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An einem Tag im Winter

An einem Tag im Winter

Titel: An einem Tag im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Garrett Parker, zum Abendessen, ein gut aussehender junger Mann mit blitzenden Augen und einem netten, frechen Lächeln. In der Küche der Mayhews brachte er Ellen einen neuen Tanzschritt bei. Er legte seine Hände auf ihre Schultern und sah ihr in die Augen, während er sich lächelnd in den Hüften wiegte und sie dicht an sich heranzog. Über seinen Kopf hinweg sah Ellen India auf dem Spültisch sitzen, die Hand auf den Mund gedrückt vor Lachen.
    Dann führten India und Garrett den Tanz vor. Garrett trug einen farbverschmierten Monteuranzug und India ein verwaschenes Baumwollkleid. Sie tauschten immer wieder Blicke und lachten sich halb kaputt, aber manchmal versiegte das Gelächter und wich einer fiebrigen Erregung. Ellen kam sich vor, als spähte sie durchs Schlüsselloch.
    Sie wandte sich ab und schaute zum Küchenfenster hinaus. Eine Kastanie in einem der Nachbargärten zeigte die ersten saftig grünen Blätter, an der Tankstelle auf der anderen Straßenseite wartete eine Autoschlange. Die Nadel des Grammofons kratzte über die Platte mit der Tanzmusik, Essensgeruch hing in der Küche. Kein Mann hatte sie je so angesehen. Hatte sie selbst jemals einen Mann mit solcher Sehnsucht im Blick bedacht? Sie erinnerte sich, wie sie aus ihrem Laborfenster in Gildersleve Hall zu Alec Hunter hinuntergeschaut hatte, als er durch das Wäldchen gegangen war: dieses Gefühl, als säße ihr etwas in der Kehle, als wäre sie ausgehungert nach etwas, das sie nicht haben konnte. Mehr als anderthalb Jahre war es her, dass sie sich in Alec Hunter verliebt hatte. Sie fragte sich, wo er jetzt war. Auf seiner Insel, zusammen mit Andrée, vermutete sie und sah die beiden vor sich, wie sie Hand in Hand einen von Winterstürmen gepeitschten Strand entlanggingen.
    Hatte sie ihn vergessen? Nein, obwohl sie es weiß Gott versucht hatte. Es störte sie nur, dass sie immer noch nicht ganz darüber hinweg war.
    Mitten in der Nacht wachte Riley auf. Als er Licht machte, sah er, dass Pearls Bett leer war. Wenn sie nicht schlafen konnte, legte sie sich manchmal ins Gästezimmer. Er stand auf, zog seine Hose über und sah im Gästezimmer, dann im Bad und in Annies Zimmer nach. Pearl war nicht da.
    Er schaute auf die Uhr. Es war zehn nach drei. Als er nach unten ging, spürte er die graue Leblosigkeit des Hauses in dieser toten Stunde der Nacht. Pearl war nirgends zu entdecken. Durch das Küchenfenster bemerkte er eine flüchtige Bewegung, einen Schimmer scharlachroten Stoffs und den glühenden Punkt einer Zigarette.
    Er ging hinaus. Es war Mai, immer noch kalt. Pearl ging in ihrem rotseidenen Kimono im Garten hin und her.
    Â»Pearl«, rief er, »was tust du da?«
    Sie blieb nicht stehen. »Ich denke nach«, sagte sie. »Wie wär’s, wenn wir nach Cornwall ziehen würden? Wir könnten jeden Tag an den Strand gehen. Annie wäre bestimmt begeistert. Es wäre herrlich .«
    Â»Komm ins Haus.«
    Â»Nein, hör mir zu, John. Ich möchte nach Cornwall.«
    Â»Nein«, entgegnete er schroff. »Das kommt überhaupt nicht infrage.«
    Er nahm sie beim Ellbogen, aber sie schüttelte seine Hand ab und zischte mit wütendem Blick: »Ich halt’s hier nicht mehr aus. Ich hasse dieses fürchterliche Haus.«
    Er merkte, wie er innerlich erkaltete und sie so leidenschaftslos ins Auge fasste wie eine Verdächtige, die ihm bei einer Vernehmung gegenübersaß, die wutverzerrten Züge, das wirre schwarze Haar, das in wilden Schlangenlocken um ihr Gesicht stand, den roten Kimono, der lose über ihrem dünnen Nachthemd und den nackten, vom Gras verfärbten Füßen flatterte.
    Â»Wir bleiben hier, in diesem Haus«, sagte er. »Wir ziehen nicht noch einmal um, Pearl, versuch also lieber, das Beste aus den Gegebenheiten zu machen. Wenn du mir noch etwas sagen möchtest, dann komm bitte mit rein. Da können wir in Ruhe reden.«
    Sie maß ihn mit einem eisigen Blick, dann sah sie zur Seite. »Ich habe dir nichts zu sagen, John. Überhaupt nichts.«
    Bernie erwartete India vor dem Laden, als sie in die Mittagspause ging. Er wollte sie ins Wheeler’s einladen, aber sie lehnte dankend ab und sagte, sie habe nur eine Stunde Zeit. Kein Problem, meinte er, in einer Stunde würden sie das leicht schaffen. Aber sie müsse auch noch einkaufen, wandte sie ein. Das würde Lee erledigen, sagte Bernie und gab

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