An einem Tag im Januar
Instinkt sagte ihm, dass Jacob Pelham log.
»Kann ich dir was erzählen?«, fragte er. »Ein Geheimnis?«
Bei dem Wort Geheimnis – das kannte Mark noch von Brendan – merkte Jacob auf wie eine Elster, die eine glitzernde Münze erspäht.
Mark sah demonstrativ nach allen Seiten, ob auch Chloe und Connie noch nicht zurückkämen. »Chloe und ich haben beide ziemliche Scherereien gekriegt durch – dadurch, dass Brendan zurückgekommen ist. Es kostet uns beide sehr viel Geld. Es könnte uns sogar unseren Job kosten. Die Frau, die ich heiraten will, ist stinksauer auf mich. Das hier ist eine sehr, sehr ernste Sache, Jake. Ich muss mich hunderttausendprozentig darauf verlassen können, dass du die Wahrheit sagst.«
Jacob richtete sich beleidigt auf. »Chloe und Mom haben ihn beide gesehen. Und Sie doch auch!«
»Ich hab ihn gehört «, korrigierte Mark. »Aber weißt du, Brendan ist oft mitten in der Nacht von irgendwelchen Geräuschen aufgewacht. Von einem Zweig, der ans Fenster geklopft hat, oder von einem knarzenden Dielenbrett, und dann dachte er, es wäre ein Ungeheuer. Bei Erwachsenen passiert das nicht so leicht, aber es kommt schon auch vor. Gerade wenn wir furchtbar gern wollen , dass etwas wahr ist.«
Er konnte selbst kaum glauben, wie leicht ihm diese Erklärung von den Lippen ging.
»Es ist wahr«, sagte Jacob – lauter jetzt. »Ich hab ihn gesehen .«
Mark blieb noch ein Trumpf, den er ausspielen konnte. Wenn Jacob die Wahrheit sagte, hatte er nichts zu befürchten. Aber wenn er log – wenn er sie alle umsonst leiden ließ –, dann verdiente er, was Mark jetzt gleich sagen würde.
Er beugte sich vor. »Jacob. Trudy Weill hat mir heute gesagt, dass ich unbedingt sicher sein muss. Denn wenn wir dieses Treffen abhalten, und es gibt in Wirklichkeit gar keinen Geist, könnte etwas Schreckliches passieren.«
Jacob hatte mit seiner Gabel auf dem Tischtuch herumgestochert. Jetzt hielt seine Hand still.
»Sie hat mir nicht sagen wollen, was. Sie hat nur gesagt, dass es keinen Zweifel geben darf. Ich musste es ihr versprechen. Zu unser aller Sicherheit , hat sie gesagt.«
»Mr Fife. Es stimmt .«
Jacobs Stimme bebte, seine Augen, die denen von Mark nicht mehr auswichen, schimmerten gekränkt.
»Schon gut«, sagte Mark überhastet. »Ich musste nur sichergehen. Danke für deine Aufrichtigkeit.«
Jacob faltete die Hände im Schoß und schniefte. »’kay«, sagte er, aber die Entrüstung war nicht zu überhören.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte Chloe Mark im Auto, sobald sie sich auf dem Parkplatz von den Pelhams verabschiedet hatten. Sie konnte es bestimmt kaum erwarten, mehr über sein Gespräch mit Jacob Pelham zu erfahren, aber er wusste nicht, wie er ihr seinen nagenden neuen Zweifel erklären sollte, und so versuchte er es lieber gar nicht erst.
Sie saß so verhärmt hinterm Steuer – abgemagert, müde, hohläugig. Eine Frau, die nur ein paar dünne Fädchen vom Auseinanderbrechen abhielten. Trotzdem, sie sah wunderschön aus. Ihre Augen, so weich und sanft. Voll Sorge um sie beide.
»Doch, sicher«, sagte er und schob Jacobs schuldbewusstes Gesicht weit von sich. Er griff nach ihrer Hand. Sie nahm sie, drückte sie.
Sie standen an einer roten Ampel; Chloe hatte den rechten Blinker gesetzt, um auf die 315 aufzufahren. Sie nahm ihn ganz selbstverständlich mit zurück in ihre Wohnung.
Wenn Mark wollte, konnte er sie jetzt bitten, stattdessen Richtung Süden zu fahren – ihn bei seinem Auto abzusetzen, das immer noch bei ihrem alten Haus geparkt stand. Er konnte heim zu sich fahren, wo niemand auf ihn wartete. Er brauchte nur den Mund aufzumachen.
Chloes Daumen strich über seine Fingerknöchel. »Stört es dich, wenn ich Musik auflege?«
»Nein«, sagte er, und sie drückte den Knopf: wieder die Cocteau Twins, entrückt, sexy.
Die Ampel schaltete auf Grün, und Chloe bog vorsichtig nach rechts, auf den Zubringer und weiter auf den Highway.
Mark lehnte sich zurück, schloss die Augen und hörte zu, wie sie mitsang.
Es war fast zehn, als sie in ihrer Wohnung ankamen. Mark ließ sich aufs Sofa fallen. Chloe ging in die Küche und goss sich ein Glas Wasser ein.
»Wir hätten bei Target vorbeifahren sollen«, sagte sie, »und dir ein paar Sachen zum Wechseln kaufen.«
Dann hatte sie also auch an sein eigentliches Zuhause gedacht; dort hatte er Kleider genug, aber sie wollte nicht, dass er hinfuhr und sie holte.
»Ich komm schon klar.«
»Ich kann dir die hier ja schnell noch
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