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Amsterdam

Amsterdam

Titel: Amsterdam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian McEwan
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schon den Entwurf seines Kündigungsschreibens gesehen.«
    »Wir werden doch wohl noch irgendwo einen kleinen Stellplatz für ihn auftreiben?«
    »Haben wir alles schon versucht. Der Produktionsleiter hat angeboten, seinen Parkplatz für dreitausend Pfund zu verkaufen.«
    »Gehen wir damit nicht das Risiko der Sensationsmache ein?«
    »Bitte unterschreiben Sie zweifach, und zeichnen Sie an den markierten Stellen mit Ihren Initialen ab.«
    »Das ist kein Risiko, Jeremy. Sondern ein Versprechen. Aber Tony. Der Produktionsleiter hat doch gar kein Auto.«
    »Mr.   Halliday?«
    [53]  »Der Parkplatz steht ihm zu.«
    »Biete ihm fünfhundert. Ist das alles, Jean?«
    »Dazu bin ich nicht bereit.«
    »Das Dankesschreiben an die Bischöfe wird gerade aufgesetzt.«
    »Was, wenn sie miteinander telefoniert haben?«
    »Entschuldigen Sie. Mr.   Halliday?«
    »Das ist nicht aussagekräftig genug. Ich will ein Bild, das eine Story erzählt. Es ist Zeit, sich die Hände schmutzig zu machen, erinnerst du dich? Hör zu, wenn sie ihn nicht benutzt, nimmst du der Produktion den Stellplatz am besten ab…«
    »Sie werden streiken, wie beim letzten Mal. Sämtliche Terminals waren lahmgelegt.«
    »Schön. Deine Entscheidung, Tony. Fünfhundert Pfund oder die Terminals.«
    »Ich könnte jemanden aus der Bildredaktion heraufkommen lassen und…«
    »Bemüh dich nicht. Schick den Burschen nach Middlesbrough.«
    »Mr.   Halliday? Sind Sie Mr.   Vernon Halliday?«
    »Wer sind Sie?«
    Die durcheinanderredende Gruppe gelangte zum Stillstand, und ein dürrer Mann mit schütterem Haar und schwarzem Anzug, dessen Jackett straff zugeknöpft war, drängte sich heran, klopfte Vernon mit einem Umschlag auf den Ellbogen und drückte ihn ihm in die Hand. Dann baute er sich breitbeinig vor ihm auf und verlas in deklamatorischem Singsang einen Schriftsatz, den er mit beiden Händen von sich hielt: »Kraft der Befugnis, die mir als [54]  Vollziehungsbeamten des vorstehend genannten Gerichts verliehen ist, gebe ich Ihnen, Vernon Theobald Halliday, wohnhaft 13   The Rooks, London NW 1 und Chefredakteur der Zeitung The Judge, die Anordnung des besagten Gerichts bekannt dahingehend, daß Ihnen untersagt wird, jedwedes Material zu veröffentlichen oder veröffentlichen zu lassen, auf elektronischem Wege oder in sonstiger Weise zu vertreiben oder zu verbreiten; darüber hinaus wird Ihnen untersagt, eine Beschreibung jedweden Materials zu drucken oder zu veranlassen, daß eine solche anderweitig gedruckt wird…«
    Der dürre Mann blätterte ungeschickt um, und der Chefredakteur, seine Sekretärin, der Ressortleiter Inland, der stellvertretende Ressortleiter Ausland und der Geschäftsführer neigten sich wartend zu dem Beamten hin.
    »…welches in fotografischen Abbildungen oder Reproduktionen hiervon, gleichviel ob graviert, gezeichnet, gemalt oder auf anderem Wege hergestellt, von Mr.   John Julian Garmony, wohnhaft 1   Carlton Gardens, besteht; ferner haben Sie über Art und Inhalt dieser gerichtlichen Anordnung Stillschweigen zu bewahren…«
    »Garmony!«
    Alle begannen auf einmal zu reden, und die abschließenden rhetorischen Floskeln des dürren Mannes in dem Anzug, der ihm zwei Größen zu klein war, gingen im Lärm unter. Vernon steuerte auf sein Büro zu. Garmony hatte wirklich alles abgedeckt. Dabei hatten sie gegen ihn nichts, aber auch gar nichts in der Hand. Er erreichte sein Büro, warf die Tür hinter sich ins Schloß und wählte.
    »George. Die Fotos sind von Garmony.«
    [55]  »Ehe du nicht hier bist, sage ich nichts.«
    »Er hat bereits eine einstweilige Verfügung erwirkt.«
    »Ich habe dir doch gesagt, daß es sich um heiße Ware handelt. Ich glaube, dein Argument, im öffentlichen Interesse zu handeln, wird unabweisbar sein.«
    Kaum hatte Vernon aufgelegt, da klingelte sein Privatanschluß. Es war Clive Linley. Seit der Bestattung hatte Vernon ihn nicht mehr gesehen.
    »Ich muß dich unbedingt sprechen.«
    »Clive, im Moment paßt es mir ganz und gar nicht.«
    »Nein, natürlich nicht. Ich muß dich sehen. Es ist wichtig. Wie wär’s mit heute abend nach der Arbeit?«
    Die Stimme seines alten Freundes klang bedrückt, und es widerstrebte Vernon, ihn zu vertrösten. Dennoch versuchte er es halbherzig.
    »Ich habe einen ziemlich hektischen Tag…«
    »Es wird nicht lange dauern. Es ist wichtig, wirklich wichtig.«
    »Na gut, ich treffe mich heute abend mit George Lane. Ich nehme an, auf dem Weg könnte ich vorbeischauen.«
    »Vernon,

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