An den Feuern von Hastur - 9
Zeit verschwenden. Evans war Terraner, einer ihrer Bordkameraden und der beste Freund von Elizabeths Mann. Warum sollte er sie bel ä stigen? Bis es Ysaye gelungen war, jemanden zu ü berzeugen, mochte es zu sp ä t geworden sein. Evans war nicht gerade beliebt, doch noch nie hatte ihn jemand einer Vergewaltigung oder des Versuchs einer Vergewaltigung beschuldigt. Lorill redete nicht lange, er nahm ihre Vorahnung als Tatsache. Etwas Besseres als ihn konnte sie nicht bekommen.
Diese gedankliche Kommunikation hatte einen Vorzug, den sie sich bis zu diesem Augenblick nicht einmal hatte tr ä umen lassen: Sie war imstande, Lorill genau zu zeigen, wo das Gew ä chshaus war. Er nickte, und bevor er sonst noch etwas tun konnte, drehte sie sich um und rannte auf die T ü r zu, ohne auf die erstaunten Blicke der Leute in ihrer N ä he zu achten.
Elizabeth beugte sich vor und atmete den schweren, berauschenden Duft der Bl ü ten ein. Da piepte Ryans Armband-Kommunikator los.
Er fluchte und dr ü ckte den Knopf, um das nervenzerreißende Ger ä usch abzustellen, doch es wollte nicht aufh ö ren. Verdammte Computer-Vorrangschaltung , murmelte er. Bleiben Sie hier, ich bin gleich wieder da. Er lief durch das Gew ä chshaus und die Treppe hinunter in sein B ü ro und ließ Elizabeth allein.
Der Duft der Bl ü ten war schwer und harzig wie eine Mischung aus Gardenien und Kiefern und ebenso ü berw ä ltigend. Aber einen Sekundenbruchteil sp ä ter fragte sich Elizabeth, wieso sie ihn uberw ä ltigend gefunden hatte. Er war gar nicht schwer, er war leicht und zart. Tats ä chlich so leicht, daß ihr war, als hebe er sie in die Luft und lasse sie schweben.
Von dem Wein hatte sie ein bißchen Kopfweh bekommen. Das war jetzt verschwunden, und sie f ü hlte sich ü ber alle Maßen wohl. War das der Grund, aus dem manche Leute sich so gern betranken? Sie setzte sich neben die Schale mit den Blumen und blickte zu dem Glasdach des Gew ä chshauses hoch. ü ber ihr brach sich das Licht zu Splittern und Scherben aus Kristall.
Zum ersten Mal ü berkam sie das von so vielen Mystikern beschriebene Gef ü hl des Einsseins mit der Welt, sogar mit den Blumen neben ihr. Es war unglaublich. Sie empfand sogar, was die Blumen empfanden, wie sie nach dem Licht in die H ö he und nach Nahrung in die Tiefe griffen. Sie sehnten sich nach dem Sommerwind ebenso, wie sie sich nach David sehnte .
Sie brauchte ihn, wie sie noch nie irgend etwas anderes gebraucht hatte. Ihr K ö rper brannte vor Verlangen nach ihm.
Da h ö rte sie Schritte und glaubte, es sei David, der als Antwort auf ihr Verlangen gekommen war. Benommen stellte sie sich auf die F ü ße und drehte sich um .
Nur war es nicht David, es war Ysaye.
Verwirrt runzelte Elizabeth die Stirn. Warum war es Ysaye? Sie wollte David! Wo ist er? fragte sie und kicherte, als sie die W ö rter aus ihrem Mund schweben und in der Luft h ä ngenbleiben sah wie die der Raupe auf einem Bild aus einem der Alice-B ü cher. Wo ist David?
Er kommt, Elizabeth , versicherte Ysaye ihr sofort, und wieder runzelte Elizabeth die Stirn, weil sie Ysayes Gedanken sah. Warum dachte Ysaye, Ryan wolle ihr B ö ses tun? Wie dumm . Ryan hatte sie doch nur mitgenommen, damit sie sich diese entz ü ckenden Blumen ansah .
Ysaye blickte ihrer Freundin ins Gesicht, und ihre Entschlossenheit wuchs. Es gab gar keinen Zweifel, daß Elizabeth sich in einem extremen Stadium der Berauschung befand und wahrscheinlich halluzinierte sie auch, so wie ihre Augen immerzu von einer Seite zur anderen rollten, als sehe sie etwas. Das war nicht weiter verwunderlich, wenn man Ryan Evans’ kleines Hobby bedachte. Theoretisch w ä re es also gar keine Vergewaltigung geworden. Elizabeth h ä tte gar nicht mitbekommen, was passierte. Doch niemand als Gott und Elizabeth selbst wußten, wie die Droge in ihren K ö rper geraten war. Vielleicht etwas auf dem Fest?
Darauf kam es nicht an. Wichtig allein war, daß sie Elizabeth hier herausholte, bevor Evans zur ü ckkam.
Komm, Elizabeth , redete sie ihr zu. David wartet auf dich. Elizabeth schwankte auf ihren F ü ßen. Ysaye trat dicht an sie heran, legte ihr den Arm um die Schultern, um sie zu st ü tzen, und geriet dabei unabsichtlich tiefer in die Wolke aus Duft und Pollen hinein, die ü ber einer Schale mit blauen Bl ü ten hing. Die goldenen Pollen legten sich auf ihre Kleidung und klebten dort fest. Ysaye nieste mehrmals, biß dann die Z ä hne zusammen und versuchte, so wenig wie m ö glich zu
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