An den Springquellen
Ay ist und unterwegs nach Hadam, um dort die wunderschöne und junge Prinzessin Soraise zur Gemahlin zu nehmen, die, wie jedermann weiß, eine Lieblingstochter des Shallad ist.«
»Und was haben die mehr als fünfmal hundert Vogelreiter mit euch zu schaffen?«
Der Zug war also von den Spähern der Nomaden genau beobachtet worden, sagte sich Luxon. Er nickte Uinaho zu. Der Heerführer nahm einen Schluck des merkwürdigen Getränks – die Flüssigkeit kühlte Lippen und Zunge und erwärmte das Innere des Körpers.
»Der Anführer der Orhakenreiter, der Inshaler Garban, geleitet den Zug nach Hadam. Es sind wahrhaft grobe Gesellen, seine Krieger.«
Daß sie mit den Ay-Kriegern umgingen wie mit Knechten, hatten die Späher sicher gesehen. Aber niemand wußte, daß die Ay-Krieger stillhielten, weil ihre Stunde noch nicht gekommen war. Sie würden versuchen, die Rebellion nach Inshal zu bringen, und deswegen würden sie scheinbar freiwillig in Hadamurs Dienste treten. Dies mußte Uinaho verschweigen.
»Ein gewaltiger Zug!« stimmte Elejid zu. »Warum wolltet ihr meine Gäste sein?«
»Es sind mehrere Gründe«, erklärte Arruf. Verschiedene Gedanken erfüllten ihn und stritten in ihm. »Die Ay, man könnte sie als meine Freunde bezeichnen, fühlen sich als zukünftige Bürger des Shalladad nicht sonderlich wohl.«
»Um so erstaunlicher, daß ihr Prinz eine Tochter des Hadamur zur Frau nimmt«, erwiderte Elejid mit feinem Lächeln. »Oder zwingt man ihn zu seinem Glück?«
Arruf und Uinaho stießen ein rauhes Gelächter aus. Während der Hochzeitszug nördlich von ihnen entlang der Heerstraße in der Richtung des Sonnenunterganges weiterschlich, versuchte er, einen Sinn in diesem Abenteuer zu erkennen. War es wirklich nichts anderes als eine weitere Station seines eigenen Weges zum Thron des Shallad?
»Ich fürchte, es wird eine Hochzeit, die dem Brautpaar wenig Freude bringt«, erklärte der hünenhafte Heerführer. »Der Prinz wurde nicht gefragt. Befehl des Shallad. Wir haben viel von Ungerechtigkeiten und Blutgier, Machtstreben und übler Herrschaft von Hadamur gehört. Wir fürchten, daß wir unsere Freiheit verschenken.«
Jeder Schritt des Schicksals, den er überlebte, sagte sich Luxon, war ein Schritt auf das Ziel zu. War es wirklich so? Überlebte er den Zustand, in dem seine Augen ein Pfand darstellten? Die Krieger im Zelt saßen schweigend da, und es war nicht zu erkennen, was sie dachten. Ausnahmslos waren sie mit Dolchen, Krummschwertern und breiten ledernen Gurten ausgerüstet, die wie kleine Harnische wirkten.
»Mein Stamm kann euch nicht helfen, die Freiheit zu behalten«, sagte Elejid geringschätzig.
»Wer sichert euch die ungebundene Lebensweise in Horien? Wer hilft euch, wenn die Truppen Hadamurs kommen?« Arruf stellte eine weitere Fangfrage.
»Was wißt ihr wirklich von Horien?«
»Entlang des Weges erfahren viele Männer viele Gerüchte und manche Wahrheiten. Ist es der Shaer der Horier?«
»Vielleicht sagte ich euch heute, beim gemeinsamen Festmahl, wie wir unsere Freiheit zu behalten gedenken«, antwortete der Brahid nach längerem Nachdenken. »Aber wichtig sind die Ratschläge des mächtigen Shaer O’Ghallun für uns, beim Wind der Wüste.«
»Der auch uns zu schaffen macht«, versetzte Arruf. Möglicherweise schafften sie es, über; Elejid Zugang zu O’Ghallun zu erhalten. »Wer ist dieser Shaer mit dem seltsamen Namen der nordisch klingt?«
Ein Ur schrie von der Weidefläche herüber. Dumpfes Wiehern der Pferde antwortete. Der Brahid zog die Schultern hoch und schwieg nachdenklich. Endlich antwortete er:
»Ihr werdet ihn niemals sehen. Er zeigt sich nur uns Brahiden.«
»Selbst wenn die Brahiden, in diesem Fall du, Elejid, ihn bitten, eine Ausnahme zu machen und mit uns zu sprechen?«
»Diese Bitte ist ihm bisher noch niemals vorgetragen worden.«
»Dann sollten wir es jetzt versuchen«, rief Uinaho. Er hielt sich zurück, denn er wußte, daß Luxon für eine solche Unterhaltung bessere Waffen besaß als er; die Leichtigkeit des Wortes und die nötige Verschlagenheit. Elejid winkte ab und deutete auf einen Krieger. Der Mann sprang auf. Tatsächlich, fuhr es Luxon durch den Kopf, das Wort Elejids ist in diesem Stamm Gesetz! So wird es auch bei allen anderen Horiern sein.
»Bringe unsere Gäste in das Zelt, das sie bewohnen. Dort findet ihr«, er wandte sich an die Männer, »Erfrischungen und Ruhelager. Noch etwas. Es ist Sitte in unserem Stamm, daß ein Fremder die Frauen
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