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Amy on the summer road

Amy on the summer road

Titel: Amy on the summer road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matson Morgan
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Sie dran, Miss Curry!«, säuselte er wie im Fernsehen.
    Ich musste grinsen, was mich derart selbstverständlich überkam, dass ich ganz baff war und gleich wieder damit aufhörte. »Lebt die Person noch?«
    »Nein. Achtzehn.«
    »Ist die Person männlich?«
    »Ja. Siebzehn.«
    Ich sah hinüber zu Roger, der jetzt nicht mehr so aussah, als würde er jeden Moment einschlafen. Inzwischen hatte ich eingesehen, dass Leute mit Geschichte im Hauptfach bei Spielen wie »Twenty Questions« eindeutig im Vorteil sind. Aber ich bekam auch langsam ein Gespür dafür, auf welchen Typ Antwort er abonniert war. »Ist es ein Entdecker?«

    Roger zog eine Augenbraue hoch, warf mir einen Seitenblick zu und es sah fast aus, als wäre er ein bisschen beeindruckt. »Ja. Sechzehn.«
    Drake, Livingston und Sir Edmund Hillary hatten wir schon gehabt. Ich riet blindlings drauflos, in der Hoffnung, damit richtigzuliegen, da ich mir nicht so sicher war, wie viele Entdecker ich noch auf Lager hatte. »Ist es Vasco da Gama?«
    Er seufzte, schien sich aber zu freuen. »In nur fünf Fragen«, sagte er. »Toll. Du bist dran.«
    »Wieso eigentlich die ganzen Entdecker?«, fragte ich, weil ich inzwischen den Verdacht hegte, dass vier von der Sorte in Folge so eine Art roter Faden sein mussten und nicht nur eine Strategie, um gegen mich zu gewinnen.
    Roger zuckte die Schultern, guckte verlegen und fuhr sich mir der Hand durchs Haar, sodass es in alle Richtungen vom Kopf abstand. Für einen Moment war ich versucht, den Arm auszustrecken und die kleinen Büschel wieder glatt zu streichen, bezwang meine Anwandlung aber sofort. »Dafür hab ich mich schon immer interessiert. Schon seit meiner Kindheit. Ich fand die Vorstellung toll, Sachen zu entdecken und derjenige zu sein, der sie als Allererster sieht. Oder etwas zu sehen, was noch kein anderer je zuvor zu Gesicht bekommen hat.«
    »Hast du dir deshalb Geschichte als Hauptfach ausgesucht?«
    Ohne mich anzusehen, lächelte er vor sich hin. »Wahrscheinlich. Als Kind hab ich Bücher über Geschichte immer wie Bedienungsanleitungen gelesen, weil ich wissen wollte,
was diese Entdecker getan haben, um es später mal nachmachen zu können. Ich war überzeugt davon, eines Tages etwas ganz Wichtiges zu entdecken.«
    »Inzwischen ist doch aber alles schon entdeckt worden«, sagte ich und drehte mich so, dass ich ihn besser ansehen konnte, indem ich meinen Sicherheitsgurt ein wenig lockerte und mich gegen mein Fenster lehnte.
    »Theoretisch ja.« Mein Einwand schien ihn nicht zu stören. »Aber ich bin sicher, dass es immer noch haufenweise Sachen zu entdecken gibt. Man muss nur genau hinsehen.« Ich zog ein Knie an, stützte mein Kinn darauf und dachte über das Gesagte nach. »Aber ich rede schon wieder viel zu viel«, lachte er. »Jetzt bist du dran. Erzähl doch mal was über dich.«
    Das war nun genau das, was ich nicht wollte, weder jetzt noch sonst irgendwann. »Och, ich weiß nicht«, wich ich aus. »Ich hab noch nie was entdeckt.«
    »Noch nicht«, sagte Roger nachdrücklich und wieder merkte ich, wie sich ein Schmunzeln auf meinem Gesicht breitmachte. Aber als ich ihn ansah, mit seiner Mathevertretungslehrerbrille und dem immer-optimistischen Blick, verging mir das Schmunzeln wieder. Er hatte eben noch nicht begriffen, dass Dinge nicht einfach passieren, bloß weil man es so will.
    »Tja«, sagte ich, langte zum iPod und stellte die Musik lauter  – einen Song namens »Fake Empire« über ein unechtes Reich, der mir beim zweiten Hören ganz gut gefiel.
    »Das war ernst gemeint«, beharrte er. »Erzähl mir was über dich. Was ... bereust du zum Beispiel am meisten?«

    Diese Frage hatte ich nicht erwartet, wusste aber auf der Stelle die Antwort. Ich schloss die Augen, um sie von mir fernzuhalten. Der Morgen im März, meine Flip-Flops in der Hand, frisch gemähtes Gras an den Füßen. Diese eine Sache, über die ich ganz, ganz sicher nicht nachdenken wollte.
    Ich öffnete die Augen und sah ihn an. »Keine Ahnung.«

Yesterday, when you were young ...
    – The Weepies
     
     
    8. MÄRZ – DREI MONATE ZUVOR
     
    »Und was ist dann passiert?«, fragte Julia gespannt.
    »Jetzt hör bloß auf«, kicherte ich ins Telefon. Ich saß auf der Eingangstreppe unseres Hauses und telefonierte mit ihr, während mein Vater den Rasen mähte. Meine Mutter und ich zogen ihn ständig wegen seines geliebten Rasens auf. Mit anderen Dingen nahm er es meistens nicht so genau, aber sobald es um seinen Rasen ging, wurde er

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