An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)
tun!“
„Kämpfe!“
Ein Brennen in seinem Mund riss Wolf aus dem seltsamen Traum, er schnellte panisch in die Höhe und musste sich fast übergeben.
„Oh ja! Oh ja! Das ist gute Medizin, mein Freund. Macht dich im Nu wieder gesund!“
Wolf erkannte die Stimme des alten Binschli, den sie vor Tagen am Lacu Loudin getroffen hatten und tatsächlich füh l te er beim Geschmack des seltsamen Gebräus, das ihm der Alte eingeflößt hatte, seine Sinne wiederkehren.
„Wie lang …?“
Binschli drückte den Oberkörper seines Patienten sanft auf die einfache Pritsche zurück.
„Lange genug, um dich zu erholen, tapferer Held! Lange genug!“, er tätschelte ihn ermutigend auf die Schulter, „musst stark sein für den Kampf!“
Über ihnen herrschte tumultartiges Getöse, das von leichten Beben und feinen Sandniederschlägen begleitet wurde, schwer e los verwirbelt von gelegentlichen lautlosen Prisen, wenn die furchtbaren Schreie verstummten und das freudige Toben der Masse einsetzte.
„Wo sind wir hier und was ist das für ein Lärm über uns?“, ene r gisch ergriff er den Arm des alten Mannes, der immer noch se i nen lustigen Flickenmantel trug.
„In den Katakomben Elderwalls, unterhalb der Opferspiele, zu Ehren eines selbsternannten Gottes. IAH! IAH! Machen die gei-fernden Esel da oben und feiern euphorisch ihren arglist i gen Treiber, der ihnen lachend die Last des hundertfachen Todes Unschuldiger aufbürdet, auf dass sie sich freuen und feiern, nichtsahnend des nahenden Unheils. Eingesperrt h a ben mich die elenden Geizhälse, weil ich Hunger hatte und kein Geld. Da hab ich mir was geliehen. Was soll ich denn machen, verhungern in der heiligen Stadt? Was für einen Schande!“
„Von was redest du da, alter Wirrkopf!“ Benommen hielt er sich eine Hand über Stirn und Augen, als er sich aufrichtete. „Wo sind Hannah und Natas?“
„Gerade eben hat man einige Frauen und Kinder geholt, um sie in die Arena über uns zu bringen. Hannah und Natas waren unter ihnen!“, berichtete ein besorgter Mann, der hinter Binschli im Halbschatten stand und den Wolf als denjenigen erkannte, der schon einmal den ängstlichen Jungen beruhigt hatte.
„Karben lässt die Mitglieder und Familien des gesamten Rates ermorden. Er badet sich im Jubel der johlenden Menge, wä h rend hungrige Merlotwölfe ihre Leiber zerreißen, ein mächtiger Nim- b ron ihre Knochen zermalmt und bezahlte Mörder ihre Körper schänden, so erzählen es jedenfalls die Wächter untereinander, wenn sie grölend und lachend weitere Gefangene aus den b e nachbarten Zellen holen. Der Frau und dem Jungen blüht dasse l be Schicksal, sie sind dem Tode geweiht!“
Wolf sprang auf, kämpfte verbissen gegen das übermächtige Schwindelgefühl, schwankte zur Zellentuer und rüttelte e r folglos an dem rostigen Stahlgitter. „Nein!“, rief er in den dunklen Gang hinaus, der nur spärlich von Fackeln beleuchtet wurde und glitt langsam an den St ä ben nach unten, als sein Ruf unbeantwortet widerhallte.
„Würde das helfen?“ Binschli hielt ihm freudig einen ovalen Reif mit großen, unansehnlichen Schlüsseln vor die Nase, „hab ich mir von einem der Wärter geliehen!“
Ohne ein Wort zu verlieren, riss Wolf dem alten Mann sein Di e besgut aus den Händen, zwängte seinen Arm durch das enge Gitter und versuchte jeden der Buntbarte an dem Schloss auf der anderen Seite der Tür.
Als er nach kurzer Zeit ein leises Kl i cken vernahm, nickte er zufrieden und öf f nete das schwere Tor mit einem verräterischen Quietschen. Behutsam vergewisserte er sich, dass keine Wächter in dem Gang patrouillierten, dann drehte er sich zu Darius und warf ihm die Schlüssel zu. „Lasst die Menschen frei und bringt sie in Sicherheit!“
„Ich kenne die Labyrinthe aus meiner Jugend!“, entgegnete der ehemalige Ratsherr, „an den Ufern des Utras liegen einige Boote, mit denen man die verborgene Passage zum Endlant Hafen b e fahren kann. Die Stromschnellen sind zwar tückisch, aber wir könnten es schaffen!“
„Gut! Eines der Boote soll eine Weile warten, bis wir nachko m men!“
Darius legte freundschaftlich die Hand auf die Schulter des Kri e gers. „Kommt mit uns. In eurer Verfassung und ohne Waffen lauft ihr in den sicheren Tod!“
„Ich muss es versuchen, ansonsten wäre mein Leben sinnlos!“
Der alte Mann erkannte die Entschlossenheit in Wolfs Augen und nickte verständnisvoll. „Ich verstehe! Euer mutiges Herz gleicht dem eines alten Freu n
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