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An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition)

An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition)

Titel: An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Beto
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voraus dümpelte ein Körper in der Dünung. Gott im Himmel! Janna schlug eine Hand vor das Gesicht. Dennoch hatte sie genug der grausigen Einzelheiten gesehen. Eine Seite des zwergenhaften indianischen Lotsen war aufgerissen; Blut sickerte aus reingewaschenem weißen Fleisch. Janna würgte Galle zwischen ihren Fingern hervor. Ihr war danach, sich wieder in die andere Richtung zu schieben; doch sie musste nachsehen, ob außer diesem armen Menschen noch andere dort waren. Sie hob den Kopf und zwang sich, den übel zugerichteten Leichnam nicht wahrzunehmen. Wahrhaftig, dort war ein schmales Boot, und zwei Menschen schritten über den Sand. Weiter hinten, fast am Horizont, bewegten sich dunkle Punkte. Anscheinend hatte das Schiffsunglück diese Leute herbeigelockt.
    Janna wollte um Hilfe rufen. Aus ihrer Kehle kam nur ein Krächzen. Als sie sich hochstemmen wollte, versanken ihre Hände. Sie versuchte zu winken, aber selbst das war schwierig. Zum Donnerwetter, am Ende würden diese Leute sie übersehen, nur weil sie nicht imstande war, sich bemerkbar zu machen!
    Mittlerweile waren die beiden Männer bei dem Toten angekommen. Sie bewegten sich äußerst vorsichtig. Dass sie nicht versanken, lag offenbar daran, dass dort drüben der Boden nicht gar so schlüpfrig war. Sie hatten sich mit einem Seil gesichert, das an einem schmalen, langen Boot festgemacht war. Wer sie wohl waren? Ihre sehnigen Körper waren nackt, bis auf zerschlissene Kniehosen. Auf den Rücken trugen sie Macheten. Einer drehte den Leichnam, gänzlich unbeeindruckt von dieser schrecklichen Haifischwunde, löste den armseligen Schmuck von den Gliedern und stopfte ihn sich in die Hosentaschen. Er grunzte erfreut, als er Vesterbrocks kostbares Messer an den Hüftschnüren entdeckte. Als er die Schärfe der Klinge erprobte, indem er es dem armen Indio ins tote Herz stieß, presste Janna das Gesicht in den Sand.
    Von denen wollte sie nicht gefunden werden. Dann lieber ertrinken oder verdursten.
    Ein Schatten fiel auf sie. Sie sah auf. Wie war diesen Männern so rasch gelungen, den Weg zu ihr zurückzulegen? Eine schwielige Hand griff in ihr Haar. In dem wettergegerbten Gesicht, von zotteligen Strähnen und einem Bart umrahmt, der wild wucherte und irgendwie lebendig wirkte, erschien ein schmieriges Grinsen.
    Plötzlich war da doch Kraft. Viel Kraft. Janna war auf den Füßen, ohne dass sie hätte sagen können, wie sie hochgekommen war. Sie warf sich herum und schaffte zwei schwere Schritte. Sofort versank sie bis zu den Knien im Schlick. Sie sackte nach vorne; ihre Hände gruben sich in den Boden. Noch einmal kämpfte sie sich hoch, doch wiederum nur um den Preis, noch tiefer im Sand zu versinken.
    «Hilfe! Reinmar! Herr Kapitän! Hilfe, so helft doch, ich bin hier! Hilfe! »
    Eine Hand umschlang ihren Fuß und zog ihn aus dem Sand. Janna rollte auf den Rücken. Auch der vordere der beiden Männer hatte sich auf den Boden gelegt, während der andere darauf achtete, dass er sich nicht in dem Seil verhedderte. Seine kräftige Hand hielt mühelos ihr Bein, während sie vergebens nach ihm zu treten versuchte, und schlang ein weiteres Seil darum. Derweil sprachen die Männer ruhig miteinander. Janna verstand kaum ein Wort, auch wenn sie meinte, hier und da etwas Spanisches herauszuhören. Schließlich schob sich der Kerl rücklings über den Sand, richtete sich dann auf, und gemeinsam machten sie sich auf den Rückweg zu ihrem Boot.
    Das Seil spannte sich. Ihr anderer Fuß steckte noch im Schlick! Janna schrie, als sich ihre Beine schmerzhaft spreizten. Die Männer schien das nicht zu bekümmern. Schmatzend kam der Fuß frei.
    Sie schleiften sie hinter sich her. Ihr Gesicht war verklebt von nassem Sand; sie sah kaum, wie diese Leichenfledderer sich nach ihr bückten und ihre Arme packten. Grob wurde sie ins Boot gezerrt. Es tat weh, aber sie war entschlossen, nicht mehr zu schreien. Fest biss sie die Zähne zusammen. Ihre Hände griffen in allerlei in Bilgenwasser dümpelndes Treibgut, hauptsächlich Seile und Segelfetzen. Sie kämpfte sich auf die Knie, versuchte auf der anderen Seite wieder aus dem Boot zu klettern. Aber der Sand machte sie schwer. Erschöpft sackte sie auf die Knie.
    Mit den Paddeln stemmten die Kerle das Boot in einen Priel. Einer hockte sich an die Ruderpinne; der andere langte in Jannas Haar und zwang ihren Kopf hoch. Das Grinsen des Mannes ließ sie fast ohnmächtig werden vor Furcht.
    Doch als der Mann an der Ruderpinne etwas rief, ließ

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