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An einem Tag im Januar

An einem Tag im Januar

Titel: An einem Tag im Januar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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»Ich … ich freu mich auch, Sie zu sehen.«
    Am besten, er brachte es gleich hinter sich. Er senkte die Stimme, auch wenn Jacob ihn in dem Lärm ganz bestimmt nicht hören konnte, und legte die Hand auf ihre gepolsterte Schulter. »Hören Sie – ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich so ruppig zu Ihnen war. Ich … ja, ich wusste es einfach nicht besser. Es tut mir leid.«
    »Nein!«, sagte sie. »Oh, Mark, nicht! Mir wäre es an Ihrer Stelle doch genauso gegangen. Ich habe es völlig falsch angepackt …«
    Selbst diese Reaktion brachte ihn auf. Woher wollte sie wissen, wie es ihm gegangen war! Aber er schob seinen Groll beiseite. »Trotzdem, es tut mir leid.«
    Sie legte sich die Hand an die Halsgrube und stieß ein flattriges kleines Lachen aus, dann wandte sie sich zum Tisch um. »Jakey! Steh auf, und sag Mr Fife guten Tag.«
    Jacob kam vor und stellte sich neben seine Mutter, die Schulter an ihre Hüfte gelehnt. Die Lichtreflexe auf seinen Brillengläsern zuckten und sprangen.
    »Mark«, sagte Connie, »das ist mein Sohn Jacob.«
    Jacobs Gesicht war rund – er hatte die Pausbacken seiner Mutter und auch die gleiche olivfarben glänzende Haut wie sie. Die Natur hatte es nicht gut mit Jacob gemeint. Sein Kinn floh, die Augen hinter den Brillengläsern standen eng zusammen und schielten ein bisschen. Seine Haare – Topfschnitt – hingen schlaff und fettig herunter. Er trug verwaschene Jeans und einen braunen Pulli, der seine muskellosen Oberarme und den leicht vorgewölbten Bauch betonte – Mark fühlte sich an einen halb aufgeblasenen Luftballon erinnert.
    Denk daran, sagte er sich, dieser Junge musste fast einen ganzen Monat lang einen Geist in seinem Zimmer ertragen. Er lächelte ihn an und streckte ihm die Hand hin. »Jacob oder Jake?«
    »Jake«, sagte der Junge. Seine Stimme war hoch und eine Spur heiser. Die Hand war heiß und schwitzig.
    Connie rief mit munterer Stimme: »Also! Dann essen wir doch erst mal eine schöne große Pizza!«
    Mark rutschte neben Jake auf die Bank. Der Junge wich Marks Blick aus, und einen kurzen, lieblosen Moment lang dachte Mark an das Foto von Jacob und seinem abwesenden Vater auf dem Kaminsims. Ob Trudy Weill auch Jacob Pelhams Hände gehalten hatte? Was hatte sie in seinem Herzen gelesen?
    Die Kellnerin kam; Connie bestellte für sie alle. Als sie weg war, begann Chloe über ihren Besuch bei Trudy zu erzählen. Connie nickte und machte Ah! und Oh! und drückte dazu die Hände auf eine Art ans Brustbein, die Mark jedes Mal aufs Neue ärgerte.
    Er merkte ziemlich schnell, dass Chloe und Connie nicht einfach nur Konversation machten. Chloe redete angeregt und vergnügt, Connies Lachen klang zwanglos, echt. Die beiden Frauen waren Freundinnen geworden.
    Warum überraschte ihn das? Schließlich hatte bis vor zwei Tagen niemand auf der Welt ihre Nöte auch nur im Ansatz verstanden – niemand außer ihnen beiden.
    Über das Datum für die Séance wusste Connie offenbar schon Bescheid. »Hat Trudy gesagt, was … dafür erforderlich ist?«, erkundigte sie sich.
    Während Chloe ihr erklärte, was sie über das Ritual wussten, beobachtete Mark den Jungen. Obwohl er mit dabei sein würde, schien er uninteressiert an der Sache. Auf jedem Tisch gab es Marmeladengläser voll Malkreiden und Sets mit dem vorgezeichneten Umriss von Pagliacci, dem Clown. Jacob nahm einen braunen Stift, drehte dann sein Set mit der Unterseite nach oben. Er beugte sich tief über das Papier, den Stift so fest gepackt, dass seine Fingernägel violett anliefen, und zeichnete schnell zwei Strichmännchen mit Ovalen für die Fäuste und Köpfe, beide in Kampfstellung.
    Mark musste lächeln. Nicht schlecht, der Junge. Er war neun, er zeichnete ungeübt und schablonenhaft, aber sein Gespür für Proportionen, Bewegung, Perspektive war unleugbar.
    »Nicht so fest aufdrücken«, sagte Mark.
    Jacob fuhr zusammen. »Was?«
    Mark merkte, dass Chloe und Connie sich umdrehten und hersahen. »Halt den Stift lockerer. Du bist sehr gut, aber eine leichte Hand ist immer besser.«
    Jacob blinzelte. »Das sagt meine Kunstlehrerin auch. Ich vergess es bloß manchmal.«
    »Du gehst nach Parkhurst?«
    Jacob nickte.
    »Ist die Kunstlehrerin noch Ms Kyle?«
    » Kennen Sie sie?«
    »Ja, mein Sohn hatte sie auch schon.«
    »Oh«, machte Jacob.
    Connie sagte: »Jake möchte Zeichner werden. Sind Sie nicht auch in der Branche, Mark?«
    »Mehr oder weniger.« Und zu Jacob gewandt: »Willst du mal Comics zeichnen?«
    Jacob

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