Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition)

An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition)

Titel: An den Ufern des goldenen Flusses (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Beto
Vom Netzwerk:
früher oder später in Angostura ankomme.»
    «Gewiss nicht. Zumal Sie die Rückreise viel schneller zurücklegen werden als die beschwerliche Herfahrt. Bei Hochwasser und flussab sind es keine zehn Tage bis dorthin.»
    Janna fragte sich, warum er zufrieden in sich hineinlächelte. Als hätte er sie bei irgendetwas ertappt. Nun, sie hatte den kleinen Umweg nicht erwähnt, den Arturo und sie noch bewältigen mussten. Alle Gedanken daran versuchte sie tunlichst nicht zu vertiefen, denn gemütlich würde dieser Ausflug nicht werden. Andererseits hatte sie so viel hinter sich, dass es auf zwei, drei Tage mehr in der Wildnis gar nicht ankam. Und ja … insgeheim freute sie sich darauf. Auf die Lust am Entdecken. Auf die Lust, noch ein weiteres Abenteuer an Arturos Seite zu bestehen. Und auf die Lust am Gold … Plötzlich fiel ihr ein, worüber Frater Sebastián gestolpert war. Sie hatte Angostura als Ziel genannt. Nicht San Fernando de Apure weiter flussaufwärts.
    «Sie hatten Angostura schon öfter erwähnt, Señorita. Es ist Ihnen anscheinend nie aufgefallen?»
    «Nein.» Verlegen räusperte sie sich. «Was soll ich sagen? Das ist mir jetzt ungeheuer peinlich.»
    «Machen Sie sich darüber keine Gedanken mehr. Selbige habe ich mir nämlich schon vom ersten Tag an gemacht. Wer fährt denn mit einer kleinen Piroge so weit und will auch noch bis nach San Fernando den Rio Apure hinauf? Und bleibt dann so lange hier, dass es beim jetzigen Wasserstand nur mehr beschwerlicher werden würde? Außerdem hat es da die meiste Zeit des Jahres an die vierzig Grad; dorthin wandert doch kein Nordeuropäer aus.»
    Ihr Gesicht glühte. Vermutlich war es so rot, als hätten die Indios sie mit ihrer Schmuckfarbe bemalt. Dass sie, eine wohlerzogene Frau aus dem gehobenen Bürgertum, einfach mit einem halbwilden Mann durch die Lande zog und damit ihren Leumund kräftig ruinierte, hatte sie vollständig verdrängt.
    «Ich geriet an ihn, weil … weil …»
    «Ja?»
    Krampfhaft suchte sie nach Worten, diesen heiklen Umstand zu erklären. Er hat mich entführt. War das nicht ohnehin die Wahrheit? Zumindest in etwa?
    «Er hat mich gerettet.»
    «Dank sei dem Allmächtigen. Aber da es Ihnen schwerfällt, darüber zu sprechen, will ich auch nicht in Sie dringen. Wozu auch, nach so langer Zeit?» Sein Blick glitt über ihre Schulter hinweg. Sie wandte sich um und sah Arturo von der Bootslände heraufkommen. Seit langem trug er wieder sein altes Hemd und den breiten Gürtel, an den er sein Abschiedsgeschenk geknüpft hatte, ein Messer in einer Scheide aus dem harten Leder eines Kaimans. Er hielt den Schwanz Pizarros, der auf seiner Schulter im Takt der Schritte wippte.
    «Wo bleibt ihr?», rief er schon von weitem.
    «Jetzt wird es aber Zeit.» Frater Sebastián zog ein Lederbeutelchen aus dem Ärmel seines Habits und überreichte es ihr. «Señorita Sievers, ich möchte Ihnen dies hier zum Abschied geben.»
    Unter dem zarten hellen Leder erfühlte sie Härte. Sie schob die Finger in die Öffnung. Was sie dann hervorzog, ließ ihr Herz für einen Moment aussetzen. Ungläubig betrachtete sie die Dreiecke und Rosetten, das kantige Gesicht mit einer herausgestreckten Zunge, ungeschliffenen Smaragden in den Augenhöhlen und über der niedrigen Stirn eine halbkreisförmige Krone. Die einzelnen Glieder waren dick und schwer und golden.
    Sie hörte Arturos schweren Atem in ihrem Nacken.
    «Also hatte ich recht», sagte er. «Er hat ihn geborgen.»
    Bittere Enttäuschung schwang in diesen Worten mit. Eben noch mochte er in Gedanken bereits den triumphalen Erfolg genossen haben – und jetzt? So plötzlich? Sie glaubte zu spüren, wie sich sein Körper anspannte, sich danach sehnte, einen gewaltigen Schrei auszustoßen. Nur die Gegenwart des Guardian hielt ihn davon ab.
    Sie hörte seine sich entfernenden Schritte und sah ihm hinterher. Er hatte die Arme verschränkt; gewiss waren seine Hände zu Fäusten geballt.
    «Das hat Baron von Humboldt gefunden, nicht wahr?» Sie wagte nicht, den Blick von ihm zu wenden.
    «So ist es», bestätigte Frater Sebastián. «Er brachte es von einer seiner Exkursionen mit. Und zwar nur das, um Ihre nächste Frage vorwegzunehmen. Er hat die Einzelteile auf diese neue Lederschnur gefädelt. Und die übernächste Frage: Nein, er hat es unserer Mission nicht geschenkt. Er verlor es in den Wirren seines Aufbruchs. Die Ameisen, Sie erinnern sich?»
    Ameisen? Janna schüttelte den Kopf.
    «Ich habe Ihnen die Geschichte

Weitere Kostenlose Bücher