An den Feuern von Hastur - 9
retten. Sie schluckte, doch der Klumpen in ihrer Kehle wollte nicht weichen, und ihr Mund war staubtrocken. Aus MacArans Verhalten ging ganz deutlich hervor, daß die Landung viel gef ä hrlicher war, als sie an Bord des Schiffes geglaubt hatten. Darauf war ich nicht gefaßt, als ich mich zum Raumdienst meldete! Eben waren sie in Wolken gefallen, dicke, scheinbar bodenlose Wolken. Jetzt rollte und gierte die F ä hre wie eine Karussell-Gondel in einem Vergn ü gungspark, und sie kamen unterhalb der Wolken heraus. Vor ihnen lag eine endlose Strecke immergr ü ner B ä ume, durchfurcht von Narben, die von alten Waldbr ä nden stammten. Immer weiter schlingernd, sanken sie tiefer. Offenbar suchte MacAran verzweifelt nach einer Stelle, die eben genug war, um die F ä hre aufzusetzen. Ysaye wußte, daß Atmosph ä re-Flugzeuge f ü r gew ö hnlich gegen den Wind landen, aber sie sind nicht dazu bestimmt, in einem Sturm wie diesem zu fliegen. Und als w ü rde der Wind noch nicht reichen, verschwand einen Augenblick sp ä ter die Landschaft unter einer Schneedecke, die beinahe ebenso dick war, wie es die Wolken gewesen waren.
Ysaye konnte nur hoffen, daß MacArans Instrumente tadellos funktionierten.
Die Suche nach dem optimalen Landeplatz wurde zeitlich begrenzt durch die noch vorhandene Energie der F ä hre. Z ö gerte MacAran zu lange, war zum Landen gar keine Energie mehr da. Und ohne Energie zu landen, hier und jetzt .
Hinzu kamen die Gefahren des Landeplatzes, der nicht besonders erfreulich ausgesehen hatte, als Ysaye einen Blick darauf hatte werfen k ö nnen.
Das Schneetreiben kl ä rte sich f ü r einen Augenblick. Ysaye verrenkte sich den Hals, ignorierte es, daß die F ä hre sie gegen die Gurte schleuderte, und bekam MacArans Schirm mit dem verst ä rkten IR/UV-Bild ins Blickfeld. Wenigstens darauf hatte der Schnee keinen Einfluß. Und offensichtlich war genug Warme vorhanden, daß der Infrarot-Scanner etwas aufnahm. Jenseits der B ä ume , stieß MacAran hervor, werden wir aufsetzen. Versuchen m ü ssen wir es auf jeden Fall. Keine große Wahl.
Sieh doch! rief Elizabeth pl ö tzlich. Sie klebte immer noch am Fenster, und offenbar hatte sie etwas entdeckt, den ersten Hinweis auf die eingeborenen Intelligenzen, den sie mit eigenen Augen gesehen hatte. Eine Burg.
Es kann keine sein , antwortete David. Jedenfalls keine richtige. Denke daran, wie die Franzosen, als sie zwischen den Irokesen landeten, ihre befestigten, aus Holz erbauten St ä dte chateaux nannten und damit endeten, daß sie drei oder vier St ä dten den Namen >Castletown< gaben.
Ysaye starrte sie entgeistert an. Niemand als David und Elizabeth, dachte sie, waren imstande, linguistische Feinheiten angesichts einer unmittelbar bevorstehenden Bruchlandung zu diskutieren.
Elizabeth! protestierte sie lautstark. Ich glaube kaum . Elizabeth wandte ihr das Gesicht zu. Es war so bleich, daß es gr ü n wirkte, und ebenso verkrampft wie das Ysayes. Ich dachte, Beten w ü rde nicht viel f ü r die Moral tun , gestand Elizabeth mit zitternder Stimme.
Von den Kontrollen kam MacArans Gemurmel: Etwas Besseres werden wir wohl nicht mehr finden. Er hob die Stimme: Achtung, da hinten! Bereiten Sie sich auf eine Notlandung vor! Absturzpositionen!
Ysaye beugte sich gehorsam vorn ü ber, nahm die empfohlene zusammengekr ü mmte Haltung ein und bedeckte den Nacken mit den H ä nden. Die F ä hre setzte hart auf, prallte ab und ber ü hrte den Boden von neuem. Die Absturznetze entfalteten sich und hielten sie in ihren f ö talen Positionen fest. Kissen bl ä hten sich unter den Sitzen auf, ein Dutzend verschiedener Alarme schrillte. Die F ä hre sprang, kam herunter und prallte noch einmal ab. Ysaye war l ä ngst dar ü ber hinaus, sich zu f ü rchten. Sie war wie gel ä hmt. Nichts in ihrer Ausbildung oder ihrer praktischen Erfahrung hatte sie auf so etwas vorbereitet.
Ich werde sterben, dachte sie. Der Gedanke bewegte sich tr ä ge durch das dickfl ü ssige Meer ihrer Benommenheit. Beim n ä chsten Hopser barst die H ü lle. Ysaye h ö rte das ü belkeiterregende Ger ä usch von reißendem Metall. Dann verlor sie gn ä digerweise das Bewußtsein. Als sie wieder zu sich kam, bliesen ihr eiskalte Luft und Schnee ins Gesicht. Die H ü lle war an mehreren Stellen gerissen, und Ysaye konnte erst gar nicht glauben, daß sie noch lebte. Sie war sich nicht sicher, wie lange sie bewußtlos gewesen war, aber die Kissen waren zu flachen, flatternden Gespenstern geschrumpft, und
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