An den Feuern von Hastur - 9
aber das leise Ger ä usch von Schritten unterbrach sie. Die M ä dchen verstummten und ließen die vergessene Schaukel auspendeln. Jemand hatte den Garten betreten.
Mehr als nur jemand . Die sich ihnen n ä hernde Gestalt war so eindrucksvoll, daß sie die Aufmerksamkeit auch solcher Leute auf sich gezogen h ä tte, die sie oder die Bedeutung ihrer karminroten Gew ä nder nicht kannten. Fiora, die Bewahrerin von Dalereuth, war ein Albino, hochgewachsen und merkw ü rdig aussehend mit ihrem weißen Haar und den hellen, vollst ä ndig blinden Augen. Trotzdem schritt sie sicher den Pfad entlang. In ihrer Robe wirkte sie substanzlos, und doch hatte sie eine Pr ä senz und eine W ü rde, die nicht von einer hohen Geburt herr ü hrten.
Sie fragte nicht, wer da sei, sondern sagte nur: Leonie. Ich bin hier, Lady. Leonie hob den Kopf, w ä hrend die beiden anderen M ä dchen die K ö pfe leicht gesenkt hielten. Sie sah Fiora gerade in die hellrosa Augen, obwohl ihr das ein irgendwie merkw ü rdiges Gef ü hl vermittelte. Die Augen niederzuschlagen, w ä re mit dem Gest ä ndnis gleichzusetzen gewesen, daß die Bewahrerin sie einsch ü chterte, und das h ä tte sie niemals zugegeben.
Fiora wußte, was hinter diesem leicht unversch ä mten Blick steckte, und w ü nschte, das M ä dchen h ä tte ebensoviel Verstand wie Stolz. Ich muß mit dir reden. Soll ich die anderen wegschicken?
Ich kann mir nicht vorstellen, daß Ihr mir etwas zu sagen haben k ö nntet, was sie nicht h ö ren d ü rften , antwortete Leonie. Die leichte Betonung des Ihr argerte Fiora. Sie wußte, daß das M ä dchen hatte beleidigend sein wollen.
Aber wenn sie darauf reagierte, spielte sie Leonie in die H ä nde, und diese Absicht hatte sie nicht.
Dann k ö nnen sie bleiben, wenn du es so w ü nschst , sagte Fiora ruhig, obwohl ich dir ohne deine Zustimmung niemals vor anderen einen Vorwurf gemacht h ä tte. Wie ich h ö rte, glaubst du, f ü r das ungew ö hnliche Wetter der letzten paar Tage verantwortlich zu sein. Sie legte ihrerseits ein wenig Nachdruck auf das glaubst du , als wolle sie andeuten, das M ä dchen l ü ge oder phantasiere.
Nun, das bin ich ja auch , sagte Leonie gelassen. Na und? Ich wollte die Monde sehen. Irgend etwas kommt auf uns zu, und ich sp ü re, daß es von den Monden kommt.
Das ist interessant, Kind , gab Fiora mit einer Spur von Herablassung zur ü ck, und besonders interessant ist, daß von allen ausgebildeten leroni und allen Matrix-Arbeitern mit all ihren Gaben und Kr ä ften dir allein, die du unausgebildet und ohne Praxis bist, ein solches Vorherwissen gegeben wurde.
Leonie schob das Kinn vor und preßte die Lippen zusammen, aber Fiora gab ihr keine Chance zu einer Erwiderung. Das mag nun so sein oder auch nicht , fuhr die Albino-Frau fort, und es mag sein, daß das Wetter sich nach dir richtet oder auch nicht. Aber weil die M ö glichkeit besteht, daß zumindest die Sache mit dem Wetter wahr ist, bin ich gekommen, dir zu sagen, daß du so etwas nicht tun darfst. Weißt du nicht, was uns passieren kann, wenn du mit dem Wetter herumpfuschst, als sei es ein Spielzeug, Kind? Diesmal lag die Betonung auf Kind und wies darauf hin, daß Leonie ü ber ihr Tun nicht mehr nachgedacht hatte als ein S ä ugling, der nach dem h ü bschen bunten Ball oder einer Feder langt.
Wenn Ihr einen Geisterwind meint , fuhr Leonie auf, versichere ich Euch: So unbedacht bin ich nicht!
Doch Fiora sah sie weiter vorwurfsvoll an, und da erkannte Leonie, was der Bewahrerin wirklich Sorge machte. Oh, die Bauern! Es klang wegwerfend. Die interessieren mich nicht.
Ein Jammer, daß du den Unterricht in den Pflichten einer Hastur und einer Comyn nicht ebenso ernst genommen hast wie die Lektionen ü ber deine eigene Bedeutung. Die Bauern brauchen den Regen , erkl ä rte Fiora eindringlich, und wir h ä ngen mit unserem Essen von den Bauern ab. Wenn die Ernte aus Mangel an Wasser verdorrt und tot auf den Feldern liegt, ist es auch f ü r die m ä chtigste Gabe in den Dom ä nen zu sp ä t, das wiedergutzumachen. Leonie starrte die Bewahrerin an, als traue sie ihren Ohren nicht, aber Fiora war noch nicht fertig.
Und ganz abgesehen davon, eins von den ersten Dingen, die du — wie alle anderen — hier lernen mußt, ist, daß eine leronis niemals aus Eigennutz etwas tun darf, womit sie das Gleichgewicht der Natur st ö rt. Wenn wir gelegentlich tats ä chlich eingreifen, um eine gef ä hrliche Situation zu ver ä ndern, beraten wir uns erst mit anderen und w
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