Amy on the summer road
sonderlich scharf sein würde.
Schließlich hielten wir vor dem Beehive Inn, um die Lage zu checken. Es sah etwas einladender aus als die üblichen Motels an der Straße und hatte auch kein blinkendes »Belegt« über der Tür. Wir stiegen beide aus. Als ich auf den Eingang zuging, spürte ich, wie verspannt meine Beinmuskeln eigentlich waren und wie mir der Hintern vom vielen Sitzen wehtat. Als die Glastüren aufglitten und wir in die Empfangshalle traten, die mir nach der langen Nachtfahrt
gleißend hell vorkam, sank mir plötzlich der Mut. Noch nie hatte ich versucht, ganz alleine in ein Hotel einzuchecken. Durfte ich das überhaupt? Oder musste man dazu 18 sein? Vielleicht war das ja der Grund dafür, dass meine Mutter die ganzen Reservierungen für uns gemacht hatte – schlicht und einfach, weil wir das gar nicht konnten?
Als ich an der Rezeption stand, schlug mir das Herz bis zum Hals. Das Hotel selbst wirkte nett, wenn auch vielleicht ein bisschen zu betulich mit den vielen Quilts, die fast jede verfügbare Fläche bedeckten. Aber noch bevor ich mich richtig umsehen konnte, wurden wir von einem etwas erschöpft wirkenden Hotelangestellten begrüßt.
»Sind Sie die Udells?«, fragte er und ließ seinen Blick von mir zu Roger wandern.
»Wie bitte?«, fragte ich verdattert, da das nun wirklich nicht die Begrüßung war, die ich erwartet hatte. Und Roger, der zu dem Zeitpunkt schon förmlich am Umfallen war, machte keinerlei Anstalten zu antworten.
»Ich habe unser letztes freies Zimmer für Sie reserviert«, sagte er stirnrunzelnd und schaute auf seinen Computermonitor. »Trotz der Mitteilung, dass Sie die Reservierung stornieren. Ich habe es frei gehalten, da Sie im Voraus gebucht hatten.«
»Das ist das einzige Zimmer, das heute Abend noch frei ist?«, fragte ich und schaute zu Roger hinüber, dessen Augen kurz zufielen und gleich darauf wieder aufklappten.
»So ist es«, bestätigte der Angestellte leicht verstimmt.
»Okay«, sagte ich und überlegte schnell. Wenn diese Udells storniert hatten, würden sie höchstwahrscheinlich
auch nicht auftauchen. Außerdem war es halb vier Uhr morgens und Roger brauchte so schnell wie möglich eine Runde Schlaf. »Ja, das sind wir«, sagte ich und setzte ein strahlendes Lächeln auf. »Die Udells.« Davon wurde Roger ein bisschen wach und verwundert blinzelte er mich an.
»Na endlich«, murmelte der Hotelangestellte. »Ich brauche Ihre Namen, bitte.« Seine Finger schwebten über der Tastatur.
»Oh, ja, natürlich«, sagte ich. »Das ist ... Edmund. Und ich heiße Hillary.« Roger warf mir einen fragenden Blick zu und ich versuchte, so diskret wie möglich mit den Schultern zu zucken.
Ich nahm an, der Angestellte begann, ernste Zweifel zu hegen, als wir ihm die Postleitzahl von Salt Lake City nicht sagen konnten und Roger, der sich zu dem Zeitpunkt in das Gespräch eingeschaltet hatte, ihm wortreich darlegte, dass wir keine Handynummer besaßen, weil diese Dinger ja eh nur eine alberne Modeerscheinung seien. Aber wahrscheinlich wollte er uns sowieso nur noch loswerden. Ich zahlte in bar aus der Sockenschublade meiner Mutter, damit die Udells — wer auch immer sie waren — keine Rechnung bekamen. Dann gab er uns den Schlüssel — nicht etwa eine Chipkarte, sondern einen echten, altmodischen Messingschlüssel, an dem ein kleiner Herzchenanhänger baumelte.
»Angenehmen Aufenthalt«, wünschte er mit einem seltsamen Lächeln und zog eine Augenbraue hoch. Ich bedankte mich, und Roger und ich gingen los, um unser Zimmer zu finden – welches sich schließlich als die Honeymoon-Suite herausstellte.
Für einen Moment starrte ich auf das Schildchen mit der geschwungenen Schrift und hoffte, dass sich das Ganze als ein Scherz entpuppen würde. Tat es aber nicht. Der Schlüssel passte ins Schloss, und das erklärte natürlich den anzüglichen Blick des Angestellten und den Herzchenanhänger. Ich machte die Tür auf, ging hinein und lief rot an, als ich das Zimmer sah. Die weiße Tagesdecke des riesigen Doppelbetts war mit Rosenblüten bestreut und daneben stand eine Champagnerflasche in einem Wassereimer. Das kam mir seltsam vor, aber dann kam mir der Gedanke, dass das Wasser vor ein paar Stunden wahrscheinlich noch Eis gewesen war. Roger schloss die Tür hinter uns, und ich sah ihn an, wobei ich hoffte, dass mein Gesicht nicht die Farbe meiner Haare angenommen hatte.
»Tja ...«, setzte ich an. Ich war unendlich verlegen und hatte nicht den blassesten
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