Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
An einem Tag im Winter

An einem Tag im Winter

Titel: An einem Tag im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
Vom Netzwerk:
erinnerten.
    Eines Abends, als sie erst gegen acht Uhr nach Hause kam, hörte sie Stimmen aus der Küche. Eine davon gehörte India: Du musst jedes Mal warten, bis du das Gas riechen kannst, sonst entzündet es sich nicht. Darauf Joe: Das klingt echt lebensgefährlich. Ich komme mal vorbei und schau’s mir an, wenn du willst.
    Ellen war müde, sie wollte nur noch aus ihren Kleidern heraus und sich in einem warmen Bad ausstrecken. Stattdessen würde sie sich India Mayhew widmen müssen, ihrer neuen besten Freundin, die einfach hier aufgekreuzt war.
    Als sie in die Küche trat, stand Joe am Spültisch, und India saß am Tisch. Außerdem schwirrten diverse Daves und Steves herum, die Konservendosen öffneten und schwarze Kruste von Toastscheiben schabten.
    Â»Hallo, Ellen«, sagte Joe. India setzte ihr typisches Lächeln auf, das alle Toastschaber und Dosenknacker vor Bewunderung erstarren ließ.
    Â»Hallo, alle miteinander. Hallo, India.«
    Â»Ellen, wie schön, dich zu sehen. Joe hat mich bestens versorgt.«
    Â»Nur eine Tasse Kaffee«, sagte Joe, der Geschirr spülte.
    Â»Aber sie hat himmlisch geschmeckt.« Und schon wieder dieses Lächeln.
    India klappte eine große weiße Handtasche aus gewebtem Leder auf und kramte in Taschentüchern, Lippenstiften und allerlei Zetteln herum, bis sie ihre Geldbörse gefunden hatte. »Fünf Schillinge und sechs Pence«, sagte sie und hielt Ellen das Geld hin. »Tausend Dank noch mal.«
    Â»Hat Sebastian sich über die Bücher gefreut?«
    Â»Wie ein Schneekönig.«
    Â»Es ist noch Cornedbeef da, wenn du was davon willst«, sagte Joe zu Ellen.
    Â»Danke, ich habe im Krankenhaus ein Brot gegessen.«
    Â»Hast du einen guten Tag gehabt?«
    Â»Einen langen.« Ellen setzte sich und streifte ihre Schuhe ab.
    Â»Ich habe dir was mitgebracht«, sagte India und zog, wie der Zauberer das Kaninchen aus dem Hut, eine Flasche Wein aus ihrer Tasche. »Als Dank für deine Hilfe – äh – in der Buchhandlung. Und natürlich, um unser Wiedersehen zu feiern.«
    Es war ein 1938er Pétrus. Ellen fragte sich, wie India zu einem solchen Wein kam, vermutlich hatte sie ihn in einer Weinhandlung in Soho unter ihrem Mantel verschwinden lassen.
    Â»Das ist nett von dir, India, aber das war wirklich nicht nötig.«
    Â»Ein Freund von mir hat ihn Sebastian zum Geburtstag geschenkt, aber mein Bruder mag keinen Wein. Ich dachte, dir würde er vielleicht schmecken.«
    Ellen schämte sich. Ausgerechnet sie, die es hasste, wenn andere sich ein Urteil über sie anmaßten, hatte ohne nachzudenken über India den Stab gebrochen. »Dann machen wir ihn doch gleich auf«, schlug sie vor, als könnte sie ihren üblen Verdacht damit wiedergutmachen.
    Sie holten Gläser, und Ellen schenkte ein. Jemand begann Eier zu braten, während India umherwanderte, Schränke öffnete, in den Büchern auf dem Tisch blätterte und Dinge wie »Was für eine süße kleine Vase« schwatzte und: »Ihr seid alle so wahnsinnig gescheit.« Die Zeit verging, und einer der Daves ging los, um Bier und Chips zu besorgen. Ellen konnte hinterher nicht sagen, wann oder wie die Wende eintrat, dieser plötzliche Wandel, der die Stimmung des Abends so wunderbar in Schwung brachte, dass sie ihre Müdigkeit vergaß, nicht einen Gedanken an die Schlange vor dem Badezimmer verschwendete und so viel Spaß hatte wie seit Monaten nicht mehr.
    Ãœberall in der Küche des Hauses in Tufnell Park standen Schüsseln und Töpfe herum, und auf dem Herd köchelte es heftig. Im Radio, das beinahe auf voller Lautstärke lief, wurde irgendetwas über Prinzessin Margaret berichtet. Riley, der gerade von der Arbeit gekommen war, wollte das Geschirr in der Spüle abwaschen, aber Pearl sagte: »Ach, lass doch. Setz dich, ich koche dir heute was ganz Besonderes.«
    Â»Gibt’s was zu feiern?«
    Â»Hast du das Gefühl, ich koche immer nur, wenn’s was zu feiern gibt?« Mit dem Schneebesen in der Hand sah sie ihn groß an.
    Â»Nein, natürlich nicht.«
    Â»Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal richtig für dich gekocht habe. War es gestern?«
    Es kam ihm länger vor, aber er sagte: »Ja, ich glaube schon. Was kochst du denn?«
    Â»Garnelencocktail – nein, nein –«, sie blätterte hastig in einem Kochbuch,

Weitere Kostenlose Bücher