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An diesem einen Punkt der Welt - Roman

An diesem einen Punkt der Welt - Roman

Titel: An diesem einen Punkt der Welt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brita Steinwendtner
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Verwandte in Höhlen gibt und einer den lustigen Namen Axolotl trägt. Er machte die Kinder auf die Vielfalt der Gräser und Blumen aufmerksam, der Bäume, Steine und Gesteine und auf die Unterschiedlichkeit von schwarzer Erde und ockerfarbenem Lehm. Manche Mütter kamen mit, wenn die Kinder begeistert erzählten.
    Es sprach sich im Dorf herum, wie normal und nett der Büchernarr und Protestler im Grunde war. Wird schon nicht alles gestimmt haben mit den Drogen im Graben, damals, vor Jahren. Wer hat das mit den Drogen eigentlich aufgebracht? War doch niemand dabei. Einmal soll die Polizei dort gewesen sein, hat aber nichts gefunden. Ein paar Typen sollen dort schon aufgetaucht sein, die sogar dem Dylansänger selbst nicht recht waren. Hat auch einmal einen rausgeschmissen. Oder zwei. Und kämpfen tut er schon für uns, das muss man sagen. Kämpft, aber macht nie jemanden auf gemeine Tour fertig. Sogar der Bürgermeister hat Achtung vor ihm.
    Das Dorf und das Gerede.
    Es kann auch Gutes weitersagen.
    Verlangt hat Tom angeblich nichts für die Lamandergraben-Wanderungen mit den Kindern.
    *
    Das alte Bauernhaus zerfiel. Tom hatte große Renovierungsphantasien. Sie scheiterten allesamt am Alltag. Der war gefräßig nach allen Seiten. Tom schrieb in sein weiches Heft lange Listen, was zu tun sei. Das Heft ging ihm nach, von Zimmer zu Zimmer, es hatte Platz für viele Jahre, viele Zeilen und viele Listen mit Aufgaben:
    Veranda stützen, Wäsche aufhängen, Dach reparieren, Karlinger anrufen, Müll entsorgen, Hoflaterne reparieren, Winterholz bestellen, Mama anrufen, Mausefallen aufstellen, neue Eingabe gegen KaO Richter, Fertigbeton kaufen, Gitarresaiten besorgen, Hofseite mörteln, GfB Meeting 20.00 Uhr, neuen Werkzeugkasten kaufen, Nachhilfe-Angebot erfragen, Brief an Suhrkamp schreiben, Sponsor suchen, plakatieren, Rechnungen einzahlen, Flüchtlingsartikel schreiben, Holz kloiben, Einladungsmail an Marica Bodrožić für eine Lesung, Poli-Sitzung 10.00 Uhr, Raika-Kredit anfragen, Gras mähen, kopieren 400 Stück, Türe vom Saustall reparieren, Kap. 8 Tyrannenmord, Elisas Zimmer ausmalen, schwarze Ur-Hühner bestellen, Bewerbung aufsetzen, Abfluss im Bad reparieren, Angebot Baumeister Zittel für Reparatur von …
    Für alles je eine Zeile, jede mit einem Punkt links zur Bekräftigung und Übersicht, viele Notate sind durchgestrichen, mehr jedoch stehen noch da, Mahnungen an Unerledigtes, vom Frühling zum Herbst, vom Vorsatz zum Keine-Zeit-kein-Geld-Haben, so viel Ungetanes, wächst nachts zur Riesengröße, breitbeinig steht er da, der Riese, Tom duckt sich unter seinem Blick, es könnte auch ein Zwerg sein, der überall hinterherrennt und das zu Erledigende memoriert und ihm ins Ohr keift, und von Seite zu Seite wird Tom müder, von Tag zu Jahr, von Aufbruch zu Erschöpfung. Überfordert, sagte Matthias später, er hat sich selbst vor sich her getrieben, hat sich in den Ring geschickt, aber er war kein Boxer, er war ein Illusionist und unglücklicherweise zugleich ein Perfektionist, er setzte auf das Bestmögliche, und wenn er das nicht konnte, ließ er es bleiben, das Flickwerk in den Hausmauern, die Uni-Arbeiten und manchmal auch seine Beziehungen, er ließ sie davontreiben wie die Schiffchen, die er in den Bach setzte. Schaute ihnen nach und war enttäuscht von sich.
    Freunde, die ihm zur Hand gehen wollten, klagten über Toms Kompliziertheit, er drehe jedes Brett dreimal um, könne nichts wegwerfen und sich von nichts trennen. Mühsam. Dominik half, wenn er von seinem Studium zurück ins Dorf kam. Er hatte Montanistik gewählt, die Wissenschaft von der Bergkunde, das fand Tom die beste Rache an Professor X. Mikram aus Summerbach, der große Spieler, der jetzt Sozialbeauftragter des Bundeslandes für die Region war, packte gerne an, er war stark und erfinderisch. Auch Reinhold half das eine oder andere Mal, aber er war zu beschäftigt mit den letzten Tunnels für die Autobahn und nicht wirklich an einer Hausrenovierung interessiert. Er suchte bereits eine neue Unterkunft, wollte in eine bequemere Wohnung ziehen. Oliver hatte kein praktisches Geschick. Er hätte sich auch sein schickes Outfit schmutzig machen können. Warum störte Tom das? Er sollte sich vielleicht auch einmal neue Jeans und einen neuen Pullover kaufen. Er mied Oliver, soweit es ging. Tom war misstrauisch geworden. Ein Gefühl, das er bisher nicht gekannt hatte und bei anderen verachtete. Jeder war frei, zu tun, was er wollte, so hatte er bisher

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