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An einem Tag im Januar

An einem Tag im Januar

Titel: An einem Tag im Januar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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anderem gehört hatte?
    Er würde ihr übers Haar streicheln, er würde sagen: Daddy ist jetzt hier, bei dir .
    Nein .
    Du brauchst keine Angst zu haben, würde er sagen. Daddy hat eine Menge dazugelernt. Er wird diesmal ein besserer Daddy sein.
    Nein .
    Daddy hat dich und Brendan gleich lieb, würde er sagen. Er vermisst Brendan und Brendans Mommy, aber er hat jetzt dich. Und er liebt dich, er liebt dich so sehr.
    Doch egal was er sagte, diese andere Familie würde seiner Tochter keine Ruhe lassen. Ob Mark keine Bilder von Brendan und Brendans Mommy hätte, würde sie fragen. Dann konnte er ja schlecht lügen und es abstreiten.
    Zeig sie mir, würde sie verlangen.
    All dies spielte sich in ihrem neuen Haus ab, das eine Mischung aus seinem jetzigen Haus und dem in der Locust Avenue war und in dem Mark zusammen mit seiner Tochter und auch ihrer Mutter wohnte. In diesem Haus würde Mark aufstehen – ich bin gleich wieder da, würde er Molly sagen – und an den Schrank in seinem Arbeitszimmer gehen. Er würde seine Fotos holen und damit zu ihr zurückkommen und sie ihr hinhalten, eins nach dem anderen.
    Seine Tochter würde sie auf ihrer Bettdecke ausbreiten, ganz fasziniert von diesen Fremden und auch von ihm – ihrem plötzlich so jungen Daddy mit seinem stolzen, glücklichen Lächeln.
    Was ist mit ihnen passiert?, würde sie wissen wollen.
    Dann musste er ihr behutsam erklären, dass seine erste Familie eine wunderbare Familie gewesen war, aber dass es ein Unglück gegeben hatte. Ihr Bruder Brendan hatte einen Unfall gehabt, musste er ihr sagen, er war gestorben. Und danach konnten ihr Daddy und Chloe einfach nicht mehr zusammenbleiben, so sehr sie es auch versuchten.
    Das zu erklären würde schrecklich sein. Und schrecklich für ein Kind, es zu hören.
    Es war furchtbares Pech, würde er ihr sagen. Es war ein Unglück. Es ist einfach passiert. Dann würde er sie in den Arm nehmen und flüstern: Aber uns passiert so was nicht, versprochen.
    Daddy?, würde sie fragen, hätte ich sie gemocht? Hätten sie mich gemocht?
    Ja, würde er sagen. Brendan war ein großartiger kleiner Junge, und er wäre ein großartiger Bruder gewesen. Er war gescheit und lieb und wissbegierig, und er hätte dich lieb gehabt und dich beschützt.
    Und Chloe?, würde seine Tochter fragen. Wie war sie?
    Ist, würde Mark sagen. Sie lebt noch.
    Aber wäre das die Wahrheit?
    Mark fuhr unter dem Highway hindurch Richtung German Village, und nun holte ihn der Anblick, der ihn so jäh von dem alten Haus fortgetrieben hatte, doch ein:
    Das Fenster von Brendans ehemaligem Zimmer. Eine flüchtige Bewegung dort oben – ein Vorhang, der aufgezogen wurde. Hinter der Scheibe, nur zu ahnen, ein Umriss.
    Jemand stand da und blickte hinunter.
    Daddy hat uns verlassen, sagte sie vielleicht.
    Auf der Schwelle zu einer Welt, die sie mit den Augen nicht sehen konnte.
    Oder sie sah sich am Eingang eines langen Tunnels. An seinem Ende leuchtete Licht. Und irgendwo auf halber Strecke kauerte ein kleiner Junge. Ein Schatten, unruhig, voller Furcht.
    Vielleicht schloss sie jetzt, in diesem Moment, die Augen, atmete tief aus und ein und flüsterte: Zeig mir, wie ich dich finde …
    Nein .
    Mark beschwor stattdessen das Zimmer seiner Tochter herauf. Sie lebten in Colorado, die Berge vor dem Fenster schimmerten rosa und orange in der sinkenden Sonne, der Sommerwind trug einen scharfen, würzigen Kiefernduft heran.
    Wie ist Chloe?, fragte seine Tochter ihn.
    Er beugte sich dichter zu ihr herab, damit ihn Allie unten auf keinen Fall hörte, und sagte ihr:
    Chloe ist eine wunderbare Frau, und sie war eine tolle Mommy. Sie ist groß und blond und hübsch, und wenn ihr zusammenkämt, würde sie Spiele mit dir spielen und dich kitzeln und dir lauter lustige Sachen erzählen.
    Mollys Augen – die Augen ihrer Mutter, groß, dunkel – blickten unverwandt auf die Bilder vor ihr.
    Brendan bei seiner Geburtstagsfeier. Brendan, dem Opas Hand auf dem Kopf saß wie ein Seestern. Mark und Chloe in ihren Hochzeitskleidern. Mark und Chloe mit Brendan in seiner Korbwiege auf der Veranda ihres alten Hauses, in grün gesprenkelten Sommerschatten getaucht.
    Die Finger seiner Tochter zeichneten Chloes Haare nach, die so gar nicht ihrem oder Allisons Haar glichen.
    Sie klingt nett, sagte sie dann möglicherweise.
    Und Mark lächelte und gab ihrem Näschen einen Stups und flüsterte ihr seine letzte, kostbarste Lüge zu:
    Vielleicht lernst du sie irgendwann ja kennen, wer

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