Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
An den Springquellen

An den Springquellen

Titel: An den Springquellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
Bewegung und deutete auf die Schlafplätze unter dem Dornbusch. Arruf legte einen Arm um Uinahos Schultern und zog den Ay mit sich. Er dachte nicht daran, sich in sein Schicksal zu fügen. Trotzdem erfüllte ihn kochende Wut. Als er sich wieder in den Mantel einwickelte, knurrte er:
    »Verdammte Weiber! Das verdanken wir einzig und allein Maldra.«
    »Sage nicht, daß ich nicht gewarnt hätte«, meinte Uinaho. »Morgen sollten wir zwischen den Wassersäulen flink und sehr geschickt sein.«
    »Aber auch Elejid sollte den Tag nicht vor dem Abend loben«, versuchte ihn Arruf zu ermutigen. Später hörten sie aus dem Lager das Geräusch von Schlägen und ein wimmerndes Schreien, das plötzlich abriß.
*
    Arruf wußte, daß diese Gefangennahme noch nicht das Ende bedeutete. Schon während der letzten Wegstrecke hatten sie sich keineswegs mehr als Gäste sehen dürfen. Entwaffnet, gefangen, aber nicht gefesselt. Sie hatten gegen das Gesetz des Stammesanführers verstoßen und würden ihre Chancen wahrnehmen müssen. Für ihn bedeutete der Umstand, daß die Wachen Maldra in der Nähe der Fremden ertappt hatten, nicht den einzigen Grund für das gnadenlose Verhalten der Nomaden. Sie wollten den Fremden nicht den Ort zeigen, an dem Shaer O’Ghallun residierte. Sie ließen auch nicht zu, daß Maldra dies tat. Andererseits rechnete Elejid sicherlich mit der Rache der Orhakenreiter des Shallad – also brauchte er einen Vorwand, die beiden Fremden und Maldra in das Inferno der Springenden Quellen zu jagen. Seine Frau hatte ihm durch ihr ungeschicktes Verhalten diesen Grund gegeben.
    Arruf sagte sich, daß er und Uinaho durch ihre eigene Nachlässigkeit in die Falle gegangen waren.
    Die Nomaden behandelten sie mit einer nicht geringen Ritterlichkeit. Sie erhielten ein reichliches Essen, jedem gab man einen Becher Wein, aber dann wurden sie mit ledernen Riemen an Händen und Knöcheln gefesselt und auf dem achterlichen Teil des Wagens festgebunden. Drei Nomaden ritten am Ende der Karawane. Sie hielten die Bögen in den Händen. Leise unterhielten sich Uinaho und Arruf und versuchten, eine Möglichkeit zur Flucht zu finden. Die Nomaden blieben wachsam; immer wieder ritt einer der Reiter an den Wagen heran, spähte nach den zwei Gefangenen und kontrollierte den festen Sitz der Fesseln. Maldra war auf die Schultern eines Urs gebunden worden, einige hundert Schritte weiter vorn in dem schweigenden Zug.
    Uinaho hob seine Handgelenke und wischte Schweiß, Schmutz und feinen Sand von seiner bärtigen Wange.
    »Ein wenig bequemer Weg zu unserem Ziel, Arruf«, sagte er mürrisch. Arruf grinste wegwerfend und entgegnete kurz:
    »Sind wir schwache Kinder oder listenreiche, schnelle Krieger? Vorübergehend sind wir in unserer Bewegungsfreiheit eingeschränkt.«
    »Sehr eingeschränkt, allerdings, beim Schwertmond!« schimpfte Uinaho. »Du sorgst dafür, daß es sich bald ändert?«
    Jetzt mußte Arruf-Luxon wider Willen lachen.
    »Du und ich – wir haben schon größere Gefahren überstanden. Überdies rechne ich damit, daß mein Pfänder, der zeitweilige Besitzer meiner Augen, zur rechten Zeit erscheint und für das nötige Chaos sorgt. Wie du weißt, nähert er sich auf einem Yarl. Und dieses Tier ist den Springenden Quellen und den Nomaden sicherlich gewachsen.«
    »Ich verstehe nicht, wie du angesichts der Gefahr dennoch so guten Mutes sein kannst!« meinte Uinaho kopfschüttelnd. In ihm kochte es. Er hatte sich Arrufs wegen in den letzten Tagen ununterbrochen selbst übertroffen, indem er schwieg und tat, was Arruf verlangte. Alles in ihm drängte auf eine plötzliche Änderung, auf die Stunde, in der er wieder so sein konnte, wie stets; ein Heerführer der Ay, dessen Mut, Schnelligkeit und Rücksichtslosigkeit die Männer jubeln ließen, die er anführte.
    »Weil ich weiß«, beschied ihm Arruf, »daß selbst in der schlimmsten Notlage ein paar richtige Männer sich noch helfen können. Warte es ab, Freund!«
    »Ich kann nur hoffen, daß du nicht wieder eine deiner begeisternden Lügengeschichten erzählst.«
    »Niemals – dir gegenüber!« beteuerte Arruf. Im gleichen Augenblick merkte er, daß sich sein Pfänder hinter seinen Augen befand. Diesmal war ihm der Zwischenfall willkommen. Langsam drehte er sich und blickte nach vorn.
    Sein Pfänder konnte ein deutliches Bild erkennen:
    Die Karawane kletterte nun über einen halbhohen Hügelrücken. Bis zur obersten Kante der bewaldeten, grünen Erhebungen erstreckte sich ein flacher,

Weitere Kostenlose Bücher