Amy on the summer road
müssen«, fügte er hinzu.
»Oh«, sagte ich. »Klar.« In Erwartung genauerer Anweisungen sah ich ihn an. »Und wie soll ich das machen?« Ich sah die Lichtkegel eines anderen Wagens auf uns zukommen. Er schien noch meilenweit weg zu sein, aber als einziges Licht am Horizont war es kaum zu übersehen. Roger blendete ab, obwohl das Auto wahrscheinlich noch gute fünf Minuten brauchen würde, bis es auf unserer Höhe war.
»Erzähl mir einfach was«, schlug er vor und rieb sich die Stirn. »Und achte darauf, dass ich auf Fragen auch antworte.
Und wenn du noch eine andere Musik raussuchen könntest, wär das super.«
»Okay«, sagte ich und nahm seinen iPod. »Aber wir können jederzeit in Ely anhalten und ein bisschen schlafen.« Auf der Karte hatte es so ausgesehen, als ob Ely der letzte Ort in Nevada war, bevor wir Utah erreichten.
Aber Roger schüttelte den Kopf. »Wir müssen bis Utah kommen«, sagte er. Da ich es gewesen war, die mit der Idee zu einem Abstecher unseren Zeitplan durcheinandergebracht hatte, wollte ich keine Diskussion beginnen. »Aber etwas, was ein bisschen abgeht«, ergänzte er mit einer Kopfbewegung zu seinem iPod. »Ich hab keine extra Playlist gemacht, aber es müssten noch ein paar alte gespeichert sein.«
Ich scrollte mich durch seine Listen, von denen die meisten so unglaublich hilfreiche Namen trugen wie »Mix #1« oder »Mix #2«. Ratlos scrollte ich nach oben bis ganz zum Anfang und hoffte darauf, irgendwie schon rauszukriegen, was seine seltsam betitelten Bands für Musik machten. Dann entdeckte ich einen Mix mit dem Namen »Had to be there ... ☺«. Der Smiley konnte nur ein gutes Zeichen sein, fand ich, wählte die Liste aus und stellte den iPod zurück in die Halterung. Der erste Titel war schön und ruhig und im Text ging es um einen verliebten Romeo.
»Was für ein Mix ist das denn?«, fragte Roger ziemlich pampig, und verwundert sah ich ihn an.
»Der mit dem Smiley«, antwortete ich. »Ich dachte...«
»Such bitte was anderes.« Sein Ton war immer noch gereizt. Mir fiel auf, dass er die Hände um das Lenkrad gekrampft hielt und überhaupt nicht mehr müde wirkte.
»Kein Problem«, murmelte ich. Ich drückte auf Pause. Der Song verstummte und es war sehr still im Auto. Das Klicken des Auswahlrädchens kam mir plötzlich sehr laut vor. Ich wählte einen »Mix #4« aus und hoffte, dass diesmal nichts schiefging. Ein paar sehr zackige Bläser setzten ein und Rogers Griff um das Lenkrad lockerte sich wieder. »Besser?«
»Viel besser«, nickte er. »Tut mir leid. Den anderen hätte ich löschen sollen.«
Ich vermutete, dass der irgendwas mit Hadley zu tun hatte – die wahrscheinlich Teil des Titels war, wie mir inzwischen aufgegangen war –, aber fragen wollte ich dann lieber doch nicht. Also nickte ich nur.
»Das war ein Mix, den sie für mich gemacht hat«, erklärte er nach einer Weile. »Hadley.« Der Name schwebte einen Moment zwischen uns, und irgendwie hatte ich den Eindruck, dass er ihren Namen anders aussprach, so als ob ganz allein ihr Name und kein anderer all die wohlklingenden Buchstaben enthielt. »Meine Ex«, fügte er überflüssigerweise hinzu. Aber vielleicht musste er das, da er offenbar nach wie vor Probleme hatte, sich an diese Tatsache zu erinnern.
»Ah«, murmelte ich und wusste nicht, was ich noch sagen sollte. Amy! hätte wahrscheinlich genau gewusst, welche Fragen hier angebracht waren. Sie wäre sanft und mitfühlend gewesen und hätte Roger ermutigt, offen über seine Gefühle zu sprechen. Auf keinen Fall hätte sie schweigend neben ihm gesessen und aus dem Fenster gestarrt und sich gefürchtet, ihn etwas zu fragen – aus lauter Angst, dass er das Gleiche tun könnte.
»Utah«, verkündete Roger und zeigte durch das Fenster auf das Schild. Er bremste ab und ich schaute genau hin. WELCOME TO UTAH, stand darauf. Und in kleineren Buchstaben darunter: MOUNTAIN DAYLIGHT TIME ZONE.
Als wir daran vorbeikamen, dachte ich an die imaginäre Linie, die wir gerade überfuhren, und daran, dass sich alles ganz normal anfühlte, obwohl wir zwei Bundesstaaten von Kalifornien weg waren. Was ich nicht erwartet hätte.
»Hey!«, rief Roger und drehte sich so, dass er mich ansehen konnte. »Denk an deinen Job. Jemand muss mich wach halten. Frag mich was. Sag Gedichte auf. Was dir einfällt, völlig egal.«
»Ist es eine Person?«, fragte ich gähnend nach der sechsten Runde von »Twenty Questions «.
»Ja«, sagte Roger. »Neunzehn. Bleiben
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