einen oder zwei Gäste. Die Schlepper bringen sie mir.»
Prostitution, dachte de Gier, offene Prostitution. Er wußte, daß es Bars wie die von Nellie gab, aber er war noch nie auf eine gestoßen. Grijpstra wohl, aber er hatte ihm nichts gesagt. Er sah Grijpstra an, und der grinste. De Gier zog die Augenbrauen hoch.
«Nellie war mal in Schwierigkeiten, und ich hab zufällig den Anruf entgegengenommen.»
«Das ist lange her», sagte Nellie und schmollte. «Du warst damals noch in Uniform. Ich hab dich seit einem Jahr nicht mehr gesehen. Du hast Glück, daß ich noch hier bin.» Sie stöhnte. «So ist es nun mal. Die Netten haben es immer eilig und zahlen nicht, und die Miststücke lassen sich zuviel Zeit, aber sie zahlen.»
De Gier konnte sich vorstellen, wie die Miststücke waren. Umherstreifende Touristen, einsame Geschäftsleute. «Wollen Sie eine hübsche Frau, Mijnheer, etwas ganz Spezielles? Ein gemütliches Haus? Nur Sie allein? Ein bißchen Champagner? Nicht zu teuer? Ich werde Ihnen den Weg zeigen, Mijnheer.» Und eine, vielleicht zwei, höchstens drei Stunden später war das Miststück wieder auf der Straße, stinkbesoffen mit schwerem Kopf und leerer Brieftasche. Sie quetschte sie nach und nach aus. Eine rosa Spinne in einem rosa Netz. Und dann raus mit ihnen in dem Augenblick, da sie ausgebrannt sind, raus auf die Straße. Und der Schlepper wartet und huscht hinein, um seinen Anteil zu holen, und huscht wieder hinaus, um die nächste Fliege zu fangen.
«Wie geht das Geschäft, Nellie?»
Sie zog die Unterlippe ein und biß darauf. «Nicht so gut. Der Gulden steht zu hoch und der Dollar zu niedrig. Sie kommen nicht mehr wie früher. Jetzt sind es die Japaner, und die lassen mich ganz schön arbeiten.»
Eine eindrucksvolle Frau, groß und breitschultrig, langes, rotes Haar, das die grünen, schrägstehenden Augen umrahmt. De Gier spürte ihre Kraft. Die Kraft einer lüsternen Schlange.
«Wer ist dein Freund, Grijpstra?»
«Brigadier de Gier», sagte Grijpstra.
«Nett. Sehr nett. Heutzutage sehe ich nicht oft hübsche Männer; sie werden knapp.» Die grünen Augen wurden unschuldig.
«Vorsicht», sagte Grijpstra. «Er hat Schlag bei den Damen.»
Sie kicherte. «Keine Sorge, Grijpstra. Ich ziehe deinen Typ vor, warm und schwer und väterlich. Hübsche Männer machen mich nervös. Sie brauchen mich nicht wirklich, und ich hasse es, wenn ich nicht gebraucht werde. Nun, Herrschaften, was kann ich für euch tun?»
«Laß mich mal telefonieren», sagte Grijpstra.
Sie schob das Telefon über die schmale Theke, beugte sich plötzlich vor und küßte ihn voll auf den Mund. Grijpstra erwiderte den Kuß, streckte die Hand aus und tätschelte ihren Hintern. De Gier schaute weg.
4
Es klingelte an der Tür. De Gier ging, um zu öffnen. Der Commissaris kam herein, gefolgt vom Arzt und dem Fingerabdruckexperten.
«’n Abend», sagte der Commissaris strahlend.
Grijpstra rieb sich die Lippen mit einem zerknüllten Taschentuch. « Nellies Bar, Mijnheer, etwas anderes konnten wir nicht finden. Sehr ruhig.»
«Du hast rote Ohren», sagte de Gier.
Grijpstra murmelte etwas in sein Taschentuch.
«Mach mich mit der Dame bekannt», sagte der Commissaris und kletterte auf einen Barhocker.
Nellie lächelte
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