Amy on the summer road
drehte mich kurz um und sah, dass Courtney jetzt ebenfalls rannte. Wir erreichten das Auto, Roger entriegelte es mit der Fernbedienung und wir sprangen hinein. Er ließ den Motor an, setzte in Rekordgeschwindigkeit aus der Parklücke und mit qualmenden Reifen schossen wir vom Parkplatz.
Roger drosselte das Tempo erst nach ungefähr fünf Minuten, als wir sicher waren, dass vom Promises Kept niemand die Verfolgung aufgenommen hatte. »Das war knapp«, sagte Roger. Der Tacho fiel wieder auf normale Nicht-Interstate-Geschwindigkeit.
Ich beobachtete die vorbeirauschenden Fahrzeuge und sortierte meine Gefühle. Ich hatte getan, was ich konnte, um nicht an jenen Morgen zu denken, um mir die Erinnerung nicht bis zum Ende einzugestehen. Aber nun hatte ich Charlie getroffen und mit ihm geredet...
»Alles okay mit dir?«, hörte ich Roger wie aus weiter Ferne fragen.
Ich nickte, drehte mich zum Fenster und schloss die Augen. Aber diesmal ging es nicht weg. Es war, als ob ich keine Kraft mehr hatte, es zurückzuhalten.
»Amy?« Ich öffnete die Augen wieder und sah, dass Roger besorgt zu mir herüberschaute. »Alles in Ordnung?«
Ich wollte wieder nicken, gab den Versuch aber auf und schüttelte den Kopf. »Ich bin nur ...«, fing ich an, aber meine Stimme versagte. »Mir geht’s nicht gut«, sagte ich schließlich. Er sah mich an und drehte die Musik leiser. Ich spürte, wie
die Erinnerungen an jenen Morgen immer größer und mächtiger wurden. Dass Roger mich anders ansehen würde, wenn er erst die Wahrheit erfahren hatte, war mir klar, aber ich war es leid, das alles mit so viel Kraftanstrengung zurückzuhalten.
»Was ist los?«, fragte er leise und ließ seinen Blick zwischen mir und der Straße hin und her wandern.
»Die Sache mit Elvis«, fing ich an. »Warum ich ihn nicht hören wollte.«
»Wegen deinem Vater«, sagte Roger. »Richtig?«
Ich nickte. »Wir hatten im Auto Elvis gehört. Also, ich meine, wir haben immer im Auto Elvis gehört. Aber Elvis lief auch gerade, als es passiert ist.« Ich schluckte und zwang mich, das Wort zu sagen. »Der Unfall.«
»Oh«, sagte Roger ganz leise. Es war kein Wort im eigentlichen Sinne. Es fühlte sich eher an, als würde er mir einen Stein hinlegen, damit ich meinen nächsten Schritt daraufsetzen konnte.
Ich spürte mich schneller atmen und wusste genau, dass ich um etwas kreiste, was ich nicht noch länger für mich behalten konnte. »Der Unfall«, wiederholte ich, diesmal hörbarer. Dann holte ich beklommen Luft und sprach es aus: »Es war meine Schuld. Ich bin schuld daran, dass er gestorben ist.«
»Amy.« Roger sah mich eindringlich an. »Natürlich war es nicht deine Schuld.«
Das hatten andere Leute auch zu mir gesagt. Aber das war doch nur das, was man eben so sagt. Und keiner von ihnen konnte es wissen. Keiner von ihnen war dabei gewesen. »Doch«, flüsterte ich. Dann holte ich wieder Luft und erzählte ihm, warum.
I’ll be right here with you, come what may.
– Elvis Presley
8. MÄRZ – DREI MONATE ZUVOR
Ich trat hinaus in die Sonne und setzte meine neue Sonnenbrille auf. Ich fragte mich die ganze Zeit, was meine Mutter wohl mit Charlie machen würde. Stoned auf einer Parkbank zu pennen und sich dabei von der Polizei auflesen zu lassen – das konnte einfach nicht ungestraft durchgehen. Vielleicht kapierten meine Eltern ja nun endlich, was mit ihm los war. Ich ging über die Einfahrt zur Garage und schaute zum Haus, aus dem die vor lauter Sorge und Ärger ganz schrill klingende Stimme meiner Mutter drang.
»Und sobald du ihn hast«, sagte sie in dem Moment, als sie durch die Tür kam, gefolgt von meinem Vater, der die Fliegengittertür hinter sich zufallen ließ, »müsstest du bitte noch beim Supermarkt vorbeifahren. Ruf mich einfach an, wenn du dort bist, und dann sage ich dir, was wir brauchen.«
Mein Vater warf ihr einen Blick zu und setzte seine uralte Sonnenbrille auf, eine Fliegerbrille, die so zerkratzt war, dass ich immer wieder verblüfft war, dass er damit überhaupt noch was sehen konnte. »Du könntest es mir aber auch gleich sagen.« In seiner Stimme lag ein Schmunzeln. »Diese Möglichkeit besteht durchaus.«
»Ja sicher.« Meine Mutter schüttelte den Kopf. »Das hatten wir doch alles schon mal.«
»Dauert nicht lange«, sagte er und gab ihr einen schnellen Kuss, wobei ich automatisch den Blick abwendete.
»Ruft an, wenn es Probleme gibt«, rief sie uns hinterher.
»Machen wir«, riefen mein Vater und ich
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