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An den Feuern von Hastur - 9

An den Feuern von Hastur - 9

Titel: An den Feuern von Hastur - 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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die von den Monden kam?
Eine Gefahr von den Monden — und sie kam mit Gedanken, die
sie h ö ren, wenn auch nicht verstehen konnte. Das ergab keinen Sinn,
nicht einmal f ü r sie. Bis vor kurzem hatte sie geglaubt, die Monde
seien nicht mehr als Lampen, die die G ö tter in ihrer G ü te am Himmel aufgeh ä ngt hatten, damit sie die Nacht erhellten. Jetzt wußte
sie so gewiß, was sie waren, wie sie die Geographie ihrer eigenen
Dom ä ne kannte: ö de, leblose, luftlose Steinkugeln. Und trotzdem
waren sie irgendwie f ä hig, eine Art von Leben zu erhalten . Leonie zwang sich zur Ruhe und sammelte ihre Kr ä fte f ü r die
Suche. Dann hatte sie mit einem einzigen Gedanken ihren K ö rper
verlassen und betrat dieses seltsame Reich, in dem sie erst ein- oder zweimal geweilt hatte, und das nicht f ü r lange. Die ü berwelt, wie Leonie sie sich vorstellte und deshalb jetzt auch sah, war eine flache,
konturlose, formlose graue Ebene ohne Landmarken . Nein, hinter ihr erhob sich der Turm, nicht ganz der DalereuthTurm, wie sie ihn kannte, aber immer noch zu erkennen. Er war
kleiner, ohne unterscheidbare Zeichen und in einen Dunst geh ü llt,
der Einzelheiten verschleierte — wahrscheinlich, dachte Leonie, weil
sie sich den Turm nie richtig von außen angesehen hatte, und jetzt
sah sie ihn hier, wie sie ihn sich dachte. Weit entfernt, aber l ä ngst
nicht so weit entfernt, wie er wirklich war, stand ein zweiter Turm,
der Arilinn sein mußte. Zum ersten mal erlebte Leonie, daß an diesem Ort Gedanken real waren und alles so erschien, wie sie es sich
vorstellte.
Hatte man ihr deshalb eingepr ä gt, sie m ü sse immer positiv denken?
Heißt das, hier kann es keine Gefahren geben, solange ich nicht
an sie glaube? fragte sie sich.
Nein, das w ä re zu simpel, zu naiv. Aber es hieß, daß eine furchtlose Einstellung sie davor bewahren konnte, selbst Gefahren zu erfinden.
Leonie streckte sich und stellte leicht erstaunt fest, daß sie in
dieser Umgebung k ö rperlich — wenn man das Wort hier anwenden
durfte — anders war als in ihrer gew ö hnlichen Welt. Zum Beispiel
schien sie ä lter zu sein und empfand eine Gelassenheit, die sie oft —
mit unterschiedlichem Erfolg — zu spielen versucht hatte. Nat ü rlich, diese ä ltere, erwachsene Version war ihr wahres Ich.
Sie brauchte sich keine Gedanken zu machen, wenn sie vorgab, so
zu sein. Schließlich tat sie dann doch nur so, als sei sie ihrem besten
Ich ä hnlicher.
Und war es nicht genau das, was die meisten Lehrer und Ratgeber
w ü nschten?
Ihr langes Haar von leuchtendem Rot, das f ü r gew ö hnlich ordentlich geflochten war, hing ihr offen und wild beinahe bis zur Taille, als
sei sie eine Heldin aus einer alten Sage. Vielleicht eine große leronis
aus dem Zeitalter des Chaos .
Aber sie war wegen einer dringenden Angelegenheit hier, nicht,
um dieses M ä rchen-Ich zu bewundern. Kaum hatte sie diesen Gedanken formuliert, als sie auch schon auf und davon war, wie der
Wind durch die ü berwelt strich und nach der Quelle der unerkl ä rlichen ä ngste suchte. In diesem Reich war sie imstande, sich beinahe
mit der Geschwindigkeit des Gedankens zu bewegen. Sie ü berquerte
die Ebene, ü ber die sie auf dem Weg nach Dalereuth geritten war, und sie legte in Sekunden eine Strecke zur ü ck, f ü r die sie und Lorill beinahe drei Wochen gebraucht hatten. In der Ferne sah sie Burg Hastur am Rand der Hellers, und sie dachte an ihren Zwillingsbruder. Ob sich Lorill, der m ö glicherweise selbst tr ä umte, ihr bei ihren Erkundungen anschließen w ü rde? Es war schrecklich einsam hier: Sie w ü nschte sich gl ü hend, er werde es tun, und hoffte, ihre W ü nsche
h ä tten die Kraft, ihn zu ihr zu bringen.
Aber sie sah ihn nicht, und sie ging allein weiter. Diese Nacht
gab es noch andere Reisende in der ü berwelt. Stumme Gestalten,
die ziellos oder in unbekannten Angelegenheiten dahinwanderten,
kamen an ihr vorbei. Keine sprach Leonie an, keine n ä herte sich ihr,
und sie h ä tte gern gewußt ob sie sie ü berhaupt sahen. Tr ä umten sie,
oder suchten sie etwas in dieser astralen Welt?
Doch es kam kaum darauf an, ob sie sie sahen oder nicht, denn sie
hatte mit ihnen heute nacht nichts zu schaffen. Zu leicht konnte es
geschehen, daß sie sich hier ablenken ließ und sich vielleicht verirrte.
Deshalb konzentrierte sie Willen und Gedanken auf das, was sie
geweckt hatte, und fand sich zwischen Bergen wieder. Deutlicher als
alles andere wurde ihr der eisige Wind bewußt.
Leonie

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