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Amy on the summer road

Amy on the summer road

Titel: Amy on the summer road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matson Morgan
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gut«, sagte ich und musterte sein verändertes Aussehen. Die Brille stand ihm tatsächlich – damit wirkte er etwas zugänglicher, leicht dusselig und deutlich weniger perfekt.
    »Damit seh ich aus wie ein Mathevertretungslehrer«, nörgelte er. »Jedenfalls sagen das einige«, fügte er kurz darauf hinzu.

    »Aber wie ein ziemlich cooler Mathevertretungslehrer«, entgegnete ich und erntete daraufhin einen seiner dröhnenden Lacher.
    »Danke für die moralische Unterstützung. Kann ich gut gebrauchen.«
    Ich steckte das leere Brillenetui in seinen Rucksack zurück und wollte gerade den Reißverschluss zuziehen, als mein Blick auf einen kleinen Skizzenblock fiel, der ganz unten lag. »Du zeichnest?«, fragte ich spontan und merkte zu spät, dass er jetzt wahrscheinlich dachte, dass ich herumschnüffelte. Was ich ja irgendwie auch getan hatte, wenn auch unbeabsichtigt. »Tut mir leid – ich hab den Block zufällig gesehen ...«
    »Schon okay. Ja, ich zeichne.« Er nickte. »Allerdings nicht gut. Ich mach das nur so aus Spaß.«
    »Darf ich?«, fragte ich und holte den Skizzenblock aus seinem Rucksack.
    Roger lachte. »Klar. Aber mach dich bloß nicht über mich lustig.« Ich hielt den Block über das Armaturenbrett und blätterte ihn im Mondschein durch. Auf fast allen Seiten waren Unmengen kleiner Skizzen. Rogers Stil war meistens comicartig, es sei denn, er zeichnete kleine Porträts – dann wurde er realistischer. Die meisten der Porträts hatte er von einer atemberaubenden Schönheit mit langen blonden Haaren gemacht. Vermutlich Hadley, dachte ich, wollte ihn aber nicht fragen, weil ich fand, dass ich an dem Abend schon neugierig genug gewesen war. Ich klappte den Block wieder zu und verstaute ihn im Rucksack.
    »Die sind gut«, sagte ich, doch Roger lächelte nur und schüttelte den Kopf. »Machst du Kunst im Hauptfach?«

    »Ganz bestimmt nicht«, wehrte er ab. »Ich tendiere eher zu Geschichte im Hauptfach und Politikwissenschaft im Nebenfach.«
    »Ah.« Normalerweise war das der Moment für mich, an dem ich einstreute, dass mein Vater Geschichtsdozent war, aber ich unterdrückte den Impuls. Ausgeschlossen – darüber konnte ich nicht reden. Doch die Tatsache, dass mir nicht mal diese einfache Aussage über die Lippen kam, ließ eine Woge der Traurigkeit über mich hinwegschwappen. Ich drehte mich zu meinem Fenster und rollte mich auf meinem Sitz zusammen. Ich sah hinaus, auf die endlose leere Landschaft und die Milliarden von Sternen über uns. Dann lehnte ich den Kopf gegen die kühle Fensterscheibe und schloss die Augen.
     
    »Amy. Hallo, Amy!«
    Ich zuckte zusammen und wachte auf—ich hatte geträumt. Es war März gewesen, warm, und frisch gemähte Grashalme klebten an meinen nackten Füßen. Ich blinzelte zu Roger hinüber, der das Auto über den dunklen, verlassenen Highway steuerte, der sich endlos vor uns erstreckte. Richtig. Ich befand mich ja auf der einsamsten Straße Amerikas. Wo sonst.
    Ich versuchte, den Kopf zu wenden, und fühlte einen ziehenden Schmerz im Nacken. »Aua«, jammerte ich. Offenbar hatte ich es geschafft, mir die unbequemste Position zum Schlafen auszusuchen. Ich murmelte ein »Ja« und rieb mir die Augen. Dann sah ich zur Uhr und stellte fest, dass es schon zwei Uhr morgens war. »Ach, du lieber Himmel«, rief ich und setzte mich auf. »Roger, wäre es nicht besser anzuhalten,
damit du ein bisschen schlafen kannst?« Die Straße vor uns war immer noch finster und gottverlassen und die Sterne strahlten so hell wie schon vor ein paar Stunden. Es fühlte sich ein bisschen an, als wären wir die einzigen Menschen auf der Erde, als würde es nur uns und unser Auto unter dem riesigen Himmel geben und als würden die Sterne nur für uns funkeln.
    »Deshalb wollte ich dich wecken«, sagte Roger. Selbst im schwachen Schein der Armaturenbrettbeleuchtung konnte ich sehen, wie müde er war. Seine Augen hinter den Brillengläsern sahen total schläfrig aus. »Heute Nacht will ich es noch bis Utah schaffen. Ich habe diese Straße so was von satt. Wenn wir in Delta sind, ist die Interstate nicht mehr weit, und damit dürften wir es morgen auf jeden Fall bis Colorado Springs schaffen.« Obwohl ich so viel Enthusiasmus durchaus zu schätzen wusste, kam er doch irgendwie überraschend. Schließlich hatte er erst behauptet, dass wir noch haufenweise Zeit hätten. Ich fragte mich, warum er es plötzlich so eilig hatte, nach Colorado Springs zu kommen. »Aber du wirst mich wach halten

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