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An den Springquellen

An den Springquellen

Titel: An den Springquellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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durstig. Was lag näher, als sich an der Quelle zu laben und die schmerzenden Glieder im Teich zu kühlen? Gesagt, getan, und als sich der Recke bückte, zog ihn das Gewicht der schweren Rüstung und Waffen kopfüber in den Teich und ließ ihn jämmerlich ertrinken. Für uns Durstige lernen wir daraus, daß es wichtig ist, vor dem Trinken die Waffen wegzustecken und die Rüstung abzulegen. Du hast nicht zufällig einen Becher Wein dort in der Türmerstube?«
    Hrobon grinste und tat den Einwand mit einer schroffen Handbewegung ab.
    »Alle Stämme der Horier, es sollen ausnahmslos Nomaden sein«, erklärte Necron weiter, »sehen die Quellen als geheiligten Bereich an. Die Stämme gehorchen, wie dein Prinz Odam wohl besser als ich weiß, dem Shaer O’Ghallun. Nun, weiter in der Legende: kaum floh das Leben in Form kleiner Luftblasen aus Illanen, dem Alptraumritter, wie man munkelte, ging alle seine Kraft in die Quellen über.«
    Aus Osten, hinter den zitternden Bäumen, ertönte ein dumpfes Horn. Augenblicklich blies ein Ausguck auf dem Palastyarl ein Antwortsignal, dessen Echo vom anderen Ende des Waldes zurückgegeben wurde. Dann schob sich zwischen zwei riesigen Bäumen ein mittelgroßer Yarl hervor, auf dessen Rückenpanzer sich ebenfalls eine kleine, stark befestigte Stadt erkennen ließ.
    »Berichte mir weiter, wenn wir auf diesem Tier sind!« hielt Hrobon seinen Nachbarn zurück. »Die Signale! Hörst du, wie sie den anderen Yarl hierher rufen?«
    »Ich sehe ihn sogar!« antwortete Necron und schauerte wieder bei der Vorstellung, dem tödlichen Tritt der mächtigen Pranke entgangen zu sein.
    Beide Yarls verringerten ihre Geschwindigkeit. Vorsichtig näherten sich die Ränder ihrer Rückenschilde. Die Mauern, Zinnen, Rampen und Häuser des anderen wurden deutlicher. Schlackenhelmkrieger öffneten die Palisaden vor einer Plattform. Die Zugbrücke senkte sich, als die Krieger die Seile nachließen.
    Hrobon packte Necron am Oberarm.
    »Komm mit mir!«
    Er turnte über die schmale Planke und hielt sich nur an einem Leitseil fest. Schnell folgte Necron und blickte kein einzigesmal in den Abgrund zwischen den Mauern hinunter. Hilfreiche Hände streckten sich ihnen entgegen, und wieder ertönten dumpfe Hornsignale. Man riß Hrobon und Necron auf die Plattform hinauf und schloß die Barriere.
    »Willkommen. Wohin?«
    Hrobon zeigte mit dem Daumen über die Schulter auf den Alleshändler.
    »Dieser Mann, Necron, wird uns direkt zu den Springenden Quellen führen. Fragt in nach dem Weg, falls ihr ihn nicht genau kennt.«
    Er stieß ein mißtönendes Gelächter aus und verschwand in einem der Türeingänge, aus dem hervor es nach Braten und Wein roch. Necron grinste zurückhaltend und stellte fest, während er den schweigenden Kriegern den Weg der nächsten Stunden beschrieb, daß das Duell der Augen von keinem der zwei Gegner wieder aufgenommen worden war. Der Palastyarl blieb zurück und schlug einen anderen Weg ein.

4.
    Arruf säuberte mit der Spitze des Dolches seine Fingernägel und blickte immer wieder aufmerksam zu Elejid hinüber.
    »Morgen sind wir an den Quellen«, sagte seltsam unbetont der Ay.
    »Und heute war Elejid ausgesprochen milden Sinnes, wie mir scheint. Oder zu müde. Oder andere Dinge lenkten ihn ab.«
    »Das eifersüchtige Bewachen seiner Frauen wird’s wohl gewesen sein«, knurrte Uinaho und warf zielsicher einen abgenagten Kaninchenknochen ins Feuer.
    In der Nachtluft hing Feuchtigkeit und legte sich auf die Haut, machte die Kleidung klamm und überzog Leder und Waffen mit winzigen Wasserperlen. Die Sterne und die feine Sichel des Mondes besaßen milchige Höfe. Vom Flußufer her tasteten bleiche Finger aus Nebelschwaden nach den Feuern. Jedes Geräusch klang unnatürlich laut. Kurz bevor die Karawane anhielt, um zu rasten, war der Fluß wieder ans Tageslicht getreten, nachdem er eine längere Strecke unter den Felsen dahingerast war. Jetzt war der Largin nur mehr ein schmaler, reißender Bach, in dem die Nomaden viele Fische gefangen hatten. Das Lager und die Umgebung der Feuer stanken nach gebratenen Fischen und den schuppigen Hautresten. Die Feuer ließen keine Funken in die dumpfige Luft wirbeln, sondern brannten mit langen, lanzenförmigen Flammen. Unausgesprochen lagen Drohung und Verhängnis in der Luft.
    Hinter den zwei Fremden zischte eine Stimme:
    »Morgen werden wir fliehen!«
    Arruf zuckte zusammen. Maldra! Ihre Stimme mußte bis zum Feuer zu hören gewesen sein. Zwischen

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