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An einem Tag im Winter

An einem Tag im Winter

Titel: An einem Tag im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Erst soll sie mal studieren – es sein denn, vorher kommt ein netter junger Mann daher.«
    Eine Frau in einem perlgrauen Abendmantel betrat die Bar; einer der Anzugmänner stand auf und küsste sie auf die Wange.
    Ellen sagte: »Sie haben ein wunderschönes Zuhause. Und Alison ist eine so attraktive und liebenswürdige Frau. Es entlastet sicher sehr, jemanden zu haben, der einem den täglichen Kleinkram abnimmt.«
    Â»Der einem den Rücken freihält, meinen Sie? Sich um das Haus und die Erziehung der Kinder kümmert und so weiter. Ja, das ist wirklich eine Erleichterung. Leider ist Alison schon einige Zeit nicht ganz gesund.«
    Sie erinnerte sich der Tränen inmitten der Orchideen. »Das tut mir leid. Das wusste ich nicht.«
    Â»Ich spreche mit kaum jemandem darüber. Solche Dinge behält man besser für sich. Im Labor blüht der Klatsch. Ich kann mich doch auf Ihre Diskretion verlassen, Ellen?«
    Â»Aber natürlich.«
    Â»Danke, ich wusste, dass Sie das verstehen würden. Das Familienleben – lockt es Sie nicht?«
    Sie war verwirrt. »Was denn?«
    Â»Ehe, Familie.«
    Â»Nein, gar nicht.«
    Er saß entspannt in seinem Sessel, den leicht amüsierten Blick auf sie gerichtet. »Ich fände es jammerschade, wenn wir Sie an ein häusliches Leben verlören.«
    Â»Die Gefahr ist nicht groß. Irgendwann in der Zukunft vielleicht. Die meisten Frauen heiraten früher oder später.«
    Seine Mundwinkel gingen leicht nach oben. »Das hört sich an, als hätten Sie alles genau geplant.«
    Sie fragte sich, ob er über sie lachte. Sie für eine Eintagsfliege hielt, für eine, die kein Durchhaltevermögen zeigte. »Frauen müssen genauer planen als Männer. Wir bekommen schließlich die Kinder«, sagte sie. »Männer können eher mal ins Blaue hinein leben. Ich kann mir das nicht leisten.«
    Â»Das verstehe ich gut. Ich habe mehrere Jahre meiner beruflichen Karriere durch den Krieg verloren.« Ohne sie zu fragen, bedeutete Pharoah dem Kellner, ihnen noch zwei Drinks zu bringen. »Und was hat Ihr Interesse an den Naturwissenschaften geweckt, Ellen?«
    Â»Ich wollte dabei sein, die Zukunft mitgestalten.« Voller Eifer beugte sie sich vor, die Ellbogen auf die Armlehnen ihres Sessels gestützt. »Die Entwicklungen der letzten Jahre sind doch großartig. Man braucht nur an die Krankheiten zu denken, die wir heute heilen können – Tuberkulose, Lungenentzündung, Diphterie. Noch bis vor Kurzem sind die Menschen daran gestorben. Ich möchte mitmachen, nicht nur zuschauen.«
    Â»Ihre Leidenschaft ist bewundernswert, Ellen.«
    Seine Worte wirkten wie ein Dämpfer. So etwas sagten Männer gern zu Frauen. Sie hatte zu viel geredet, zu offen ihre Emotionen gezeigt.
    Pharoah schien zu spüren, was in ihr vorging, denn er legte ihr die Hand auf den Arm und sagte: »Das ist doch völlig in Ordnung, Ellen. Leidenschaft im Beruf ist wichtig. Sie könnten in Gildersleve eine große Karriere machen. Ehrgeizig sind wir natürlich alle, aber manche schaffen es und manche nicht. Ich sage meinen neuen Mitarbeitern immer, wenn man erfolgreich sein will, muss man alles richtig machen. Intelligenz allein reicht nicht.«
    Sollte das eine Warnung sein? Seine Hand lag immer noch locker auf ihrem Unterarm, kraftvoll, mit langen, wohlgeformten Fingern, die etwas sehr Sinnliches hatten. Es war nichts als eine tröstende Geste, sagte sie sich, kein Grund für sie, sich unbehaglich zu fühlen, merkwürdig desorientiert, als wäre der Nebel von draußen in den geschlossenen Raum eingedrungen und hätte ihr Urteilsvermögen getrübt. Stimmen drangen auf sie ein, verwischt vom Gin, den sie viel zu hastig getrunken hatte, um mit ihm Schritt zu halten. Die von Alec Hunter: Pharoah hat seine Günstlinge . Die von Dr. Redmond: Marcus Pharoah ist ein Lügner und Plagiator.
    Als der Kellner die Getränke brachte, dankte ihm Ellen, und Marcus Pharoah zog seine Hand weg. Eine Gruppe Leute kam ins Hotel, die Frauen entknoteten lachend ihre seidenen Schals, und die Männer zündeten sich Zigaretten an, während sie sich laut über Autos unterhielten.
    Â»Und was hat Ihr Interesse an der Naturwissenschaft geweckt, Marcus?«, fragte sie, das Schweigen brechend.
    Â»Oh, wie Sie eben schon sagten: der Wunsch, am Fortschritt mitzuwirken, bei der Entwicklung neuer

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