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Amy on the summer road

Amy on the summer road

Titel: Amy on the summer road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matson Morgan
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Vater aus irgendeinem unerfindlichen Grund »einmal rasieren und Haare schneiden« nannte.
    Dann lehnten wir uns bequem zurück und warteten, aber im nächsten Moment war From Nashville to Memphis plötzlich zu Ende – die CD, die unsere Fahrt von zu Hause bis zu 21 Choices und dann weiter bis zum Tenniskomplex begleitet hatte – und fing bei Track 1 wieder von vorn an. Und das war im Auto meines Vaters nicht erlaubt. Er fand, dass man die Feinheiten nicht mehr hörte, wenn eine CD zum zweiten Mal hintereinander lief.
    »Maestro?« Auffordernd sah er mich an.
    »Schon dabei«, sagte ich, öffnete das Handschuhfach und durchsuchte die Elvis-CDs. Ich zog Elvis at the Movies heraus, was uns geradewegs zurück in die Sechziger katapultierte. Sie fing an mit »All That I Am« und mein Vater summte lächelnd die Melodie mit.

    »Gute Wahl, mein Spatz«, meinte er und nickte mir anerkennend zu. »Ich glaube, das ist mein Lieblingssong von IHM, weißt du das?« So, wie mein Vater ihn aussprach, wurde Elvis’ Name immer groß geschrieben. Einmal hatte er meine Großmutter, die gerade zu Besuch war, total geschockt, als er seufzend ausrief: »Ich hoffe, dass es einen Gott gibt. Aber dass es einen Elvis gibt, weiß ich.«
    »Das ist auch mein Lieblingssong.« Das hatte ich kurzfristig beschlossen.
    Mein Vater lachte, beugte sich zu mir herüber und strubbelte mir durch die Haare, woraufhin ich böse guckte und sie wieder glatt strich.
    Dann klopfte es an die Autoscheibe. Ich drehte mich um und sah Charlie, der gegen das Fenster trommelte. Die Tasche mit dem Tennisschläger hing über seiner Schulter. Er sah müde und mies gelaunt aus. Mein Vater entriegelte die Tür, Charlie stieg hinten ein und schnallte sich auf dem mittleren Platz an.
    »Na, Champion«, fragte ihn mein Vater, als er den Motor anließ, »wie war das Training?«
    »Öde.«
    »Wieso öde?« Ich drehte mich zu ihm um.
    »War eben öde. Okay?«, fertigte er mich ab und strich sich die Haare, die vom Schweiß ganz dunkel waren, aus der Stirn. »Kann sein, dass ich aufhöre. Ich meine, was soll der Witz dabei sein?«
    »Der Witz dabei ist«, schaltete sich mein Vater ein, »dass du etwas Ungewöhnliches kannst – etwas, was eine Menge Leute nicht draufhaben. Und wenn du die Möglichkeit hast,
deine Talente zu entwickeln, wäre es ein Verbrechen, es nicht zu tun. Ich denke, es ist bloß Schwäche, wenn man mit etwas aufhört, weil es zu schwer wird. Hab ich recht?«
    Charlie ließ sich gegen die Rückenlehne fallen. »Wieso braucht Amy eigentlich nicht Tennis zu spielen?«
    Ich verdrehte die Augen. Dieses Argument brachte Charlie in verschiedenen Varianten jedes Mal, wenn er damit drohte aufzuhören. Seit zwei Jahren ging das nun schon und es wurde nicht origineller.
    »Weil Amy Tennis nicht gefallen hat«, seufzte mein Vater.
    »Die Klamotten haben mir schon gefallen«, wandte ich ein. Ich hatte tatsächlich einige Jahre lang Tennis gespielt, weil meine Mutter mir jedes Jahr neue Trainingskleidung gekauft hatte, die ich echt cool fand. Aber nach einer Weile beschloss ich, dass es viel zu viel Aufwand war, stundenlang fusseligen gelben Bällen hinterherzujagen, nur um ein weißes T-Shirt-Kleid zu bekommen.
    »Stimmt«, gab mein Vater zu. Lächelnd schüttelte er den Kopf.
    »Wart ihr schon bei 21 Choices?« Charlie beugte sich zu uns vor und sah auf die zerknüllten Servietten auf der Mittelkonsole. »Ich dachte, wir fahren nach dem Training zusammen hin?«
    »Tut mir leid, Champion«, sagte mein Vater und heftete seine Augen auf den Rückspiegel. »Deine Schwester wollte vorhin schon hin. Aber wie wär’s, wenn wir jetzt noch mal kurz dort anhalten?«
    »Ach, vergiss es.« Charlie ließ sich wieder gegen die Lehne fallen und sah aus dem Fenster. »Außerdem hab ich sowieso keine Lust drauf.«

    Ich sah in den Rückspiegel und betrachtete meinen Bruder. Diese geheimnisvolle Verbindung, die angeblich zwischen Zwillingen bestand und von der ich in Büchern gelesen hatte, gab es zwischen uns definitiv nicht. Ich hatte eher den Eindruck, dass wir ständig um etwas kämpften, von dem wir nicht mal richtig wussten, was es war, und es demzufolge auch nie gewinnen konnten.
    »Müssen wir uns das anhören?«, nölte Charlie, nachdem Elvis ein paar Minuten geschmachtet hatte. »Ständig hören wir Elvis. Das steht mir bis hier.«
    Das im Auto meines Vaters zu sagen, war ungefähr so, wie vor den Ohren des Klassenlehrers schmutzig zu fluchen. Mein Puls schnellte leicht

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