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Amy on the summer road

Amy on the summer road

Titel: Amy on the summer road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matson Morgan
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und vor dem ich mich immer zurückgezogen hatte. »Bist du hier, um mir zu sagen, was für ein Versager ich bin?«
    »Nein.« Diesmal gab ich nicht nach. »Aber ich war ganz alleine. Bis zu dieser Woche. Du warst hier. Du hattest Leute, mit denen du reden konntest.«
    »Du hättest mit mir reden können«, sagte Charlie.
    »Das hätte bloß nichts genützt«, schrie ich ihn an und war selbst überrascht davon. Charlie schaute zur offenen Tür und ich senkte meine Stimme ein bisschen. »Du warst doch nie da. Fast ein ganzes Jahr warst du nie da.« Unnachgiebig sah ich ihm ins Gesicht. »Ich hätte es unseren Eltern sagen sollen. Aber du hattest schon recht, dass ich das ja doch nicht draufhabe. Wenn ich es getan hätte, wäre vielleicht ...« Ich bekam den Satz nicht zu Ende. Auch damit hatte ich zu dem ganzen Unglück beigetragen – noch ein Grund, weshalb alles meine Schuld war. Noch etwas, was ich nicht rückgängig machen konnte.
    Charlie drehte den Tennisball in seinen Händen und lachte kurz und bitter auf. »Glaubst du, das frage ich mich nicht
jeden verdammten Tag selbst? Denkst du, ich wünsche mir nicht, dass ich es noch mal besser machen könnte?«
    »Das glaube ich dir nicht«, sagte ich und meine Stimme zitterte dabei. »Du bist also einen Monat hier, und plötzlich ist dir ein Gewissen gewachsen?« Charlie sah mich an, als hätte ich ihm ohne Vorwarnung eine gescheuert – so überrascht und so verletzt. »Ich hab dich immer gedeckt.« Die Worte sprudelten plötzlich aus mir heraus. »Jahrelang. Und du bist der Verantwortung immer nur aus dem Weg gegangen. Wenn du auch nur ein einziges Mal in deinem verdammten Leben noch an jemand anders als dich selbst gedacht hättest, wäre das nicht passiert.« Der Satz war ausgesprochen, bevor ich über seine Folgen nachdenken konnte, und zurücknehmen konnte ich ihn auch nicht mehr.
    Charlie sah auf den Tennisball, den er in seiner Hand zusammendrückte. Sein Mund war verkrampft und sein Kinn zitterte.
    »Ich hätte das nicht sagen sollen.« Ich war eindeutig zu weit gegangen.
    Doch Charlie zuckte die Schultern. »Es ist die Wahrheit«, sagte er mit gepresster Stimme.
    »Ich wünsche mir doch nur ...«, fing ich an. Dann musste ich tief Luft holen und mich zum Weitersprechen zwingen. »Ich wünsche mir doch nur, dass es anders gelaufen wäre.«
    Charlie sah jetzt auf zu mir. »Ich auch.« Und plötzlich warf er mir ohne Ansage den Tennisball zu. Ich fing ihn und war so überrascht, dass ich ihn beinahe wieder fallen ließ.
    »Redest du auch über ihn?«, fragte ich und strich mit der Hand über die gelben Fusseln. »Über Dad?«

    Charlie nickte. »Langsam krieg ich’s hin.« Seine Stimme klang ein bisschen heiser. »Und du?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Noch nicht.« Ich schaute meinen Bruder an – meinen Zwillingsbruder – und stellte fest, dass er so aussah, wie ich mich gerade fühlte. Wir beide hatten denselben Vater verloren. Warum redeten wir nicht miteinander? »Er fehlt mir«, sagte ich und merkte, wie mein Kinn auch anfing zu zittern. Worte waren gar nichts im Vergleich zu dem Gefühl, das sich dahinter verbarg. Es war so viel mehr als nur »Fehlen«. Es war Warten, ein ständiges Warten auf den Telefonanruf, der nie kam. Das Warten darauf, eine Stimme zu hören, die ich nie, nie wieder hören würde.
    Charlie sah mich mit zitternden Lippen an. »Mir auch.«
    »Ich warte ständig drauf, dass er wiederkommt. Es ist, als ob ich einfach nicht glauben kann, dass das alles wirklich gerade passiert. Dass das hier die Realität ist.«
    »Was glaubst du, wie ich mich fühle?«, fragte Charlie. »Ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, ob das nicht nur ein Flashback ist, dass ich dich hier sehe.«
    »Ich bin echt.« Ich warf den Ball zurück und er fing ihn mit einer Hand.
    »Aber was machst du in North Carolina? Ich dachte, du solltest schon vor Tagen in Connecticut sein.«
    »Ja, so war es ursprünglich gedacht.« Ich spürte, wie sich ein kleines Lächeln auf mein Gesicht stehlen wollte. »Aber dann haben Roger und ich so ’ne Art Abstecher gemacht.«
    »Roger?«
    »Roger Sullivan. Du erinnerst dich bestimmt noch. Wir haben immer Doktorfangen in unserer Sackgasse gespielt.«

    »Ah ja, der«, nickte Charlie. »Du machst also einen auf ungehorsam?« Ich nickte. »Und deshalb ist Mom sauer?«
    »Oh, sauer ist gar kein Ausdruck.«
    »Wow«, staunte er. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und sah mich in einer Weise an, wie ich es, glaube ich,

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